„The Engineered Flesh“, das dritte Album der Melodic-Black-Metal-Band Lyfthrasyr, war eigentlich schon 2012 fertig gestellt. Nach Aussage von Mastermind Aggreash ist es aber „beinahe unmöglich, heutzutage noch ein halbwegs gutes Angebot von einer Plattenfirma an Land zu ziehen“. So dauerte es ein Jahr, bis die Band einen passenden Vertriebsweg gefunden hat.
Nun sind die organisatorischen Probleme aber aus der Welt geräumt und „The Engineered Flesh“ erscheint am 29. November – fast auf den Tag genau sechs Jahre nach dem Vorgängeralbum „The Recent Foresight“.
Früher waren Lyfthrasyr als Trio unterwegs, mittlerweile besteht die Band aus vier Musikern. Seit einiger Zeit ist einer davon Nefastus, der ehemalige Schlagzeuger von Belphegor. In der Besetzung hat sich bei Lyfthrasyr seit „The Recent Foresight“ also einiges geändert, vom Sound her geht die Band aber ihren bekannten Weg weiter.
Das leider nur 41 Minuten lange „The Engineered Flesh“ bietet elektronisch unterfütterten Melodic Black Metal, der sich oft und gerne im Hightempo abspielt. Die vom letzten Album bekannten Eigenarten hält das neue Werk dabei weiter aufrecht. So gibt es immer wieder abrupte Wechsel zwischen sehr harten und weicheren Passagen, wobei in den weicheren Abschnitten mitunter ein Flüstern an die Stelle des Gesangs tritt.
Einen besonderen Stellenwert nimmt erneut das Schlagzeug ein. Einerseits trägt es durch seine enormen Blast-Gewitter zu der großen Härte des Albums bei, andererseits wird es keinesfalls als bloßes Begleitinstrument eingesetzt. So ist es oft genau auf den Gesang abgestimmt. Im Opener „The New Era Of Immortality“ schließen zum Beispiel kurze, präzise Trommelwirbel die Halbsätze des Gesangs ab. Man kann darin beinahe schon einen Call and Response zwischen Gesang und Schlagzeug sehen. Auf jeden Fall ungewöhnlich.
Hervorzuheben ist auch der große Spagat zwischen Härte und Zugänglichkeit, der Lyfthrasyr auf „The Engineered Flesh“ erneut gelingt. Das Album hat einen teils gewaltigen Vortrieb und eine hohe Intensität. Mit weicheren Liedern wie „Technological Singularity“ oder dem fast balladesken „Life Overdose“ spannen Lyfthrasyr dann aber auch den Bogen in etwas ruhigere Gefilde. Auch in den härteren Momenten bleibt das Album aber durch die insgesamt melodische Inszenierung immer zugänglich.
An der melodischen Ausrichtung hat nicht zuletzt auch das Keyboard seinen Anteil, das mal mit elektronischen Schleifen und mal als klassisches Klavier um die Ecke kommt. Es fügt sich dabei gut in das jeweilige Klangbild ein und wirkt nie aufgesetzt. Sowieso steht „The Engineered Flesh“ technisch sauber dar und stimmt alle Klangspuren gelungen aufeinander ab. Auch die Übergänge zwischen härteren und weicheren Passagen sind sauber und nie abgehakt.
Ein wenig drauflegen könnten Lyfthrasyr in Zukunft noch beim Umfang und beim Songwriting. „The Engineered Flesh“ hat durchaus markante Momente, ein richtiger Hit wie „Venture and Value“ vom vorherigen Album ist aber nicht unbedingt mit dabei. Alles in allem ist „The Engineered Flesh“ dennoch eine wirklich runde Sache – hoffentlich dauert es jetzt nicht wieder sechs Jahre bis zum nächsten Album.
Fazit
Ein gelungenes Album in einem sehr eigenen Stil.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de