Firtan stehen für vielschichtigen Black Metal der anspruchsvollen Sorte. Die Gruppe aus Baden-Württemberg veröffentlichte 2014 ihr Debütalbum „Niedergang“ und machte seither vor allem live auf sich aufmerksam.
Am 13. Juli folgt nun ihr zweites Album „Okeanos“. In dieser Rezension erfahrt ihr mehr darüber.
Mit fünf regulären Liedern und einem kurzen Instrumentalstück („Purpur“) kommt „Okeanos“ auf eine Gesamtspielzeit von rund 40 Minuten. Vorlage für die sehr offen gehaltenen, deutschsprachigen Texte ist die klassische Literatur.
Teils legen Firtan ihre Lieder eher lose an die Werke von Literaten wie Schiller an. Manchmal werden Teile der literarischen Vorlagen aber auch eins zu eins übernommen. Der Text von „Tag verweil“ ist zum Beispiel ein Zusammenbau verschiedener Strophen aus Nietzsches „Die Sonne sinkt“.
Rein musikalisch bieten Firtan einen sehr vielseitigen Sound. Die Wurzel des Klangbilds liegt erkennbar im Black Metal, im Prinzip kann man die Musik der Band aber als stilübergreifend bezeichnen. Schiere Härte und Vortrieb sollte man jedenfalls nicht erwarten.
Der melodische, meist in kalten Klangfarben gezeichnete Sound von Firtan lebt von seinen Gegensätzen. Härtere, noch nahe am Black Metal stehende Passagen wechseln sich ab mit langsamen, dahin schwelgenden Abschnitten, die ohne Blastbeats oder dergleichen auskommen.
Der selbst für Black-Metal-Verhältnisse sehr verzerrte Gesang weist eine hohe Bandbreite auf und fällt insgesamt tiefer aus als auf dem Debütalbum. Den Kontrast bilden gesprochene Textpassagen, die leider mehrmals zu leise ausfallen.
Im Hintergrund des ohnehin abwechslungsreichen Klangbilds sind wie schon auf dem Debüt Streicher-Klänge zu hören, die zum ganz überwiegenden Teil wohl elektronisch erzeugt wurden. Hin und wieder tritt auch eine Akustikgitarre hinzu, vereinzelt auch Klavier oder Chöre.
Sich überlagernde, verschlungene Gitarren geben dem Sound außerdem eine Progressive-Note. Insgesamt sind Firtan auf „Okeanos“ im Vergleich zu ihrem ersten Album also noch vielseitiger und noch komplexer geworden.
Die Spielfertigkeiten sind dabei durchaus gewachsen. Gerade was die Gitarren angeht haben Firtan noch ordentlich draufgesattelt. Auch mit der gelungenen, dichten Atmosphäre ihres Albums kann die Band punkten. „Okeanos“ klingt sehr eigen, wird nie berechenbar und wartet mit manchem schönen Spannungsbogen auf.
Gelitten hat dagegen die Zugänglichkeit. Bei aller Atmosphäre und Tiefgang sind die Lieder des Albums sehr verschachtelt und nicht gerade eingängig. Auch das Debütalbum „Niedergang“ war keine Hit-Schleuder (darum geht es auch gar nicht), hatte die Hörer aber zumindest gelegentlich mit einer aufpeitschenden Melodie mitgerissen. Ich denke da vor allem an das griffige „Wogen der Trauer“ – ein vergleichbares Lied hat „Okeanos“ nicht.
Fazit
Ein hörenswertes, vielseitiges Album für Fans mit Anspruch und der notwendigen Einarbeitungszeit.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de