Bei The Privateer aus Süddeutschland handelt es sich um eine Metal-Band im Piraten-Stil. Im Oktober hat die Gruppe mit „Facing The Tempest“ in Eigenregie ihr Debütalbum herausgebracht, am 20. April erscheint es mit der Hilfe eines Plattenlabels neu.
Hat die Band Potenzial oder erwartet einen bloß ein billiger Alestorm-Abklatsch?
Die Piraten-Thematik boomt. Von Alestorm bis Swashbuckle im Metal, von Cultus Ferox bis In Extremo im Mittelalter Rock – Freibeuter und Seemannsgarn sind in der Musik schon seit einigen Jahren allgegenwärtig. Da tut sich schnell der Verdacht auf, dass The Privateer schlicht und einfach auf diesen Zug aufspringen wollen, um ohne viel Eigeninitiative im Markt mitzumischen.
Besteht also die Befürchtung, dass die Newcomer einfach den Genre-Primus Alestorm nachahmen? Nein, denn auf ihrem 45 Minuten langen Debüt setzen The Privateer durchaus eigene Akzente und kopieren nicht bloß irgendwen.
Hierzu bedienen sich die sechs Musiker einem Fundament aus melodischem Metal, dass sie sowohl mit Anleihen aus dem Folk Metal wie auch aus dem Power Metal variieren.
Die zwei großen Konstanten, die sich durch das ganze Album ziehen, sind zum einen die durchgehend sehr helle, von Gitarren dominierte Melodieführung und zum anderen die Präsenz einer Geige. Über diese zwei gleich bleibenden Punkte hinaus variieren The Privateer so gut wie alles.
Da ist die Spielgeschwindigkeit, die mal überschaubar gediegen bleibt („Dawn Of A Sailsman“) und mal auf Power-Metal-Tempo beschleunigt („Descent To Hades“). Da ist die Grundstimmung, die mal folkig, mal heiter und mal episch ausgelegt wird. Und da ist vor allem auch der Gesang. Mal stellen The Privateer nämlich melodischen Klargesang in den Vordergrund, mal nehmen sie sich Zeit für ausgedehnte Chor-Passagen, mal lassen sie einen rauen Scream-Gesang die Führung übernehmen und mal verschwindet dieser wieder eine ganze Zeit lang.
Auch die Folk-Instrumente sind stets im Wandel. Die Oberhand behält hier zwar stets die Geige, doch manchmal kommen auch Akustikgitarre und Klavier vor. Im Stück „Port Corrad“ spielt dann auf einmal noch ein Akkordeon zum Schunkeln auf, was im ganzen Rest des Albums nicht mehr vorkommt.
Schnell wird auf „Facing The Tempest“ also deutlich, dass The Privateer noch stark mit der Stilfindung beschäftigt sind. All die Variationen, vom Instrumentarium bis hin zu solch elementaren Dingen wie dem Leadgesang, lassen manchmal einen wirklichen roten Faden vermissen und das Album etwas zusammengewürfelt wirken.
Das allerdings führt auch zu dem Vorteil, dass „Facing The Tempest“ mit enorm viel Abwechslung aufwarten kann. Dass die Freibeuter ihren Stilfindungsprozess noch nicht abgeschlossen haben, wirkt sich also nicht nur negativ aus. Die spielerischen Fertigkeiten der Band sind übrigens schon absolut zufriedenstellend, manchmal kommen sogar hörenswerte Solopassagen durch.
So gerät „Facing The Tempest“ zu einem durchaus stimmungsvollen, wenn auch teils chaotisch anmutenden Album. Wenn nun noch etwas am Songwriting gefeilt wird – ein paar packende Refrains dürften es noch sein – dann hört man bestimmt noch von dieser Band.
Fazit
The Privateer sind noch neu an Bord des musikalischen Piratenschiffs. Das hört man auf „Facing The Tempest“ auch noch, da die Band bislang noch nach ihrem finalen Stil sucht.
Trotz Debütantenstatus gelingt der bunten Truppe aber ein durchaus hörenswertes Album. The Privateer sollte man also definitiv mal im Auge behalten.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de