My Own Private Alaska – Let This Rope Cross All The Lands

My Own Private Alaska sind eine Band, die direkt hervorsticht: Die Franzosen setzen auf Schlagzeug, zwei Klaviere und einen kernigen Frontgesang, der häufig in Screams übergeht. Mit diesem „Screams trifft Klavier“-Konzept und komplett ohne Gitarren spielt die Band einen sehr eigenen Stil zwischen Crossover, Rock und Metal.

2020 hat die Gruppe ihr zehn Jahre altes Debütalbum neu aufgelegt. Ein neues Album ist zwar noch nicht in Sicht, immerhin aber eine EP. Die trägt den Titel „Let This Rope Cross All The Lands“ und erscheint am 26. März.

„Let This Rope Cross All The Lands“ enthält fünf englischsprachige Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 22 Minuten. Nicht alle der Lieder sind neu. Es gibt darunter auch ältere Stücke, die bisher aber nicht oder nur in kleinem Rahmen veröffentlicht worden sind.

Welches der fünf Lieder jetzt neu ist und welches nicht, weiß ich nicht zu sagen. Für mich spielt es auch keine Rolle, denn „Let This Rope Cross All The Lands“ ist mein erster Kontakt mit der Band. So wird es wahrscheinlich auch den meisten von euch gehen, denn My Own Private Alaska waren zehn Jahre lang, nunja, von der Bildfläche verschwunden. Als sie damals gingen, waren sie nicht sonderlich bekannt.

Den Stil der Band habe ich ja oben schon kurz umrissen – doppelte Klavier-Power und kräftiger Gesang treten zu einer Reise von Rock bis Metal an. Im einzelnen sind die Lieder auf der EP dann aber doch so unterschiedlich, dass wir sie hier einfach der Reihe nach durchgehen.

Los geht es mit „Your Shelter“. Das kürzeste und auch härteste Stück der EP ist ein echter Brecher. Die Band fährt sowohl Härte als auch Geschwindigkeit hoch und liefert hier einen richtig mitreißenden Song, der auch durch ein Wechselspiel zwischen Klargesang und Screams geprägt wird. Für mich klingen My Own Private Alaska hier wie eine Mischung aus In Legend und Fjørt.

In Legend war eine Piano-Metal-Band, die vor sechs Jahren, nunja, von der Bildfläche verschwunden ist. An die erinnert mich „Your Shelter“, weil My Own Private Alaska hier wirklich Richtung Metal gehen und einen richtig harten Sound aus ihren Klavieren rausholen. An Post-Rock-Bands wie Fjørt erinnern mich dabei die ungeschliffene Machart, die ein bisschen nach „einfach drauflos“ klingt, sowie die Screams als Anleihen aus den Core-Genres.

Der Haken an „Your Shelter“: Das Lied ist nicht gut abgemischt. Im Vorfeld der EP hatten My Own Private Alaska eine herausragende, bearbeitete Live-Version des Stücks als Musikvideo veröffentlicht. Die war richtig klasse und dürfte bei vielen überhaupt erst das Interesse an der EP geweckt haben. Bei der hier zu hörenden Studioversion sind der Sound schlechter und der Gesang zu leise.

Weiter geht es auf der EP mit „There Will Be No One“. Metal ist jetzt Geschichte und wird es auch bis zum Ende der EP bleiben. „There Will Be No One“ präsentiert sich als lebhaftes Rock-Stück, in dem die Screams nur noch in den Spitzen vorkommen. Stattdessen geht Sänger Matthieu teils in eine Art Sprechgesang über. Ich kann nur wiederholen: Die Lieder sind hoch unterschiedlich.

„Red“ unterstreicht das noch einmal deutlich. Die Ballade des Albums ist traurig und ruhig. Sie steht damit dem am nächsten, was man gemeinhin bei Klaviermusik erwartet. Auch in ihrer Ballade hat die Band aber nicht darauf verzichtet, den Gesang gelegentlich in die Screams hochzuschrauben. Das Ergebnis klingt zu keiner Zeit holprig oder aufgesetzt. Auch in die eher gedämpfte Ballade integrieren My Own Private Alaska ihre Screams in gelungener Weise.

„Speak To Me“ ist im Prinzip auch eine Ballade, aber ein bisschen lebhafter. Hängen bleibt von dem Stück vor allem sein richtig knackiger Refrain. Ihren Abschluss findet die EP schließlich in dem Midtempo-Stück „Ego Zero“ und seiner griffigen Melodie.

Insgesamt liefern My Own Private Alaska hier einen sehr ungewöhnlichen Stil, eine abwechslungsreiche Umsetzung und ein gutes Songwriting. Trotz der oben genannten Schnitzer im härtesten Stück ist „Let This Rope Cross All The Lands“ definitiv ein hörenswertes Stück Musik.

Fazit

Eine interessante EP mit sehr eigenem Stil, hohem Wiedererkennungswert – und dem Wermutstropfen, dass die Studioversion von „Your Shelter“ weit hinter der Live-Version zurückbleibt.

Auf eine Punktewertung wird wie bei allen EPs verzichtet.

(ohne Punktewertung)

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de