Totgesagte leben länger. Diese alte Volksweisheit trifft immer wieder auch im Musikgeschäft zu. So ging der englische Folk-Musiker Tony Wakeford Mitte des vergangenen Jahrzehnts fest davon aus, dass seine Dark-Folk-Combo Sol Invictus in ihren letzten Atemzügen liegt.
Das 2005 erschienene Album „The Devil’s Steed“ betrachtete er daher als das letzte Album der Band. Nun, sechs Jahre später, kehrt Wakeford aber mit neuen Mitmusikern und einem frischen Album zurück – dem 17. Sol-Invictus-Studioalbum seit 1987.
Mit seinen 13 Liedern kommt „The Cruellest Month“ auf eine Gesamtspielzeit von etwa einer Stunde.
Zu hören ist vielschichtige, relativ geruhsame Folklore bei der größtenteils Akustikgitarre, Geige und Flöte im Vordergrund stehen. Hierüber liegt der charakteristische, mit meist ruhiger Stimme vorgetragene Gesang von Tony Wakeford. Der Großteil der Stücke ist in einer trübsinnigen, durchaus melancholischen Stimmung gehalten, gelegentlich gleitet das Klangbild aber auch ins Surreale ab.
„The Sailor’s Aria“ ist zum Beispiel einer dieser Fälle – Zum Rauschen des Meeres singt Wakeford hier ein kleines Seemannsliedchen, das von irgendwo her durch einen bedrohlich wirkenden Elektronik-Hintergrund unterlegt wird. Im Gegensatz hierzu gibt es aber auch einige sehr geradlinige und aufgeräumt wirkende Stücke wie zum Beispiel „Edward“.
Lyrisch bietet „The Cruellest Month“ teils triefend sarkastische Texte. Hier sei als Beispiel das Stück „Toys“ genannt, das von Spielzeugfiguren auf weiten, weiten Abwegen handelt. Neben solchen Eigenkreationen bedient sich die Band aber auch traditioneller Vorlagen wie dem „Blackleg Miner“.
Umgesetzt wird all dieses im behäbigen, mystischen Folk-Gewand. Von den spielerischen Fertigkeiten geht das Gehörte dabei voll in Ordnung, allerdings sollte man natürlich keine allzu großen Sprünge erwarten, denn Platz für irgendwelche flinken Geigensoli oder ähnliches findet sich im ruhigen Konzept der Band mit Sicherheit nicht.
Sowieso richtet sich „The Cruellest Month“ weniger an die Freunde eingängiger Melodien und launiger Refrains, sondern eher an jene Hörerschaft, die stattdessen auf eine verflochtene Atmosphäre wert legt und sich für diese auch länger mit einem Album auseinandersetzt.
Fazit
Wer sich mit dem gediegenen, dämmrigen Konzept von Sol Invictus anfreunden kann, darf sich auf ein gelungenes Album freuen.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de