The Beauty of Gemina – Interview

The Beauty of Gemina aus der Schweiz bewegen sich musikalisch irgendwo zwischen Gothic Rock und Dark Wave. In den letzten Jahren konnte die Band ihre Fanbasis beachtlich ausbauen und ist mittlerweile auf dem halben Kontinent unterwegs.

Während der zurückliegenden Festivalsaison ergab sich für unsere Gastautorin Daria Tessa die Gelegenheit zu einem Interview mit Bandleader Michael Sele. Ausführlich beantwortete der Musiker Fragen zur Band, aber auch zu sehr persönlichen Facetten seines Schaffens.

Eine englische Übersetzung des Interviews erscheint bei reflectionsofdarkness.com, eine russische Übersetzung bei gothic.com.ua. Hier findet ihr nun die deutschsprachige Originalversion des Interviews.

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The Beauty of Gemina


Los geht es mit der ersten Frage: Wann hast du in dir die Fähigkeit gefunden Texte und Musik zu schreiben und warum denkst du, ist das passiert?

Da muss ich schon weit zurückblicken. Musik hat mich schon als Kind sehr angezogen und große Faszination ausgeübt. Wenn man anfängt ein Instrument zu spielen, beginnt man irgendwann selbst auf dem Instrument etwas auszuprobieren und singt Lieder von anderen Künstlern nach. So ist es halt immer mehr gewachsen und ich habe schon als Junge zunehmend gemerkt, dass ich weniger Spaß daran habe Songs nachzuspielen und es mir mehr liegt, eigene Ideen umzusetzen.

Ich habe auch viele Gedichte für mich geschrieben, sowie als Jugendlicher und junger Mann meine Gedanken zu Papier gebracht. Es gab ebenso Zeiten, wo ich Songs für andere geschrieben habe. Irgendwann, als The Beauty of Gemina begonnen hat, kam dann bei mir zudem das Bedürfnis eigene Songs zu schreiben, die ich auch selber singen konnte. Das war ein großer und wichtiger Moment. Nach mittlerweile 70 Songs die ich geschrieben habe merke ich, dass ich noch viele Ideen habe und dass die Reise noch weitergehen wird, noch ganz lange.

Erinnerst du dich an deine erste Inspiration, die dich zu deinem ersten Lied gebracht hat?

Das erste Lied für The Beauty of Gemina?

Ja.

Für Beauty of Gemina war das vor rund zehn Jahren. Das Lied war „One Step to Heaven”. Es war eine ganz spontane Idee. Ich war am Keyboard und habe irgendwo diese Basstöne gespielt, One step to heaven – and two to the ground. Das war der Moment, in dem ich gesagt habe: Das gibt deinen Sound! Dann kam „Suicide Landscape“. Das waren die beiden Stücke, die mir gezeigt haben: Ja, jetzt braucht es eine Band und ich gründete The Beauty of Gemina.

Du bist Multi-Instrumentalist. Gibt es ein Instrument, das du noch nicht beherrscht, aber gerne beherrschen würdest?

Naja, Multi-Instrumentalist… Wenn man Gitarre spielen kann, kann man viele Saiteninstrumente spielen. Ich spiele jetzt Mandoline, akustische Gitarre, klassische Gitarre, elektrische Gitarre und Bass. Eigentlich alles was Saiten hat, auch Ukulele.

Bei Klavier und Tasteninstrumenten hat man auch eine große Palette. Kirchenorgel habe ich auch mal gelernt, Mundharmonika kann ich auch. Aber Blasinstrumente wie Saxofon oder Klarinette habe ich nie gespielt und nie geübt, das wäre natürlich spannend. Geige würde ich gerne spielen oder Violine, das würde aber viel Zeit brauchen.

Da nehme ich dann lieber Geiger und Geigerin dazu. Ich habe mich aber auch schon mit klassischer Musik beschäftigt. Mit Arrangement, Orchestrierungen, der Komposition eines Streichquartetts.

Harmonielehre war noch sehr spannend. Es ist auch wichtig, wenn man als Musiker was schreibt und den Klang eines Instrumentes im Kopf hat, dass man das Instrument auch versteht.

Zur Geschichte von The Beauty of Gemina: Nächstes Jahr ist das zehnjährige Bandjubiläum. Plant ihr etwas besonderes?

