Anderthalb Jahre nachdem sensationellen „Tribe Of Force“ veröffentlicht die A-Capella-Metal-Band Van Canto am 23. September ihr viertes Album „Break The Silence“.
Wie sich das mittlerweile vierte Werk der Stimmakrobaten anhört erfahrt ihr in dieser Rezension.
Für all jene, die Van Canto noch nicht kennen, möchte ich am Anfang noch einmal kurz das Konzept der Band erklären. Die sechs Musiker machen im Prinzip Power Metal beziehungsweise Melodic Metal, imitieren hierbei aber die meisten der Instrumente mit ihren Stimmen – a capella eben. Die Band besteht aus zwei Leadsängern (Sly und Inga), drei „Instrumenten-Sängern“ (Stefan, Ross und Ike) und dem Schlagzeuger Bastian.
Für einzelne Lieder benutzen Van Canto auch auf ihrem neuen Album wieder Akustikgitarre („Spelled in Water“) und Klavier („Master Of The Wind“), das Schlagzeug ist jedoch das einzige echte Instrument, das durchgehend zum Einsatz kommt. Hier mag man nun einwerfen, dass die Musik von Van Canto durch diesen Umstand nicht rein a capella ist. Das mag an sich stimmen, aber anders geht es wohl auch gar nicht. Um das Schlagzeug einer Metal-Band „singen“ zu können bräuchte man wahrscheinlich das Lungenvolumen eines Pottwals.
Dass ein Schlagzeug vorkommt ist für die A-Capella-Metal-Band aber sowieso kein Nachteil. Anders als man vermuten könnte walzt die Drum die Gesangsspuren keinesfalls nieder, im Vordergrund stehen nach wie vor die Stimmen. Jetzt aber genug stilistische Erklärungen und auf zum neuen Album.
Als Nachfolger von „Tribe Of Force“ tritt „Break The Silence“ ein verdammt schweres Erbe an. Das Album vom Februar 2010 war nämlich von vorne bis hinten großartig. In der Retrospektive wird „Tribe Of Force“ für Van Canto vielleicht einmal das sein was „Tunes Of War“ für Grave Digger war. Der Zenith. Mit diesem Album hatten Van Canto ihr stilistisches Konzept nämlich nahezu perfekt umgesetzt und dank einer schwungvollen Herangehensweise und erstklassigem Songwriting womöglich das Maximum aus ihm herausgeholt.
Zu Anfang von „Break The Silence“ macht es den Eindruck, als gelänge Van Canto das gleich noch ein Mal. Zu Anfang setzt es nämlich mit „If I Die In Battle“ und „The Seller Of Souls“ zwei genial gesungene Power-Metal-Nummern im unverwechselbaren A-Capella-Stil. Die beiden Stücke reißen mit tollen Melodien, packenden Refrains und einer ordentlichen Portion Vortrieb sofort mit. Wenn das ganze Album so wäre wie seine ersten neun Minuten, dann wäre diese Rezension hier schnell geschrieben. 10 von 10 Punkte und Feierabend.
Im Anschluss zeigt sich dann aber warum „Break The Silence“ – obwohl auf beeindruckendem Niveau – nicht ganz mit „Tribe Of Force“ mithalten kann. Van Canto schalten auf ihrem neuen Werk in Sachen Intensität und Geschwindigkeit nämlich einen Gang herunter. Der Anteil von Midtempo-Nummern hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen. Zu nennen sind hier „Black Wings Of Hate“, „Dangers In My Head“ oder auch das Sabaton-Cover „Primo Victoria“, an dem sich Sabaton-Sänger Joakim Broden auch selbst beteiligt hat.
Diese Lieder sind zweifellos klasse musiziert, es fehlt ihnen aber der beeindruckende Spagat der schnellen Metal-Stücke. Der Weg von a capella zu Midtempo ist nämlich bedeutend kürzer als der Weg zu Hightempo und Power Metal. Gerade dieser enorme Kontrast ist es aber, der einem in den wuchtigen Stücken wie „If I Die In Battle“ oder „The Seller Of Souls“ ein fettes Grinsen ins Gesicht zaubert. Das fehlt bei den Midtempo-Stücken einfach.
„Tribe Of Force“ war deshalb besser. Es spielte es den Kontrast zwischen A Capella und Metal noch konsequenter aus als „Break The Silence“. Obendrein war es auch über zehn Minuten länger.
Der höhere Midtempo-Anteil ist auf „Break The Silence“ aber auch der einzig wirkliche Kritikpunkt. Bei allem anderen langen Van Canto voll zu. Abgenutzt wirkt ihr eigenwilliges Konzept dabei noch lange nicht. Ganz im Gegenteil, die Hörer erwarten auch dieses Mal stimmungsvolle, hoch melodische Lieder mit ausgeprägtem Ohrwurm-Faktor. Auch mit einigen Coverversionen darf man wieder rechnen, dieses Mal von Sabaton, Manowar und Alice Cooper. Neu ist, dass Van Canto mit „Neuer Wind“ zum ersten Mal auch auf Deutsch singen. Für genügend Abwechslung ist also gesorgt.
Unverkennbar sind Van Canto als nach wie vor einzige A-Capella-Metal-Band bei alledem sowieso.
Fazit
Ein tolles Album mit schönen Melodien, super Refrains und einem gewaltigen Stimmfeuerwerk – auch wenn „Tribe Of Force“ noch besser war.
Punkte: 9 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de