2015 spielten U.D.O., die Band des ehemaligen Accept-Sängers Udo Dirkschneider, ein ganz besonderes Konzert auf Wacken. Die Heavy-Metal-Band trat dort zusammen mit dem Musikkorps der Bundeswehr auf.
Fünf Jahre später haben U.D.O. und die Bundeswehr-Musiker ihre Zusammenarbeit erneuert. Dieses Mal geht es jedoch nicht um einen Auftritt, sondern um ein gemeinsames Studioalbum. Das trägt den Titel „We Are One“ und erscheint am 17. Juli. Diese Rezension verrät euch mehr darüber.
Das Musikkorps der Bundeswehr als Partner für ein komplettes Heavy-Metal-Album. Den Coup macht U.D.O. so schnell keiner nach. Dabei herausgekommen ist mit „We Are One“ ein echter Brocken: Ganze 15 Lieder bringen das Album auf eine stolze Gesamtspielzeit von 74 Minuten.
Bei den 15 Liedern handelt es sich ausnahmslos um neue Stücke. Es wurden hier also nicht einfach bekannte U.D.O.-Lieder mit dem Musikkorps neu eingespielt. Die Lieder sind komplett neu entstanden, woran sich neben zwei alten Accept-Kollegen von Udo auch die beiden hauseigenen Komponisten des Musikkorps beteiligt haben.
Schon daran wird klar: Das Musikkorps der Bundeswehr macht hier nicht einfach nur die Hintergrundbegleitung. „We Are One“ ist wirklich ein gemeinsames, gleichberechtigtes Album von Korps und Band. Bandgründer Udo ist deshalb zum Teil auch weniger präsent als auf einem herkömmlichen U.D.O.-Album, doch dazu später mehr.
Zunächst sei aber noch ein Missverständnis aus der Welt geräumt: Das Musikkorps der Bundeswehr wird manchmal vereinfacht als Bundeswehr-Orchester bezeichnet. Ganz falsch ist das nicht, denn es gibt auch Blasorchester. Es führt aber mitunter in die Irre, weil sich viele unter Orchester vor allem ein klassisches Symphonieorchester vorstellen.
Das Musikkorps ist jedoch ausdrücklich kein klassisches (Streich-)Orchester. Es gibt zwar auch symphonische Elemente, vor allem hat das Korps aber Blechblasinstrumente im Gepäck. Wer sich von „We Are One“ also ein Projekt nach dem Motto Metal trifft Klassik erhofft, der wird enttäuscht.
Anstatt Klassik bringt das Musikkorps praktisch den Brass-Klang einer Big Band mit. Der volle, in warmen Klangfarben gehaltene Sound der Bundeswehr fügt sich wirklich gut mit dem melodischen, nicht übertrieben harten Metal von U.D.O. zusammen. Das gemeinsame Klangfundament, das Korps und Band hier bilden, wird dann noch mit Chören gespickt oder hin und wieder besonderen Elementen wie einer Solosängerin.
Vor alledem steht dann die markante, hohe Metal-Stimme von Udo Dirkschneider. Das Ergebnis ist ein angenehmes, gut harmonierendes Hörerlebnis. Die 74 Minuten des Albums gestalten sich dabei vielseitiger als vielleicht erwartet.
Es gibt zahlreiche mehr oder weniger klassisch gestaltete Heavy-Metal-Stücke im Midtempo. Darüber hinaus aber auch Instrumentalstücke, ein Duett als Rock-Ballade („Neon Diamond“) und auch – noch immer mit 60 Bundeswehr-Musikern am Ball – kraftvolle Speed-Metal-Stücke („We Strike Back“).
Von besonderen Momenten wie dem Dudelsack, der zwischendurch mal eingebaut wurde, fange ich gar nicht erst an. U.D.O. und das Musikkorps haben auf „We Are One“ wirklich bemerkenswert viel untergebracht.
Erwähnenswert sind dabei auch die Liedtexte. Die immer englischsprachigen Songs gehen auf gesellschaftliche Fragestellungen unserer Zeit ein. U.D.O. und die Bundeswehr erteilen dem Rechtsruck eine Abfuhr („Pandemonium“), würdigen die Verdienste der Leipziger Bürger um die deutsche Einheit („Rebel Town“), besingen Migration („Here We Go Again“), Klimawandel („Future Is The Reason Why“) oder gar Fridays For Future („Children Of The World“).
Gerade in Sachen Klima oder Fridays For Future sind ja längst nicht alle einer Meinung. So wird es nicht jedem gefallen, dass hier thematisch durchaus gewisse Trends aufgegriffen werden. „We Are One“ ist und bleibt aber ein Heavy-Metal-Album und als solches Unterhaltungsmusik.
Udos Beschäftigung mit Klima und co. wirkt daher nie belehrend oder übermoralisch. Er nimmt zwar Stellung, aber mit einer positiven Message. Udo ist kein Oberlehrer, sondern gibt hier den netten Metal-Onkel. Und das meine ich überhaupt nicht abwertend!
Bei Metal-Onkel Udo und seinen Bundeswehr-Jungs hat jedenfalls alles einen positiven Überbau. Trotz der durchaus ernsten Themen bleibt „We Are One“ erbaulich, fast fröhlich und bläst kein Trübsal. Die Texte lassen sich daher eher nach dem Motto verstehen: Alle sitzen in einem Boot! „We Are One“ eben.
Zum Abschluss sei noch einmal erinnert, dass „We Are One“ kein herkömmliches U.D.O.-Album ist. Für Fans der Band mag es kritikwürdig sein, dass U.D.O. hier vergleichsweise wenig Udo mitgebracht haben. Es gibt viele, durchaus auch längere Instrumental-Passagen. Auch die einzige richtige Ballade, „Blindfold“ singt die Bundeswehr-Sängerin praktisch alleine. Vom klein gewachsenen Metal-Sänger ist streckenweise nichts zu hören. Bei einem Album dieser Länge sollte man das aber verschmerzen können.
Fazit
Die Zusammenarbeit von U.D.O. und dem Musikkorps der Bundeswehr trägt Früchte. „We Are One“ kommt mit einem markanten Sound daher, ist angenehm zu hören und dabei erstaunlich vielseitig.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de