Ja, für uns und für mich persönlich ist das schon wichtig. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Für uns ging es innerhalb der zehn Jahre immer einen Schritt weiter. Wir haben also nicht vor fünf Jahren den Höhepunkt gehabt und danach ging es abwärts. Wir sind immer noch da, es geht immer weiter und es kommt immer mehr dazu. Für uns ist wichtig, dass wir unseren Fans, die uns viele Jahre begleitet haben, auch etwas zurückgeben möchten. Es gibt sicherlich ein neues Studioalbum, das ist geplant. Dann wird es eine große Tour geben und sicher noch einige spezielle Sachen. Wir sind da noch am schauen, welche Überraschungen oder Special-Events wir planen können.

Aber ich freue mich schon. Denn zehn Jahre sind in unserer schnellen Zeit eigentlich schon lange. Wir haben viele Wechsel innerhalb der Band gehabt und sind immer noch da.

Zum Thema Wechsel: Ich habe gesehen, dass ihr jetzt einen Gitarrenspieler sucht.

Genau. Wir haben insgesamt drei Bassisten gehabt. Seit einem Jahr ist Andi Zuber fest in der Band. Marco Gassner, der Gitarrist, hat sich entschieden, eine andere Herausforderung zu suchen, möchte sein Studium abschließen und selbst Songs schreiben, deshalb kommt jetzt ein neuer Gitarrist dazu.

Also hatten wir im Laufe der Zeit drei Wechsel bei Gitarristen und Bassisten, Mac am Schlagzeug war von Anfang an dabei. Mac Vinzens und ich sind quasi die Urväter von The Beauty of Gemina und wir gehen weiter.

Es ist so, wenn jemand gehen will, kann man ihn nicht aufhalten. Es ist wie bei Beziehungen. Das muss man akzeptieren lernen und loslassen. Was bleibt sind die Songs und die Musik. Das ist für uns alle immer existent und das Wichtigste.

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Michael Sele

Eine Frage zum neuen Album: Normalerweise hat jedes eurer Alben eine grundsätzliche Thematik. Gibt es für das kommende Album schon eine Richtung und habt ihr schon Texte ausgewählt?

Ich muss so beginnen, normalerweise fang ich mit einem neuen Album schon an, bevor die Veröffentlichung für das aktuelle beginnt. Das war dieses Mal komplett anders. Nach „Ghost Prayers“ war ein Schlusspunkt erreicht.

Wir haben dann ein Jahr lang Akustik-Sachen gemacht und haben viele Konzerte gespielt. Ich habe erst in diesem Jahr begonnen mir Gedanken zu machen, da hatte ich wieder Lust und so geht die Reise jetzt weiter. Ich habe angefangen aufzunehmen und mein Ziel ist es, bis zum Jahresende alles zusammen zu haben.

Genauer gesagt bin ich noch in diesem Prozess, wo ich ganz viel zulasse und langsam wird das dann immer konkreter. Man muss sich das so vorstellen, als ob man mit Bleistift eine Skizze zeichnet, es kommen langsam die Konturen, dann kommt die Farbe und so erkennt man wie groß das Bild wird.

Weißt du schon ob das neue Album mehr Live-Instrumente haben wird oder eher elektronisch gehalten sein wird?

Ich kann das jetzt noch gar nicht so sagen. Ich denke es wird eine Mischung sein aus allem, was wir gemacht haben. Es werden sicher viele Live-Instrumente dabei sein. Es ist einfach wichtig und sehr befriedigend mit Menschen zu arbeiten und es ist auch spannend. Aber ich möchte jetzt bewusst nicht ausschließen, dass keine Elektronik dabei sein wird. Ich glaube, es wird eher wieder ein großes Album.

Eine etwas allgemeinere Frage: In der letzten Zeit wird viel über die Zukunft der Schwarzen Szene gesprochen, dass diese vielleicht jetzt kleiner wird. Wie siehst du die Zukunft der Schwarzen Szene insgesamt? Wo siehst du den Platz von The Beauty of Gemina in dieser Szene und was ist für dich die perfekte Schwarze Szene?

Das sind viele Fragen. Da kann man jetzt lange philosophieren. Das ist ein sehr spannendes Thema.

Ich habe mal den Song gemacht „The Lonesome Death Of A Goth DJ“. Das war ein bisschen so ein Signal: Achtung! Bei ausschließlich elektronischer Musik muss man aufpassen, dass es lebendig bleibt.

