Soulbounds letztes Album “Mylennium” ist von Anfang 2016. Die stilübergreifende Metal-Band aus Nordrhein-Westfalen hat sich also Zeit gelassen. Ihr neues Studioalbum “Addicted To Hell” lässt erahnen warum.
Auf ihrem nunmehr dritten Studioalbum haben Soulbound ihren Stil neu justiert und zeigen sich vielseitiger und breiter aufgestellt als jemals zuvor. Erscheinen wird das Album an diesem Freitag – alles weitere darüber erfahrt ihr in dieser Rezension.
“Addicted To Hell” enthält 13 Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 50 Minuten. Gesungen wird durchgehend auf Englisch, wobei die Texte – wie immer bei Soulbound – auch ernste Themen wie psychische Erkrankungen ansprechen. Der Musikstil des Albums ist sehr vielseitig. Die Zutatenliste, aus der Soulbound ihren Sound zusammenmischen, war noch nie länger als heute.
Als roter Faden dienen eigentlich nur noch das melodische Klangbild, die zwei Gesangsstile (Klar- und Growlgesang) und das meistens mittlere Spieltempo. Was Soulbound auf diesem Fundament aufbauen, geht in sehr verschiedene Richtungen und unterscheidet sich mitunter von Lied zu Lied deutlich.
Alternative-, Industrial-, Melodic- und Progressive Metal. Aus all diesen Genres bedienen sich Soulbound, keine dieser Einordnungen wäre wirklich falsch. Darüber hinaus gibt es aber auch Rock- und Elektro-Passagen, die sich vom Metal mitunter komplett loslösen.
Es gibt vergleichsweise “normale” Stücke, die melodischen Metal mit Industrial-Einschlag bieten, also mit Beats und elektronischen Sprenklern. Es gibt sehr rockige Stücke, die im Prinzip auch von einer Synth-Rock-Band sein könnten. Darüber hinaus gibt es aber auch Lieder, die völlig anders aufgebaut sind und die Grenzen des Genres doch überraschend weit hinter sich lassen.
Das gilt vor allem für die zwei ich möchte mal sagen “halben” Balladen “Undone” und “Sucker’s Place”. Beide Lieder bieten komplett reduzierte Strophen, die beinahe ohne jede Gitarrenarbeit auskommen. In “Undone” singt Frontmann Johnny zu Klavier und Elektronik, in “Sucker’s Place” zu Trommelschlägen und einem diffusen Elektro-Hintergrund. Erst in den Refrains beider Lieder kehrt dann der Metal zurück.
Kein Zweifel: “Addicted To Hell” ist komplexer, vielseitiger und abwechslungsreicher als alles, was Soulbound bisher im Programm hatten. Im Fall der beiden Balladen ist dieser breite Spagat auch ohne jeden Zweifel gelungen.
Bei “Fire It Up” kann man dagegen geteilter Meinung sein. Das Lied startet mit einem wilden und abgedrehten Electroclash, der an The Prodigy erinnert. Bis hierhin ist das auch hörenswert, wirkt absolut frisch und unverbraucht. Dann wirft einen das Lied jedoch völlig unvermittelt und ohne jeden Übergang in eine butterweiche, melodische Passage mit Klargesang. Ist das harmonisch? Passt das überhaupt zusammen? Da wird nicht jeder zwei Mal ja sagen.
Für eher traditionell eingestellte Hörer gibt es mit “The Beast” aber auch eine “normale”, wirklich starke Metal-Ballade, die im Gegensatz zu den oben genannten Liedern recht konservativ aufgebaut ist.
Ob man nun bei einem experimentellen oder einem “normalen” Lied des Albums ist, eingespielt haben Soulbound die Stücke sehr sauber. Auch Produktion und Abmischung sind zeitgemäß und geben sich keine Blöße.
Vom Songwriting würde man sich hier und da noch etwas mehr wünschen. In flotteren, weniger komplexen Stücken wie “Crash And Burn” gelingt es Soulbound noch gut, einen eingängigen Sound auf die Beine zu stellen und auch mal einen knackigen Refrain zu liefern. Die wirklich vielschichtigen Stücke des Albums sind dagegen oft weniger zugänglich.
“Addicted To Hell” ist eben kein Album, das man mal schnell nebenher hört. Die enorme stilistische Bandbreite und die vielen, hoch unterschiedlichen Elemente bringen auch einen gewissen Anspruch mit sich. Wie bei vielen reinen Progressive-Metal-Bands gilt auch beim Stilmix von Soulbound: Man muss sich darauf einlassen wollen und es geht nicht um den schnellen Hit.
Fazit
“Addicted To Hell” ist ein vielseitiges und abwechslungsreiches, dabei aber mitunter forderndes Album. Wer die nötige Einarbeitungszeit investiert, für den gibt es darauf einiges zu entdecken.
Qualitativ bewegt sich “Addicted To Hell” damit auf dem Niveau seines Vorgängers, das aber mit völlig anderen Schwerpunkten.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de