Die Geschichten und Mythen Schottlands, gegossen in melodischen Folk Black Metal. So könnte man das Konzept von Soar beschreiben, der Ein-Mann-Band des schottischen Musikers Andy Marshall.
Am 24. Juni erscheint Saors fünftes Studioalbum „Origins“. Diese Rezension beschäftigt sich näher damit.
„Origins“ enthält sechs Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 41 Minuten. Die relativ spärlichen Texte (dazu später mehr) sind auf Englisch gehalten. Inhaltlich geht es dieses Mal vor allem um die Geschichte der Pikten, eines historischen Volksstamms in Schottland.
Das gesamte Album fußt auf dem Wechsel zwischen zwei sehr unterschiedlichen Klangbildern. Erstens gibt es natürlich das erwartete Metal-Klangbild. Dieses wird jedoch, zweitens, immer wieder von ruhigen, extrem zurückhaltenden Passagen unterbrochen.
Wer die Worte Schottland und Folk hört, der denkt vielleicht, dass hierbei permanent Dudelsäcke zum Einsatz kommen. Dem ist aber nicht so. Dudelsack, Flöte, Akustikgitarre und dergleichen haben zwar ihren Platz. Insgesamt werden die Folk-Instrumente aber bedacht eingesetzt und weniger nach vorne gestellt als man vielleicht erwarten würde.
So beschränken sich die Folk-Instrumente oft auf die ruhigen Abschnitte. In den Metal-Passagen sind sie weniger präsent. Dort sind es die Metal-Instrumente selbst, die mit ihrer Rhythmik und Melodieführung an schottische Traditionals erinnern.
Saors Metal-Klangbild setzt vor allem auf eine sehr saubere, wirklich gute Gitarrenarbeit. Die Metal-Passagen sind melodisch, schwungvoll, dabei aber nicht zu hart. Es herrscht ein sehr voller Sound mit einem Schuss Epik im Hintergrund. Vor alledem stehen dann die mitreißenden Gitarren, gerne auch in höherer Spielgeschwindigkeit.
Was ich in dem ganzen Abschnitt jetzt nicht erwähnt habe: Den Gesang. Denn der kommt wie angedeutet gar nicht so häufig vor. „Origins“ setzt nämlich auf lange, wirklich ausgedehnte Instrumentalpassagen. Wenn die Gitarrenarbeit dann doch mal für die knappen Texte Platz macht, dann kommen die in Form von kräftigem wenn auch nicht spektakulärem Growlscream.
Die ruhigen Passagen, die das Metal-Klangbild unterbrechen, sind recht unterschiedlich aufgestellt. Sie geben den Folk-Instrumenten Raum, sind gern auch komplett akustisch. Mal bieten sie Klargesang mit Akustikgitarre, mal auch nur ein Flüstern vor mysteriöser Geräuschkulisse.
Das Zusammenspiel zwischen Metal- und ruhigen Passagen gelingt sehr gut. Die beiden Gegensätze in der Musik von Saor bilden einen schönen Kontrast, die Übergänge sind fließend und wirken nicht aufgesetzt.
Dass „Origins“ so wenig Gesang einsetzt, ist überhaupt kein Problem. In den langen Instrumentalpassagen entfaltet sich die stimmungsvolle, atmosphärische Wirkung der Lieder nämlich voll. Die breit aufgestellten, mitunter komplex arrangierten Klangbilder halten einiges zu Entdecken bereit.
Umgesetzt wurde all das in einer wirklich gelungenen Form. Durch die dezidiert schottischen, eben nicht beliebig wirkenden Folk-Einflüsse hat „Origins“ außerdem einen hohen Wiedererkennungswert.
Fazit
Ein stimmungsvolles Album mit durchaus eigenem Charakter.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de