Man könnte die Musik von Negură Bunget als Mischung aus Folk-, Black- und Pagan Metal bezeichnen. Doch selbst das kann den breit gefächerten, vielschichtigen Stil der Gruppe nur grob umschreiben. Kein Zweifel: Die bis heute bekannteste Metal-Band Rumäniens ist auch mit die komplexeste.
Anfang 2017 verstarb völlig unerwartet ihr Gründer Gabriel “Negru” Mafa, der seit jeher der kreative Kopf der Band war. Die Geschichte von Negură Bunget hätte damit zu Ende sei können. Vor seinem Tod hatte Gabriel jedoch schon sein Schlagzeug für das kommende Album “Zău” eingespielt und auch einen detaillierten Produktionsplan erstellt. So kündigten die verbliebenen Bandmitglieder 2018 an, das Album nach seiner Vision fertig zu stellen.
Dass das tatsächlich noch passiert, hatten viele mit den Jahren wohl nicht mehr gedacht. Doch hier ist es: “Zău” ist Realität geworden und wird am 26. November veröffentlicht. Negură Bunget fügen ihrer Bandgeschichte damit ein letztes Kapitel an und bringen gleichzeitig ihre Transsilvanien-Trilogie zum Abschluss.
“Zău” enthält fünf lange Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 51 Minuten. Wie schon auf den letzten Alben geht es auch hier wieder um die Natur, Kultur und Mystik Transsilvaniens. Die Texte sind wie immer ausnahmslos auf Rumänisch.
Wie beschrieben vereint die Musik von Negură Bunget verschiedene Metal-Stile miteinander. Sehr häufig kommen aber auch Passagen vor, die für sich genommen mit Metal nichts zu tun haben. Das können akustische Folklore-Passagen sein, aber auch rein elektronische Abschnitte, die in Richtung Ambient gehen.
In welch unterschiedliche Richtungen es bei Negură Bunget geht, zeigt das Stück “Brad”. Mit fast 16 Minuten Laufzeit ist es das mit Abstand längste Stück des Albums. Es startet mit ruhigen Ambient-Klängen, vor denen ein flirrendes Flötenspiel und geflüsterter Textvortrag stehen. Erst nach stolzen sieben Minuten (!) leitet es in ein Metal-Klangbild über. Im Verlauf des Stücks werden mit harschen Blastbeats gar die Black-Metal-Wurzeln der Band gestreift. Seinen Abschluss findet “Brad” schließlich irgendwo zwischen Ambient und Rock.
Auch auf “Zău” ist die Musik von Negură Bunget wieder so vielseitig wie sie auch komplex ist. Das Metal-Fundament ist mal härter und mal weicher, gesanglich gibt es sowohl Growls als auch männlichen und weiblichen Klargesang. Neben den zahlreichen elektronischen Flächen kommen Folklore-Einflüsse in Form von Flöten und sogar einem Alphorn vor.
All das ist aufwändig arrangiert. Die verschiedenen Elemente werden ineinander verzahnt und bilden zusammen ein großes Ganzes. Im Ergebnis klingt der Sound gewohnt atmosphärisch und vereint verschiedene Stimmungsbilder in sich. “Zău” ist typisch Negură Bunget: Vielseitig, verschachtelt, spannend, stimmungsvoll und wenig greifbar.
Zugänglich ist daran nichts. Das waren die Lieder von Negură Bunget ja schon zu Grabriels Lebzeiten nicht, warum sollte es jetzt also anders sein? Man muss sich von dem Konzept schon angesprochen fühlen und es wollen, sonst wird man hier leicht überfordert. Bei der Hand nehmen einen Negură Bunget gewiss nicht – dafür machen sie Musik, die Bilder im Kopf erzeugt.
In Sachen Atmosphäre spielen sich die Höhepunkte dieses Mal vor allem auch im Nicht-Metal-Bereich ab, zum Beispiel in “Iarba Fiarelor”. Das Stück steigt mit einem breiten Ambient-Fundament ein, vor dem verschiedene Flöten spielen. Die Flöten sind nicht an eine feste Melodie gebunden. Sie spielen so frei, so scheinbar zufällig, so mit-, über- und gegeneinander, dass es mich an Vogelgesang im Wald erinnert.
In solchen Momenten ist “Zău” richtig stark. Man muss aber auch sagen, dass nicht alles auf dem Album gleich spektakulär ist. Natürlich sollte man aber auch nicht nur auf die Höhepunkte schielen. “Zău” ist vor allem ein Gesamtkunstwerk und als solches vielseitig und tiefgründig, mithin wirklich gelungen. Zweifellos ist es auch richtig schwere Kost, die sich an anspruchsvolle Hörer richtet.
Fazit
“Zău” ist ein gelungener Abschluss der Transsilvanien-Trilogie und gleichzeitig ein würdiges letztes Album von Negură Bunget.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de