Ich könnte vielleicht sagen was ich mir wünschen würde. Ich finde es ist ganz wichtig, dass es diese Szene gibt. Dass es Menschen gibt, die diese Szene in allen Facetten lieben. Dass es Festivals und vor allem Live-Konzerte gibt, dass es neben der Party-Szene auch eine Live-Szene gibt und dort braucht es auch Bands und Musiker, wo die Instrumente zu hören sind. Ich denke die Größe ist schwierig abzuschätzen. Es braucht sicher innerhalb der Szene Mut für Veränderung. Es braucht auch Mut, unbekannteren Bands etwas mehr Raum zu geben. Das ist schwierig, da ja die Veranstalter nur schauen wie viele Tickets sie verkaufen können.

Wenn dann zu oft die gleichen Bands spielen besteht auch die Gefahr, dass es keine Weiterentwicklung mehr gibt. Aber ich glaube die Szene wird immer bleiben, das ich hoffe natürlich.

Deutschland ist ein großer Markt, auch andere Nachbarländer. The Beauty of Gemina sind ein bisschen Exoten in der Szene weil wir doch schon Sachen machen, die ein bisschen ungewöhnlich sind. Diese Country-Einflüsse, den Swing, ein bisschen Jazz. Es braucht Geduld bis die Leute das akzeptieren. Das ist unser Weg und wir gehören dazu. Wir spielen auch in anderen Ländern oder jetzt auch in der Schweiz auf Konzerten, wo wir außerhalb der Szene akzeptiert werden. Das ist für mich halt auch spannend. Es geht um die Musik. Es ist mir egal wie jemand angezogen ist, Hauptsache sein Herz und sein Geist sind offen.

Ich denke es braucht schon ein bisschen Zusammenhalt. Vielleicht kommt mal wieder eine ganz große Band aus Amerika oder England, die international oder weltweit die Szene bereichert. So wie damals The Cure oder Sisters of Mercy, so etwas fehlt heute. Es ist im Augenblick etwas schwierig. Im Moment gibt es keine Band, bei der man denkt, dadurch wird eine ganze Bewegung ausgelöst.

Welche Phase eurer zehnjährigen Bandgeschichte war deiner Meinung nach die erfolgreichste? Oder steht die erfolgreichste vielleicht erst bevor?

Der Anfang ist immer sehr spannend und alles ist frisch. Jeden Schritt den man macht feiert man als Erfolg. Mit der Zeit wird man anspruchsvoller. Man will, dass es größer wird, damit man in noch mehr Ländern spielen kann. Ich merke aber: Die letzten zwei Jahre waren die erfolgreichsten Jahre. Egal wo wir gespielt haben, hatten wir immer mehr Fans. Immer mehr Leute kennen uns und wir werden willkommen geheißen, egal in welchem Land wir spielen.

The Beauty of Gemina haben schon mehr als 150 Konzerte gespielt. Gibt es ein Event, das dir so am Herzen liegt, dass du dich immer wieder daran erinnerst?

Jedes Konzert hat irgendwo eine eigene Geschichte, das ist wirklich so. Interessant ist auch, was ein Konzert für uns Musiker so speziell macht. Das hat viele Faktoren. Einer ist sicherlich die Location. Auch das Wetter oder welche Menschen man trifft. Im Gedächtnis bleibt mir das erste Konzert in Polen. Ich erinnere mich nicht mehr an die Setlist, oder ob wir gut oder schlecht gespielt haben. Aber dort haben wir tolle Menschen kennengelernt. Wir haben gute Gespräche gehabt, das war so schön. Das Land, die Stadt, wir haben so viel Neues gesehen. Das erste Mal in London war auch sehr aufregend. In dieser großen Stadt, was kommen dort für Menschen? Das erste Mal mit Smashing Pumpkins im Züricher Hallenstadium.

Es gibt schon viele kleine Geschichten. Auch die Akustikkonzerte waren sehr speziell, da sie so intensiv waren. Wir haben Glück gehabt, es waren 15 Länder und 200.000 km mittlerweile. Es sind so viele schöne Erinnerungen und Geschichten. Am Anfang auch schwerere Konzerte mit weniger Zuschauern. Aber auch dort gibt es schöne Erinnerungen.

