Tenhi – Saivo

Es gibt immer mal wieder Bands, die stilistisch komplett aus der Reihe fallen. Eine davon ist ganz sicher die finnische Folk-Gruppe Tenhi, die auch nach den 15 Jahren ihres Bestehens beinahe einzigartig ist. Wie es für solch eine Band fast schon üblich ist fallen die Reaktionen auf die Musik der Finnen stets sehr unterschiedlich aus.

Jene, die den mystisch-melancholischen Klängen der Gruppe zugetan sind, warten nun schon seit fünf Jahren auf ein neues Album der Band. Nun ist es soweit und Tenhi kehren mit “Saivo” zurück an das Auge der Öffentlichkeit.

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Tenhi stehen schon seit jeher für eine Lied gewordene Schwermut – klanglich wie inhaltlich. Daran hat sich auch in fünf Jahren ohne eine Veröffentlichung nichts geändert. So wundert es kaum, dass die Finnen “Saivo” zum Thema ihres neuen Albums gemacht haben – die Totenwelt in der Kultur der finnischen Samen.

Herausgekommen ist ein Werk von stolzen 70 Minuten, das von der musikalischen Inszenierung her das bislang bekannte Konzept von Tenhi konsequent fortträgt. So geht die Reise abermals hinein in ruhige, behäbige Klangwelten, die meist einen minimalistischen Aufbau haben, denen aber dennoch eine starke Atmosphäre innewohnt.

Die zurückhaltende, gewollt karge Aufmachung der Lieder ist es auch, an der sich bei Tenhi oft die Geister scheiden. Viele Hörer können sich mit der getragen-atmosphärischen Musik der Gruppe nicht anfreunden, weil über weite Strecken hinweg einfach sehr wenig passiert. So genügen Tenhi phasenweise schon ein ruhiger Gitarrenakkord im Nichts oder leise Klavier- und Cellonoten vor Windesrauschen. Andere finden genau diese eigenwillige, auf das nötigste reduzierte Machart der Band aber enorm fesselnd.

Diese enorm gegensätzliche Wahrnehmung, die Tenhi entgegengebracht wird, versinnbildlicht sich oft auch bei Konzerten der Band. 2007 konnte ich Tenhi mal auf einem Festival live erleben – Zu Beginn ihrer Vorstellung wendeten sich viele der Festivalbesucher gelangweilt ab, andere hingegen waren in den Traumwelten der Band gefangen. Ich für meinen Teil möchte dieser Besonderheit dahingehend Rechnung tragen, dass ich in dieser Rezension auf eine Punktewertung verzichte.

Zu “Saivo” greifen sollten in jedem Fall aber nur die Freunde der ganz ruhigen Folklore. Bei Tenhi herrscht nämlich oft eine derartige Stille, dass man ihre Musik durchaus als akustischen Ambient bezeichnen könnte. Fast akustisch zumindest, denn gelegentlich bringt zum Beispiel ein E-Bass auch sachte Rock-Einflüsse mit ein. Diese kommen auf “Saivo” aber nur in homöopathischen Dosen zum Einsatz, denn mit Rockmusik hat das Album an sich wirklich nichts gemein.

Stattdessen stehen derart bedächtige, fast schon verschwindende Klänge auf dem Programm, dass auf “Saivo” selbst eine helle Flöte still und traurig klingt. Hierzu passt der träge und mystische Flüstergesang, der wirkt wie das Raunen eines Schamanen. Die Liedsprache ist dabei – natürlich – Finnisch.

Fazit

“Saivo” ist ein anspruchsvolles, nicht leicht zugängliches Album, das für viele wohl ein Buch mit sieben Siegeln bleiben wird.

Wer sich mit dem eigenwilligen Konzept von Tenhi aber grundsätzlich anfreunden kann, erhält mit “Saivo” ein atmosphärisches, mystisches und keinesfalls alltägliches Werk, das dazu einläd, die Gedanken schweifen zu lassen.

(ohne Punktewertung)

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de