Ayin Aleph – Ayin Aleph II

Im Jahr 2008 veröffentlichte die Solokünstlerin Ayin Aleph ihr Debütalbum „Ayin Aleph I“. Der Stil ihres ersten Werkes bewegte sich zwischen Gothic Rock und Gothic Metal. Am 9. April erscheint nun ihr zweites Album, „Ayin Aleph II“. Bei diesem handelt es sich um eine akustische Neuauflage des ersten Albums. Dieses Mal lässt die „in Paris lebende gebürtige Russin mit ägyptischen Roots“ (Pressetext) die Metal-Band im Schrank und begleitet ihren Gesang stattdessen am Klavier.

Wie sich das Ergebnis anhört erfahrt ihr in dieser Rezension.

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Stolze 18 Tracks finden sich auf „Ayin Aleph II“. Viele davon sind aber nur kurze Zwischenspiele oder Choräle, sodass die Gesamtspielzeit trotz der vielen Tracks mit 49 Minuten nicht ausufert.

Wie erwähnt ist „Ayin Aleph II“ die akustische Neuauflage von „Ayin Aleph I“. Auf dem neuen Album hört man also genau dieselben Stücke wie auf dem alten, nur in komplett neuem Gewand. Dieses neue Gewand besteht eigentlich nur aus zwei Elementen: Frau Alephs Stimme und ihr Klavier. Nur ganz selten sind auch andere Klangerzeuger zu hören, zum Beispiel einige wenige Streicherklänge, ansonsten wird das musikalische Konzept aus Stimme und Klavier komplett eingehalten.

Wissend, dass die CD nur aus Gesang und Klavier besteht, könnte man eigentlich von einem sehr ruhigen, gediegenen Werk zum Zurücklehnen und Entspannen ausgehen, doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Der Grund hierfür ist vor allem Ayin Alephs Gesang, den man neutral und sehr zurückhaltend ausgedrückt als extravagant bezeichnen könnte.

Etwas weniger neutral und zurückhaltend könnte man feststellen, dass Ayin Aleph ein infernalisches Biest ist. Mit den ständigen Stimmungswechseln auf ihrer CD gibt sie dem Hörer nämlich kaum eine Chance, den Fortgang der Musik auch nur annähern abschätzen zu können und sich somit zum Klang des Albums zu entspannen.

So donnert Ayin Aleph einem meistens hohen, offenbar gewollt schief klingenden Operettengesang entgegen. Dann fällt sie auf einmal in ein Schluchzen, ein Hauchen ab und setzt auf einmal völlig unvermittelt den Soprangesang fort. Genauso unberechenbar wie sie singt, hämmert Ayin Aleph auch auf ihr Klavier ein. All das ergibt ein unvorhersehbares, kurioses Klangbild voller Wendungen und verschiedener Facetten – das sich enorm psychedelisch und mental labil anhört. 

Während ein vergleichbarer Gesangsstil zum Beispiel beim Diablo Swing Orchestra ulkig und amüsant klingt, treibt Ayin Aleph es (zu) sehr auf die Spitze und lässt nicht den kleinsten Hauch einer Parodie erkennen. Damit überfordert sie den Hörer zuweilen. Ohnehin ist die nur mit Klavier erfolgende Minimal-Begleitung ihres Gesangs zu hinterfragen. Auf „Ayin Aleph I“, eingebettet in ein Klangbild aus Metal-Instrumenten, ist Ayin Alephs (bewusst?) debil wirkende Gesangsdarbietung noch geradezu erträglich. Auf „Ayin Aleph II“, wo der Gesang vom Klavier einmal abgesehen allein auf weiter Flur steht, wird die Schmerzgrenze oft deutlich überschritten.

Dies alles muss nicht heißen, dass Ayin Aleph eine schlechte Musikerin ist. Nur daran, was sie aus ihrem Talent macht, an dem wie, werden sich die Geister scheiden. Bestimmt gibt es Menschen, die das total krank wirkende Klangbild von Ayin Alephs Akustikalbum faszinierend finden werden, auf den (mutmaßlich zahlenmäßig überlegenen) anderen Teil wird die Künstlerin eher befremdlich wirken.

Fazit

Bei grundsätzlichem Interesse an diesem Album sollte man sich vor dem Kauf unbedingt einiger Hörpropen im Internet bedienen. Findet man daraufhin den speziellen Zugang, den dieses Werk zweifelsohne voraussetzt, kann man sich auf das Abenteuer durchaus einlassen. Der überwiegende Teil der Musikfreunde macht um „Ayin Aleph II“ aber einen großen Bogen.

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de