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„15 Länder und 200.000 Kilometer“

Zum letzten Konzert: Wie ist die Idee von dem akustischen Konzert mit der isländischen Künstlerin Gabríela Friðriksdóttir entstanden und wie habt ihr sie dazu bekommen, mit euch zu arbeiten?

Da muss ich etwas ausholen. Letztes Jahr haben wir auch zum ersten Mal in Liechtenstein in einem Theater ein Akustikkonzert gespielt. Es ist ganz ein renommiertes Theater in dem Weltstars auftreten. Wir haben dort gespielt und es war ausverkauft !! Und irgendwie haben das die Leute von dem Kunstmuseum und dieser Kunstszene mitbekommen und haben wohl gedacht: Was ist denn The Beauty of Gemina, das ist so speziell und haben dann bei uns angefragt. Das Kunstmuseum hatte ein Projekt mit Island gehabt, mit bildnerischen Künstlern aus verschieden Kleinstaaten. Sie machten drei Monate lang eine Ausstellung. Und die Idee war, schön wäre noch etwas musikalisch zu machen.

Ich habe gesagt: Ja, ich kann zwar kein Bild machen, aber ein Konzert. Wie bringen wir das zusammen mit dem Kunstmuseum? Dann war die Idee, komm wir nehmen Künstler aus diesen Ländern und die spielen bei uns mit. Toll wäre auch eine Künstlerin, die etwas Visuelles macht. Dann hat das Museum bei Gabríela Friðriksdóttir angefragt und sie war sofort dabei. Zusätzlich kamen zwei Musiker aus Island, die ausgewählt wurden um mitzuspielen. Wir haben dann eine Probe gemacht und es war ganz phantastisch. Es war ein wunderbares Konzert mit Saxofon und ganz speziellen visuellen Figuren von Gabríela, die dann an die Decke projektiert wurden. Das war ein ganz außergewöhnliches Konzert das wieder mal gezeigt hat, dass es für The Beauty of Gemina keine Grenzen gibt. Wir können in einem Museum mit Saxofon spielen.

Es war ein intellektuelleres Publikum aus der Kunstszene und die waren alle wie geflasht. Sie haben es sich gar nicht vorstellen können, dass eine Band aus der Szene so sein kann. Für mich war das eine Genugtuung und ein tolles Erlebnis.

Auch die Isländer, sie sind Jazz Musiker, haben so viel Respekt gehabt. Es war so toll mit ihnen zu spielen. Und das ist auch schön, wie die Musik Menschen verbindet. Ich kann kein Isländisch, sie konnten kein Deutsch. Wir unterhielten uns ein bisschen auf Englisch, das ging schon, aber mit der Musik musste man nicht mehr reden. Alles war auch so klar. Und es war für mich emotional ein tolles Konzert.

Wenn wir schon beim Thema Kunst sind: Was sind dein Lieblingsmaler und dein Lieblingsbild?

Oh, das ist immer schwierig. Ich bin generell sehr fasziniert von Malerei oder von Bildern und ich gehe gerne in ein Museum. Da gibt es eigentlich viele Sachen die mir gefallen, querbeet. Mich begeistern auch sehr viele alte Künstler wie Rembrandt zum Beispiel oder Turner, der Engländer mit diesem Licht und den Meerbildern. Aber auch moderne Sachen wie Dali. Es ist schon faszinierend was für eine Kraft ein Bild haben kann und die bleibt, das ist schon fantastisch. Bei einem Museumsbesuch nimmt man viel mit. Mir bringt es mehr als in eine Sauna zu gehen. Danach bin ich viel erholter.

Zurück zur Musik: Du hast gesagt, dich inspirieren Lieder, die Geschichten aus dem Leben erzählen. Gibt es Geschichten, die dich besonders beeindruckt haben – und in welchem Lied hat sich das widergespiegelt?

Ich sage mal so, mich interessieren eher Menschen, bei denen nicht immer alles perfekt läuft, die ein bisschen brüchigere Biografien haben. Die auch mal scheitern im Leben, die wieder neu anfangen müssen, auch mal verzweifelt sind und wieder aufstehen. Diese Menschen haben mich immer angezogen und fasziniert. Diese geben natürlich auch Geschichten.

Natürlich war das ein wichtiges Thema damals bei „Suicide Landscape“, wo ich das Thema aufgegriffen habe, warum es so viele Selbst- beziehungsweise Freitode in der Schweiz gibt. Und das war und ist für mich ein sehr wichtiges Thema. Die Idee von dem Lied ist auch zu sagen: Es lohnt sich nicht aufzugeben, weiter zu machen. Für mich ist auch immer wichtig, eine positive Message zu vermitteln, nicht destruktiv, nicht aggressiv.

