Dass Austere nur eingefleischten Black-Metal-Fans ein Begriff sind hat mehrere Gründe. So kommt die Band aus dem fernen Australien und war die längste Zeit über ein reines Studioprojekt. Live tritt die Gruppe erst seit jüngerer Vergangenheit in Erscheinung.
Vor allem haben Austere aber eine mehr als zehn Jahre andauernde Pause eingelegt. Die Auszeit begann irgendwann nach ihrem Album „To Lay like Old Ashes“ von 2009 und dauerte bis 2021. Als die Band dann auf einmal wieder Lebenszeichen von sich gab und sogar live auftrat, versetzte das Fankreise in freudige Erregung.
Nun folgt das womit viele nicht mehr gerechnet hätten. 14 Jahre (!) nach dem zweiten veröffentlichen Austere ihr drittes Studioalbum. Es trägt den Titel „Corrosion of Hearts“ und erscheint am 28. April. Eine Einschätzung dazu erhaltet ihr in dieser Rezension.
„Corrosion of Hearts“ kommt mit vier langen Liedern auf eine Gesamtspielzeit von 46 Minuten. Worum es inhaltlich geht kann ich euch nicht sagen, denn mir liegen die Texte nicht vor. Das macht aber weiter gar nichts, denn bei Bands wie Austere ist es der Sound selbst, der zu einem spricht.
Die Gruppe gehört zu den künstlerisch anspruchsvollen Vertretern ihres Genres. Eine dichte Atmosphäre und ein stimmungsvolles Klangbild stehen im Vordergrund – nicht die Texte und ganz sicher auch nicht die Härte. Lasst uns die vier Lieder im Einzelnen näher beleuchten.
„Sullen“ hat einen sehr melodischen, fast rockigen Sound und ein mittleres Spieltempo. Neben dem tiefen Growl kommt auch Klargesang vor. Viele Gitarrenspuren laufen übereinander, wodurch ein sehr volles Klangbild entsteht. Ohnehin wurde auf die Gitarrenarbeit viel Wert gelegt. Das selbe Riff zieht sich praktisch durch das ganze Stück und entfaltet einen fast schon hypnotischen Charakter. Erst mit der Zeit fällt auf, dass die Melodie der Gitarre durch textlosen Vokalgesang flankiert wird.
„A Ravenous Oblivion“ läuft ebenso wie das erste Stück im Midtempo ab und hat ein wirklich volles Klangbild. Das Stück hat eine besonders hohe gesangliche Bandbreite, zu den Growls gesellen sich nun sehr ausdrucksstarke Screams. Den Hintergrund füllt ein treibendes Schlagzeugspiel, das recht nahe an den Blastbeats des klassischen Black Metal steht.
„The Poisoned Core“ drosselt das Spieltempo weiter nach unten. Man hört extrem verzerrte Screams und ein abermals hypnotisches Riffing. Die Fülle kommt nicht mehr nur durch mehrere übereinandergelegte Gitarrenspuren, es scheinen auch Streicher im Einsatz zu sein – oder zumindest Keyboard-Schleifen, die wie Streicher klingen.
Das letzte Stück „Pale“ beginnt mit Ambient und Klavier. Es entfaltet sich als ruhiges, verträumtes Stück mit Klargesang. Kämen später nicht noch die Screams hinzu, würde man „Pale“ wohl als Post Rock bezeichnen. Jedenfalls hat es eine sanfte, getragene Stimmung und läuft ohne Blastbeats oder dergleichen ab. Der Metal-Anteil ist in „Pale“ am geringsten.
Das waren sie nun, die vier Lieder von „Corrosion of Hearts“. Was soll ich sagen? Von der Atmosphäre her ist das Album richtig stark. Die vielen Gitarrenspuren und das gute Riffing entfalten einen melodischen Sog, der den Hörer fesselt. Man sollte diese Form der Eingängigkeit aber nicht missverstehen. Wir reden hier nicht von Ohrwurm-Refrains oder dergleichen, denn die gibt es auf dem Album nicht. Es ist nicht der nächste Refrain, der einen hier mitnimmt, sondern das melodische Klangerlebnis als großes Ganzes.
Was man auch nicht erwarten sollte, sind halsbrecherische Soli oder sonstige Einzelaktionen. Rein technisch ist das was Austere hier machen nicht extrem aufwändig. Wer sich für diese Art von Album interessiert, dem ist das aber wahrscheinlich klar – es geht um die Kunst und nicht um das Handwerk.
Und künstlerisch steht „Corrosion of Hearts“ weit oben. Die Klangbilder, die Austere hier an die Wand werfen, sind packend und atmosphärisch dicht. Der Sound lädt dazu ein, einzutauchen und die Gedanken schweifen zu lassen. All das setzen die Australier auf ihrem neuen Album gut, sauber gespielt und ohne Längen in die Tat um.
Fazit
Mit „Corrosion of Hearts“ gelingt Austere eine bemerkenswerte Rückkehr.
Punkte: 8.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de