Van Canto – Interview

Metal a capella – kann dieses ungewöhnliche Konzept der sechsköpfigen Gruppe Van Canto funktionieren? Und wie es das kann! Gut besuchte Tourneen, drei Alben in vier Jahren Bandgeschichte, Auftritte unter anderem auf dem Wacken Open Air sowie eine aktive und stetig wachsende Fangemeinde geben der Band Recht.

Auf der aktuellen Tournee hatte ich nun die Gelegenheit zu einem Interview mit der Band. So stellte sich Stefan Schmidt, der Van Canto 2006 gegründet hat, nach dem Konzert am 8. April in Mainz meinen Fragen.

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Hallo Stefan!

Ende Februar ist euer neues Album “Tribe of Force” erschienen. Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen “Tribe of Force” und den Vorgängeralben?
Der größte Unterschied, den wir im Bandsound gemacht haben, war eigentlich zwischen der ersten Platte und der zweiten Platte, weil wir bei der zweiten, also bei “Hero”, zum ersten Mal mit Charlie Bauerfeind (Musikproduzent, Anm. d. Red.) zusammen gearbeitet haben und auch zum ersten Mal so richtig diesen gesungenen Gitarrensound definiert haben. Jetzt zur dritten ist eigentlich der größte Unterschied, dass wir wieder mehr auf eigene Songs setzen und die Cover ein bisschen zurückgefahren haben, also der Sound steht eigentlich seit der “Hero”.

“Tribe of Force” ist euer erstes Album, das ihr über Napalm Records veröffentlicht. Über wie viele Alben habt ihr da unterschrieben – wie lange kann man jetzt also sicher mit Musik von Van Canto rechnen?

Naja, sicher kann man ja egal für wie viele Alben wir unterschrieben hätten nicht rechnen. Bei unserer vorherigen Plattenfirma hatten wir natürlich auch über mehrere Alben unterschrieben, dann wurde sie trotzdem von ihrem Mutterkonzern geschlossen, nämlich von Sony, aber wir machen auf jeden Fall noch weiter. Wir wollen jetzt nicht aufhören, über Vertragsdetails möchte ich jetzt nicht sprechen, aber wir haben so viel Spaß an der Musik – auch ohne Vertrag würden wir noch weitere Platten machen.

Mit eurem neuen Album seid ihr erstmals in den Charts aufgetaucht, und zwar auf einem respektablen Platz 83. Habt ihr im Vorfeld schon ein bisschen auf eine Chartplatzierung gehofft oder kam das eher überraschend?

Wir können das ehrlich gesagt nicht so gut einschätzen, aber die Plattenfirma hat schon darauf hingearbeitet. Also sie hat gesagt, das wäre das Ziel, die 100 zu knacken, und dass das jetzt die 83 wurde ist auf jeden Fall super.

Wenn es mit Van Canto so erfolgreich wie bisher weiter geht, könntet ihr euch dann vorstellen, die Band zu eurem Hauptbetätigungsfeld zu machen und damit Berufsmusiker zu werden?

Och ja, das ist immer eine Definitionsfrage. Ich meine, wir könnten auch jetzt schon sagen wir machen nur Van Canto und ziehen dann halt alle zusammen zu sechst in ein Zehn-Quadratmeter-Zimmer, dann könnten wir auch davon leben, aber wichtig ist, dass wir daran Spaß haben. Wenn das dann auch damit verbunden ist, dass wir größeren Erfolg haben oder größere Gigs spielen können oder mehr Platten verkaufen, ist das cool, aber wenn nicht ist auch nicht schlimm – wir wollen Spaß haben.

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“Mit Metal kann man wunderbar alt werden.”

Hättet ihr Ambitionen, Van Canto auch bis ins fortgeschrittene Alter durchzuziehen? Ich denke zum Beispiel an Grave Digger, die dieses Jahr ihr 30jähriges Bühnenjubiläum feiern. Wäre das auch was für euch – über Jahrzehnte Van Canto betreiben und auch mit Mitte 50 noch auf der Bühne?

Kann ich jetzt nicht sagen. Also, ich kann mir schon vorstellen, dass es eher einfacher ist mit Mitte 50 noch ein guter Gitarrist zu sein als ein wirklich guter, frisch klingender Sänger, aber ich weiß es nicht – mal abwarten. Metal ist auf jeden Fall inzwischen eine Musik geworden, mit der du wunderbar alt werden kannst, wo dich keiner mehr komisch anguckt wenn du auch mit 50 noch auf der Bühne stehst. Von daher – abwarten.

Ihr befindet euch gerade auf eurer aktuellen Deutschland-Tournee, die nun langsam zu Ende geht. Wie ist es euch auf der Tour so ergangen?

Es war super überraschend, weil es echt geil war. Wir hatten vorher so damit gerechnet, dass wir manche Städte haben, wo vielleicht 50 Leute kommen oder so, aber wir haben eigentlich überall irgendwie zwischen 200 und 600 Leute gehabt, auch unter der Woche, das ist richtig fett. Man merkt irgendwie, dass es sich gelohnt hat, dass wir in den letzten zwei Jahren 70 Gigs gespielt haben und sich dann doch ein paar Leute gemerkt haben was wir machen und jetzt kommen, das ist toll.

Sehr beliebt – nicht zuletzt live – sind eure Cover-Versionen von Liedern verschiedener bekannter Bands wie Blind Guardian oder Nightwish. Habt ihr schon Pläne geschmiedet, zu welchen weiteren Liedern beziehungsweise Bands ihr ein Cover aufnehmen werdet?

