Negură Bunget aus Rumänien sind alles andere als eine gewöhnliche Folk-Metal-Band. Ursprünglich vom Black Metal ausgehend, spannt die Band einen weiten Bogen von ihrem Metal-Fundament aus hinein in eine zum Teil schon surreal anmutende Folklore.
Fünf Jahre nach ihrem letzten Album hat die Gruppe nun ihr neues Werk „Tau“ vorgestellt. Diese Rezension nimmt es näher unter die Lupe.
„Tau“ umfasst acht Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 52 Minuten. Jedes der acht Lieder soll für eine bestimmte Naturlandschaft und die ihr zugedachte Legendenbildung stehen. Textlich kann ich darauf nicht näher eingehen, denn auf „Tau“ singen Negură Bunget erneut konsequent auf Rumänisch.
Beim Hören des Albums wird schnell klar, dass viele denkbare Genre-Begriffe für Negură Bunget zu kurz greifen. Die Band hat einen komplexen, sehr eigenen Sound, der verschiedenste teilweise gegensätzlich anmutende Elemente in sich vereint.
Das Fundament liegt dabei klar im Metal. Neben Schlagzeug, Bass und E-Gitarre in wechselnder Geschwindigkeit bringt dies vor allem der Growl-Gesang zum Ausdruck. Der ist extrem tief und erinnert für sich genommen stark an Death Metal. Das teils eisige Riffing der Gitarre und die Blastbeats des Schlagzeugs gehen hingegen eher in Richtung Black Metal.
Anders als diese Genre-Begriffe vermuten lassen, zeichnet sich „Tau“ nicht durch Härte aus. Sehr ruhige, gern auch akustische Folk-Passagen haben einen genauso hohen Stellenwert wie der Metal-Anteil des Klangbilds. Noch größeren Raum als die tiefen Growls nimmt außerdem Klargesang ein, der häufig auch mehrstimmig auftritt.
Vervollständigt wird das Klangbild schließlich von verschiedenen Folk-Instrumenten wie Laute oder Flöte, diversen orchestral anmutenden Elektronik-Schleifen und – zum ersten Mal in der Geschichte von Negură Bunget – auch von Blechbläsern.
Das alles ist genauso vielseitig wie es sich anhört – und das alles ist auch genauso kompliziert wie es sich anhört. „Tau“ vereint in sich verschiedenste Gegensätze und Stimmungsbilder und bleibt dabei ein Stück weit unzugänglich.
Potenzielle Hörer sollten wissen, dass der Reiz von „Tau“ in seiner Atmosphäre und seiner ungewöhnlichen Konzeption liegt. Auf eingängige Refrains oder markante Melodien sollte man bei Negură Bunget hingegen nicht zählen. Auch wirklich hervorstechende Riffs oder Solo-Passagen bleiben die Ausnahme, da hierauf das Konzept der Rumänen nicht ausgelegt ist.
„Tau“ ist somit kein Album, das man mal schnell im Vorbeiflug hören kann. Es verlangt seinen Hörern eine gewisse Einarbeitungszeit und auch einen gewissen Anspruch ab. Wer beides mitbringt, erhält ein ebenso ungewöhnliches wie atmosphärisch dichtes Album.
Negură Bunget bewegen ihr abwechslungsreiches Klangbild von treibenden Metal-Passagen bis hin zu sehr ruhigen, beinahe meditativen Folk-Passagen. Das Stimmungsbild dieser Folk-Passagen reicht von surreal, unheilvoll und beklemmend bis hin zu heiteren Abschnitten, die mit Polka-Rhythmen versehen sind („Impodobeala timpului“).
All diese Elemente bekommen Negură Bunget sauber unter einen Hut und formen daraus einen ureigenen Stil, der „Tau“ zu einem hörenswerten Album macht. Davon angesprochen fühlen sollten sich vor allem die Freunde der außergewöhnlichen, komplexen Klänge – eher nicht die Fans von Humppa-Hymnen und Ohrwürmern.
Fazit
Ein gutes, hoch ungewöhnliches Album, mit dem sicher nicht jeder etwas anfangen kann.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de