Finntrolls Rolle für den finnischen Folk Metal kann man kaum hoch genug einschätzen. 2004 verhalf ihr „Nattfödd“-Album mit dem unvergessenen Hit „Trollhammaren“ der Humppa (finnischer Polka) zum Durchbruch im Genre. Finntroll ebneten in jenen Tagen den Weg für den späteren Erfolg so mancher Folk-Metal-Band aus dem Norden.
In den letzten Jahren ist der Stern von Finntroll jedoch etwas verblasst. Von der Popularität und dem Erfolg her sind Landsleute wie Korpiklaani und Ensiferum längst an den Trollen vorbeigezogen. Auch Finntrolls letztes Album „Blodsvept“ ist nicht gerade aktuell und erschien 2013.
Jetzt aber holen Finntroll noch einmal Schwung: Nach sieben Jahren steht wieder ein neues Album in den Startlöchern. Es trägt den Titel „Vredesvävd“ und erscheint am 18. September.
„Vredesvävd“ heißt in etwa „aus Wut gewebt“ und ist wie das ganze Album Schwedisch. Viele wissen das gar nicht, aber Finntroll singen überhaupt nicht auf Finnisch. Der Bandgründer gehörte zur schwedischsprachigen Bevölkerungsgruppe in Finnland und die schwedischen Texte haben sich Finntroll auch nach dessen Rückzug aus dem aktiven Lineup beibehalten.
Mir liegen die Liedtexte nicht im einzelnen vor, in der Vergangenheit ging es bei Finntroll aber meistens um die Natur oder um irgendwelche Fabelwesen. Wenn ich mir die Titel der Texte so anschaue (zum Beispiel „Vid Häxans Härd“, also „am Hexenherd“), dann scheint sich hieran nichts geändert zu haben.
Mit gerade einmal 37 Minuten Laufzeit fällt „Vredesvävd“ relativ kurz aus – und in diesen 37 Minuten ist auch noch das Intro mit drin. Nach sieben Jahren ohne ein neues Album hätten es hier ruhig noch zwei, drei Lieder mehr sein drüfen.
Vom Umfang des Albums werden die Fans also womöglich enttäuscht sein, vom Sound her werden ihre Erwartungen dagegen erfüllt. Nach wenigen Strophen wird klar: Jawoll, das sind Finntroll und sie klingen genau so wie man sich das vorstellt!
Ihren sehr wilden, fast anarchistischen, stimmungsvollen Folk-Death-Metal-Sound erkennt man auf Anhieb. Auf der Basis von erdigem Melodic Death Metal liefern Finntroll hier ihr typisch überdrehtes Klangbild mit den zahlreichen Folk-Elementen im Hintergrund. Immer wieder kommt natürlich auch der bekannte Zwei-Viertel-Takt des Humppa zum Einsatz.
Abgesehen von der Maultrommel wird der Folk-Anteil auf „Vredesvävd“ durch ein Keyboard dargestellt und fällt sehr abwechslungsreich aus. Mal klingt die Folk-Seite nach einem Akkordeon, mal nach Streichinstrumenten. Oft liefert das Keyboard aber auch einfach einen breiten, orchestral-folkloristischen Überbau, der kein reales Instrument imitiert. Wann welche Art von Hintergründen eingesetzt wird, bleibt so unberechenbar wie die Musik von Finntroll insgesamt.
Die roten Fäden des Albums sind die meist hohe Spielgeschwindigkeit, der permanente Growl und die hohe Eingängigkeit. Die Musik von Finntroll ist nach wie vor sehr melodisch und griffig, auf ein mitreißendes Songwriting wird Wert gelegt. Trotz der Vielzahl an Klangspuren ist der Sound von Finntroll nicht zu anspruchsvoll.
Es gibt einzelne Passagen, die auch mal auf die Bremse treten. „Ylaren“ fängt zum Beispiel als gediegene Midtempo-Nummer an und steigert sich erst gegen Ende zur typischen Folk-Metal-Eskalation hoch. Mehr Komplexität als das sollte man dann aber auch nicht erwarten.
„Vredesvävd“ ist und bleibt nun einmal Unterhaltungsmusik. Als eben solche funktioniert das Album auch ausgesprochen gut. Es hat saubere Melodien und Refrains, geht gut rein und macht einfach Laune. Mehr als das wollen Finntroll auch gar nicht.
Positiv fällt dabei auf, dass Finntroll trotz Eingängigkeit und hohem Melodieanteil eine respektable Härte fahren. „Att Döda Med En Städ“ setzt zum Beispiel gleich mal mit wuchtigen Blastbeat-Gewittern ein. Metal wird bei Finntroll noch groß geschrieben – es dürfen sich also auch jene Humppa-Fans angesprochen fühlen, denen Korpiklaani und andere zu rockig geworden sind.
Gibt es für das Ende der Rezension vielleicht auch noch einen Wermutstropfen auf „Vredesvävd“? Ja. Trotz des gelungenen Songwritings und den eingängigen Melodien ist ein Evergreen vom Kaliber „Häxbrygd“ oder gar „Trollhammaren“ dieses Mal nicht dabei. Auch bei Finntroll kann man nicht alles haben.
Fazit
Ein gelungenes, kurzweiliges Folk-Metal-Album im typischen Finntroll-Stil.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de