Nein, zumal wir uns ja auch bei der “Hero” direkt die wirklich großen Nummern herausgesucht haben. Wenn du jetzt Iron Maiden, Blind Guardian, Metallica und Manowar gecovert hast, dann wird es natürlich irgendwann auch dünn, daher halt mal abwarten. Wir sehen uns nicht als Coverband, wollen das aber in unser Live-Programm weiter einstreuen und auf jeder Platte wird auch immer mal wieder ein Cover sein, aber dass wir jetzt schon über weitere Platten geplant hätten welches Cover da drauf ist, das haben wir nicht.

Also bleiben die Cover von bekannten Bands schon ein Element von Van Canto?

Live auf jeden Fall. Wie stark das Element jetzt auch auf eigenen Platten durchkommt weiß ich nicht, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass wir eine Platte aufnehmen wo dann noch nicht mal als Bonustrack ein Cover drauf wäre. Also, wir werden das schon weitermachen.

Was sagen eigentlich die jeweiligen Fangemeinden dieser Bands über eure Coverversionen? Freut sich das Stammpublikum dieser Bands über eure Cover oder hört man da auch mal negative Reaktionen?

Man hört jetzt aus den gesamten Metal-Kreisen eigentlich sehr positive Reaktionen. Natürlich sind auch mal ein paar negative dabei, das ist aber auch gut. Es ist besser in einer Band zu spielen, die ein bisschen polarisiert als in einer Band zu spielen wo jeder sagt “joa, ist ja ganz nett”. Und ich denke mal gerade das Blind-Guardian- und das Nightwish-Publikum ist ja sowieso sehr stimmenorientiert, die finden das glaube ich richtig geil. Bei Manowar gab es natürlich am Anfang schon ein paar kritische Stimmen, aber spätestens nach unserem gemeinsamen Festival-Auftritt auf dem Magic Circle Festival war das eigentlich gegessen. Wir sind erstaunt wie open-minded die Metaller doch sind.

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“Zu Metal gehört mehr als nur eine Gitarre.”

Wie ist das so mit eurem Bandkonzept als Ganzes? Eine Metal-Band fast ohne Instrumente ist ja nichts Alltägliches. War zum Beispiel die Gründung von Van Canto auch mit skeptischen Stimmen verbunden?
Natürlich war es erstmal innerhalb der Band so. Also die Leute, die ich dann gefragt hatte ob sie mitmachen wollen, waren vielleicht nicht gerade skeptisch, aber die waren schon erstmal ein bisschen “okay, naja, lasst uns probieren”. Und klar, es wird immer Leute geben, die sagen, Metal ist mit Gitarren. Ich sehe das halt ein bisschen anders, für mich gehört zu Metal halt mehr als nur eine Gitarre, zumal ich ja selbst auch Gitarrist bin. Das hat halt auch was mit Songwriting zu tun und mit Attitüde, mit Bühnenperformance und so, und wir sehen uns einfach als Ergänzung zum normalen Metal-Programm.

Kann eine Band, die so ungewöhnlich ist wie Van Canto, musikalische Vorbilder haben?

Na klar, logisch, vor allem geile Sänger. Ich sage mal die Bands, die wir gecovert haben, das sind schon auch unsere Helden, unsere Lieblingsbands. Ich meine, so einem Sänger wie Eric Adams (Sänger von Manowar, Anm. d. Red.) oder auch Hansi Kürsch (Sänger von Blind Guardian, Anm. d. Red.) macht man so schnell mal nichts vor. Also haben wir definitiv Vorbilder.

Was würdest du sagen war der beste Moment in eurer bisherigen Bandgeschichte?

Boah, es gab echt unheimlich viele großartige Momente. Natürlich ist das Wacken Festival in Erinnerung geblieben, Brasilien auch, aber jetzt auch auf der Tour. Das krasse ist halt, dass diese Momente jetzt im Moment total geballt auftreten, weil wir jetzt ja wirklich 15 Tage am Stück unterwegs sind und heute war auch wieder so eine super Stimmung und morgen haben wir das schon wieder ein bisschen vergessen, weil wir im nächsten Laden sind. Man braucht also echt ein paar Tage um das dann mal so zu verarbeiten, das ist echt geil.

Hat es sowas wie einen schlechtesten Moment schon gegeben?

Ja, aber nichts wo jetzt die Band in Gefahr gewesen wäre. Wir hatten natürlich solche Gigs… Gerade bei fünf Sängern ist es natürlich so, dass wenn einer wirklich krank ist, dann natürlich der Bandsound gefährdet ist. Wir hatten jetzt schon zwei Gigs in der Bandgeschichte, wo wir dann schon sehr improvisieren mussten, weil einer komplett ausgefallen war, da sind wir auf dieser Tour aber zum Glück weitestgehend von verschont geblieben. Aber das passiert halt, das ist wie Sport.

Die übliche Endfrage meiner Interviews: Möchtest du unseren Lesern noch etwas sagen?

Ja, erstmal wenn sie so weit im Interview gekommen sind, dann scheinen sie sich dafür zu interessieren, das finde ich schonmal super. Und alle anderen, die sich ein Bild machen wollen, sollen uns unter vancanto.de besuchen und mal gucken wie gut Metal a capella funktioniert!

Vielen Dank für das Interview!

 

Interview: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de