Die kanadische Doom-Metal-Band Völur besteht aus lediglich drei Mitgliedern: Laura Bates an Geige und Gesang, Lucas Gadke (von Blood Ceremony) an Bass und Gesang sowie Jimmy Payment (von Do Make Say Think) am Schlagzeug.
Wer aufmerksam gelesen hat, wird nun feststellen: Die haben ja gar keine Gitarre! Tatsächlich verzichten Völur vollends auf das sonst so gebräuchliche Instrument, öffnen sich gleichzeitig aber Einflüssen aus Folk- und Progressive Rock.
Vor wenigen Tagen ist Völurs neues Album „Ancestors“ erschienen. Wie das Konzept der Band im Ergebnis klingt, erfahrt ihr in dieser Rezension.
Die Lieder auf „Ancestors“ sind zwischen zehn und 17 Minuten lang. Obwohl das Album nur vier Lieder enthält, kommt es daher auf eine sehr ordentliche Gesamtspielzeit von 53 Minuten. Für Sammler und eingefleischte Fans ist „Ancestors“ übrigens auch auf Schallplatte erhältlich.
Das Intro des Albums besteht aus textlosen Gesängen, psychedelischem Geklimper und einem surrealen Dröhnen im Hintergrund. Nach einigen Minuten geht das erste Stück „Breaker Of Silence“ dann richtig los und langsam kann man ein Muster im Konzept von Völur erkennen: Bass und Schlagzeug sorgen für eine erdige Grundstimmung, auf der mit Geige und mehrstimmigem Gesang aufgebaut wird.
Nach diesem Schema läuft ein Großteil des Albums ab, die genaue Ausgestaltung ist aber hoch unterschiedlich. Das Klangbild ist phasenweise geradezu minimalistisch, mal aber auch dröhnend und heavy. Verglichen mit klassischem Doom Metal ist die Spielgeschwindigkeit zum Teil relativ hoch – das aber bei weitem nicht immer.
Beim Bass handelt es sich mal um einen E-Bass, mal aber auch um einen Kontrabass. Vor allem der E-Bass wird teilweise als Melodieinstrument eingesetzt und tritt damit teilweise an Stelle der fehlenden Gitarre. Diese wird nämlich nicht durchgehend durch die Geige von Frontfrau Laura Bates ersetzt. Anzunehmen, die Geige deckt hier eins zu eins die Aufgabe einer Gitarre ab, greift zu kurz. So ist die Geige auf „Ancestors“ gar nicht durchgehend präsent.
Wenn die Geige zum Tragen kommt, dann auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Mal übernimmt die Geige mit überraschend heiteren Melodien die Führung über das Klangbild – hier werden dann die Folk-Einflüsse der Band deutlich. Mal scheint sie aber auch durch einen E-Verstärker zu laufen und klingt der Gitarre einer regulären Doom-Metal-Band gar nicht unähnlich.
Gelegentlich werden die festen Melodiestrukturen aber auch ganz aufgelöst und alle Instrumente spielen frei durcheinander – Psychedelic Rock lässt grüßen. Apropos Rock: Um die Grenze zwischen Rock und Metal scheren sich Völur wenig. Mit eher ruhigem Sound, zurückhaltenden Instrumenten und mehrstimmigem Gesang scheint manchmal der Rock mehr durch. An anderer Stelle schwingt das Pendel dann aber mit Growl-Gesang und sogar Blastbeats deutlich in Richtung Metal.
Alles in allem liefern Völur hier also einen ungewöhnlichen, hoch abwechslungsreichen Sound mit verschiedensten Einflüssen. Die Atmosphäre ist dabei durchgehend dicht, wenn auch nicht besser als bei anderen Doom-Metal-Bands. Auch vom Songwriting her ziehen Völur mit anderen Bands des Genres gleich, übertreffen diese aber auch nicht. So fällt das Songwriting durchaus gelungen aus, wie bei vielen anderen Doom-Metal-Bands aber nicht besonders eingängig.
Ihren Reiz ziehen Völur also nicht aus einem technischen oder kompositorischen Vorteil gegenüber anderen Bands, sondern aus ihrer äußerst ungewöhnlichen und ebenso abwechslungsreichen Herangehensweise. Die ist definitiv gegeben, denn ein vergleichbarer Sound ist doch mehr als selten.
Fazit
Völur sind nicht an sich atmosphärischer oder gar besser als eine reguläre Doom-Metal-Band, ihr Sound ist aber hoch abwechslungsreich und sticht stilistisch aus der Masse hervor.
Wer im Doom-Bereich etwas Neues und Ungewöhnliches entdecken möchte, ist mit „Ancestors“ gut bedient.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de