Ensiferum – Unsung Heroes

Die finnische Gruppe Ensiferum ist keine Folk-Metal-Band wie jede andere. Mit ihren epischen Klangbildern und einer meist hohen Spielgeschwindigkeit hat sich die Formation nicht nur einen sehr eigenen Stil geschaffen, sie hat sich auch in die erste Garde ihres Genres gespielt.

Gerade im Angesicht dieser Erfolgsgeschichte überrascht es durchaus, dass Ensiferum ihr Konzept auch mal in eine andere Richtung tragen. Ihr neues Album „Unsung Heroes“, das am 24. August erscheint, macht nämlich einiges anders als die Vorgänger.

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Da ist es also. Drei Jahre nach „From Afar“ ist es da: „Unsung Heroes“, das lang erwartete neue Album von Ensiferum – mit zehn Liedern und gut einer Stunde Spielzeit. Vieles auf diesem Album ist vertraut, vieles wirkt bekannt und typisch für Ensiferum. Vieles wird Fans aber gleichwohl überraschen, denn Ensiferum schlagen mitunter auch neue Wege ein.

Geblieben sind die epischen Hintergründe, die treibenden, präzisen Gitarrenriffs, die Folklore-Einlagen und der Kontrast von Klar- und Growl-Gesang. An bekannten Elementen ist das ja eigentlich ziemlich viel. Weggefallen ist jedoch Ensiferums bisherige Angewohnheit, in permanentem Hightempo drauflos zu schmettern.

In früheren Jahren war genau das ja eine Spezialität der Finnen. Fast immer gaben Ensiferum Vollgas, nicht selten sprachen Hörer von einer Symbiose zwischen Folk Metal und Power Metal. Auf „Unsung Heroes“ tritt die Band nun aber teils gewaltig auf die Bremse. Natürlich hat die Gruppe ihre Power-Metal-Seite nicht komplett über Bord geworfen, denn auch auf dem neuen Album gibt es richtig schmissige Stücke wie „Retribution Shall Be Mine“.

Der Großteil des Albums bewegt sich aber eher im Midtempo und damit in deutlich langsamerer Gangart als man eigentlich von Ensiferum gewohnt ist. Das wird – so ehrlich muss man sein – nicht bei allen Fans gut ankommen. Im Vergleich zu den Vorgängeralben ist das langsamere „Unsung Heroes“ weniger auf Feierstimmung getrimmt, einfach nicht so sehr ein Hit-Album.

Bisher war es oft so, dass man schon beim ersten Durchgang eines Ensiferum-Stücks die Melodie im Ohr und den Refrain auf der Zunge hatte – dem Zusammenspiel aus Songwriting, Bombast und Geschwindigkeit sei Dank. Als langsameres Album hat „Unsung Heroes“ hingegen nicht die Voraussetzungen für solche Mitreiß-Effekte.

Stattdessen setzt Ensiferums neues Werk auf mehr Komplexität und Tiefgang. Um seine Stimmung und letztendlich seinen Reiz zu entfalten braucht es eine gewisse Zeit. Das macht das Album nicht schlechter als seine Vorgänger, es hat eben nur eine andere Funktionsweise. Dass die manchen Fans wie ein Kulturschock vorkommen wird, bleibt da nicht aus.

Wenn dieser Schock aber erstmal überwunden ist, gibt es auf „Unsung Heroes“ viel zu entdecken. Es ist interessant zu hören, wie Ensiferums alte Stärken auch in einem neuen Konzept funktionieren. So zum Beispiel die klassischen Hintergründe und die große Epik der Band. Mit diesen Elementen geizen Ensiferum auch auf ihrem neuen Album nicht, die Symphonik genießt einen unverändert hohen Stellenwert. Chöre kommen – zumindest gefühlt – sogar noch häufiger vor und wurden in ihrer Bedeutung ausgebaut.

All diese Elemente werden nun aber nicht mehr als konzentrierter Bombast im Hintergrund eines Power-Metal-Stücks eingesetzt (wie zum Beispiel bei „From Afar“), sondern bilden das tragende Element längerer, atmosphärischer Stücke. Das gute Songwriting und die tadellosen Spielfertigkeiten können sich Ensiferum ebenfalls nach wie vor auf die Fahnen schreiben – all das ist geblieben. Die Stärken von Ensiferum findet man also auch weiterhin, sie entfalten sich nur eben auf eine andere, langsamere Art und Weise.

Hierzu passt auch, dass die Finnen auch akustische Stücke hören lassen. So ist „Last Breath“ eine ruhige Folk-Ballade mit Akustikgitarre, die sich gegen Ende hin in einen epischen Chor steigert. Die Ballade „Celestial Bond“ vereint wiederum Gitarre und Flöte mit hohem Frauengesang.

Zugunsten dieser Experimente und dieser neuen Eindrücke muss man auf „Unsung Heroes“ auf die Party-Stimmung der vergangenen Alben verzichten. Das ist von Ensiferum durchaus gewagt, denn alle großen Hits ihrer Vergangenheit waren schnelle, stimmungsvolle Stücke. Egal ob man nun an „One More Magic Potion“ denkt, an „Iron“, „Token Of Time“, „Twilight Tavern“, „Lai Lai Hei“, „From Afar“ den „Victory Song“ oder was auch immer – all diese Stücke waren schnell, auf Stimmung getrimmt und gingen einfach gut ab.

Dieses funktionierende Konzept nun zu ändern ist verdammt mutig. Das Ergebnis wird – wie gesagt – nicht bei allen Fans ankommen. Dennoch wird dieser Mut belohnt, denn „Unsung Heroes“ ist zu einem frischen, abgerundeten und hochwertigen Album geworden, wenngleich es auch nicht das beste von Ensiferum ist.

Am Ende muss ich aber noch mal meckern: Im abschließenden Stück des Albums, dem nicht weniger als 17 (!) Minuten langen „Passion Power Proof“, übernehmen sich Ensiferum etwas und können nicht jede Länge füllen. Wirklich mulmig wird es einem aber bei der Hörspielsequenz im Stück. Da stürzen einige Männer in die Taverne und erkundigen sich nach dem Programm. Der Wirt antwortet stolz: „Ensiferium und Finntroll aus Finnland!“.

Den guten Gesamteindruck des Albums trübt das natürlich nicht. Dass auf Ensiferums neuem Werk der eigene Bandname falsch genannt wird ist aber schon ganz schön peinlich…

Fazit

Ein starkes Album, das Ensiferum auch abseits bekannter Wege in guter Form zeigt.

Punkte: 8.5 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de