Eine andere Sache sind Institutionen wie Kirche, Staat oder Schule, die starken Institutionen. Da habe ich immer wieder das Bedürfnis ein bisschen dagegen zu kämpfen und zu sagen, dass es so nicht geht. Die katholische Kirche ist für mich ein großes Thema. Darüber habe ich viele Lieder gemacht um zu zeigen, dass man nicht alles vertuschen darf was dort passiert.

Ich versuche schon, in meinen Texten etwas zu erzählen. Das soll aber auch ehrlich und authentisch sein. Jemand soll sich damit auseinandersetzen können, es geht nicht darum einfach etwas zu plappern. Wenn ich keinen Text finde, wird es keinen Song geben. Das ist immer für mich ganz wichtig. Ich habe mal Ideen, musikalisch, aber finde keine Wörter, dann wird es nichts. Denn ein guter Song braucht für mich …

… richtigen Hintergrund?

Genau.

„Darkness“ ist einer der bekanntesten Songs und hat viele Herzen erobert. Was steckt hinter diesem Song? Wie viel Herzblut steckt dahinter?

„Darkness“ ist aus dem letzen Album „Ghost Prayers“. Das letzte Stück, 12 Minuten lang. Das ganze Album ging ja um Beziehungen: Mann und Frau, Trennungen, Liebe, verlieben – alle Facetten. Da ist dieses Piano-Thema entstanden. Ich war am Klavier, habe die Melodie gespielt und das war wie eine Meditation. Ich habe gespielt und gespielt und zuerst die ganze Musik aufgenommen. An einem Tag war das schon fast fertig. Dann habe ich diese you bring the darkness in my mind in my life, das war so diese Idee. Ja es ist schon Darkness im Sinne von eben nicht schöner Dunkelheit, wenn es nicht mehr funktioniert. Die Musik ist so liebevoll und der Text ist der Kontrapunkt. Also wenn du mich verlässt. Es ist aus der Sicht: Ich bin jetzt verlassen worden. Die große Liebe hat mich auch enttäuscht und ich versuche das zu verarbeiten, die Versöhnung zu finden. Und das Klavier ist die Versöhnung. Vielleicht findet man die, irgendwann nach einer Trennung, manchmal braucht das lange. Das ist die große Kunst: Verzeihung, Versöhnung und wieder einen neuen Weg gehen.

Vielleicht ist es deswegen so beliebt. Das ist so gegenteilig was Text und Musik angeht.

Ja, aber es braucht die Zeit es zu erzählen. Immer diese Trauer und dann irgendwann akzeptiert man es und es beginnt das neue Licht. Man schaut nach vorne. Nicht zurück, sondern nach vorne und das Klavier ist so die Hoffnung weiter zu gehen.

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„Das Kind in mir will noch mehr.“

Hast du eigentlich ein Lebensmotto oder eine Lebensphilosophie?

Das ist noch schwierig zu sagen. Ich glaube ich bin generell ein Mensch, der nicht gern Konflikte hat. Das war schon als Junge so. Ich habe immer die wenigstens Kämpfe gehabt. Ich bin immer davon zehn Meter weggegangen. Diese männliche Kämpfe und Boxen, das ist gar nicht meines. Ich neige schon immer zu Pazifismus, einander leben lassen und tolerieren. So versuche ich zu leben. Ich könnte nie jemanden verletzen, so physisch. Das wäre für mich nicht möglich.

Wörter können auch verletzen, aber ich finde schon das ist eine Kunst jeden Menschen so zu akzeptieren wie er ist. Aber auch sich zu distanzieren von politisch Rechten, rechtsradikalen Leuten. Diese zu tolerieren ist für mich keine Toleranz.

Oder Missbrauch oder Gewalt. Gegen Kinder, Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Schwache, da bin ich allergisch. Das ist für mich so diese Macht.

Da sind wir wieder bei den Institutionen, die Macht ausüben. Da bin ich generell skeptisch. Ich versuche nicht so zu sein. Diese Machtmenschen, das ist etwas, was ich gar nicht mag.

Gibt es manchmal Situationen, in denen du dich in der Kunst von anderen Leuten suchst? Im Film oder in Büchern oder was auch immer? Wo du etwas siehst und sagst: Das sieht ähnlich aus wie ich, das klingt nach mir.

Wenn ich einen Film anschaue oder ein Buch lese, identifiziere ich mich immer mit einer Figur. Oft identifiziere ich mich mit der Hauptperson. Ich kann sehr mitfühlen. Ich bin sehr emotional, kann gut weinen bei einem Film oder auch ein bisschen rührselig sein. Ich liebe auch das romantische, ein bisschen Herzschmerz.

Ich lebe schon mit den Figuren. In Büchern entdecke ich mich natürlich schon auch. Das ist aber die Kunst von einem guten Film oder Buch. Die Figuren, in denen auch viele Menschen etwas von sich entdecken. Wenn ich nur als Beispiel Rambo schaue denke ich: Wow, ich möchte auch mal so stark sein. Aber darum gibt es in allen Charakteren Züge, die man sieht und denkt, so möchte ich auch mal sein. Das ist aber nur ein Beispiel, weil ich vorhin über Gewalt gesprochen habe.

Aber ich mag auch grundsätzlich Filme, die etwas melancholischer sind oder wo die Hauptfigur mal Schwächen zeigen kann. Die sind mir schon lieber.

Was sind für dich Hauptwerte im Leben, an die man sich halten soll? Zum Beispiel die Familie oder persönliche Eigenschaften. An welche Hauptwerte hältst du dich?

Familie ist ein ganz wichtiges Thema. Gerade in der heutigen Zeit. Auch der Wert des Zusammenhaltens ganz enger Freunde. Je älter man wird desto weniger Freunde hat man, aber diese sind umso wichtiger. Das klingt einfach, ist aber so.

Wenn man das erleben kann, wenn man jemanden liebt. Das ist ein schönes Gefühl. Für jemanden da zu sein, jemanden etwas Gutes tun, gebraucht werden. Das sind alte Werte. Aber in der heutige Zeit ist es umso wichtiger, dass man sie nie vergisst.

Auch Rücksichtnahme. Jetzt mit all den Flüchtlingen. Dass man sich einfach bewusst macht, was das heißt. Offene Arme, ein offenes Herz. Das alles ist nicht nur leicht. Die Probleme lösen kann man nicht, aber im Geist und im Herzen kann man sagen kommt, seid willkommen, wir versuchen euch zu helfen. Und das ist so befriedigend wenn man das fühlen kann. Viel besser, als nein geht weg.

Leider ist das ein Problem. Liebe ist ein sehr wichtiger Wert, wird aber in letzter Zeit weniger und weniger. Ich habe einen Artikel gelesen über die Beziehungsunfähigkeit unserer Generation. Das fand ich total schrecklich.

Das ist die Apokalypse. Dann gehen wir noch zum Abgrund wenn das nicht mehr möglich ist.

Kinder. Verantwortung übernehmen für Kinder ist eine große Aufgabe. Das kann ich nur empfehlen. Wenn es geht – man braucht auch noch den Partner dazu. Aber das ist immer noch ein großer Sinn unseres Daseins. Und nicht nur Facebook und jeder macht ein Selfie, sondern auch für andere da sein. Oder alten Menschen helfen, Schwachen helfen, freiwillige Sachen machen. Nicht nur immer wegen Geld, Geld, Geld sondern auch freiwillig, aus Passion, das macht einen glücklich.

Wir sind endlich bei der letzten Frage angekommen. Normalerweise fragt man, was du unseren Lesern wünschst. Meine letzte Frage ist anders: Was wünscht du dir selbst?

Mir selbst?

Ja.

Was ich mir wünsche ist, diese Freude am etwas Aufbauen, diesen Hunger nicht zu verlieren. Das ist für mich manchmal auch schon eine Angst. Wenn ich plötzlich müde werde und irgendwo ist das dann auch ein bisschen Resignation.

Dieses Kind in mir, ich will noch mehr. Ich will das noch erleben. Das wünsche ich mir.

Diese Kraft. Das hängt auch mit der Gesundheit zusammen und einer gewissen Harmonie. Ich bin einer der ein harmonisches Leben braucht, um kreativ zu sein.

 

 

Interview: Daria Tessa, tessa(at)gothic.com.ua

Mit Unterstützung von Evgeniya Richter und The Beauty of Gemina russian Fan-Page

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