2008 hat der Musiker Harry Schwarz ein Mittelalter-Rock-Album namens „Via Draconis“ veröffentlicht. In Kürze wird sich Schwarz mit einem neuen Album zurückmelden, hat dafür jedoch sein Soundkonzept komplett umgekrempelt.
Für das neue Werk „Halt mich wach“ lässt Harry Schwarz, der im bürgerlichen Leben übrigens Dirk Weber heißt, die Dudelsäcke in der Schublade. Anstelle von Mittelalter Rock wird nun Gothic Rock geboten. Alles weitere zu „Halt mich wach“ erfahrt ihr in dieser Rezension.
Es sei vorausgestellt, dass die zu sehende Grafik nicht etwa das finale Cover der CD ist, sondern das Bandlogo von Harry Schwarz. Ein offizielles CD-Cover scheint es (noch?) gar nicht zu geben. Doch nun zur CD an sich. „Halt mich wach“ beinhaltet elf Lieder, das letzte davon ist als Bonusstück gekennzeichnet. Mit einer Gesamtspielzeit von über einer Stunde ist das Album recht umfangreich.
Harry Schwarz widmet sich auf „Halt mich wach“ einem nicht besonders harten Rocksound, der in mittlerem und niedrigem Tempo gespielt wird. Die Atmosphäre des Albums ist düster gehalten, die Klangfarbe an sich jedoch melodisch. Als prägend erweisen sich zahlreiche Solopassagen der Gitarre.
Der Gothic-Anstrich des Albums schöpft sich neben der düsteren Atmosphäre rein musikalisch hauptsächlich aus einer elektronischen Begleitung des Sounds. Die Elektro-Untermalung wird aber nur sehr zaghaft eingesetzt und spielt eine deutlich geringere Rolle als bei vergleichbaren Künstlern. Im Gothic Rock des Harry Schwarz ist der Rock-Anteil also deutlicher ausgeprägt als die Gothic-Seite.
Instrumental und gesanglich stellt „Halt mich wach“ keine neuen Maßstäbe auf, kann sich aber durchaus sehen lassen – auch wenn man natürlich keine Hochglanzproduktion in den Händen hält. Dieser Umstand wird schon allein dadurch deutlich, dass manche der Lieder schlicht und einfach in einer hörbar unterschiedlichen Lautstärke von der CD kommen.
Die Liedtexte des Albums sind, von „Herr Mannelig“ einmal abgesehen (dazu später mehr), alle in deutscher Sprache verfasst. Inhaltlich schneidet Harry Schwarz mit unter sehr ernste Themen an, so zum Beispiel Kindesmissbrauch („Blind“) oder Selbstverletzung („Schmerz“, „Tropfen für Tropfen“). Ein gewisses Maß an Depressions-Resistenz seitens der Hörer ist an manchen Stellen also nicht unvorteilhaft.
Bedeutende Längen weist das einstündige Werk nicht auf, Schwarz variiert zwischen Balladen und rockigeren Stücken und sorgt für genügend Abwechslungsreichtum. Auffallend ist das Stück „Herr Mannelig“, das wohl als Relikt aus den Mittelalter-Tagen von Harry Schwarz zu deuten ist. Bei „Herr Mannelig“ handelt es sich nämlich um eine altschwedische Ballade, die durch zahlreiche Interpretationen – unter anderem von In Extremo und Haggard – einige Bekanntheit erlangt hat. Auch die Version von Schwarz ist gelungen.
Des Weiteren stechen auf „Halt mich wach“ die Stücke „Wolfsspuren“ und „Mein Herz Schlägt Schnell“ hervor. Ersteres, weil es ein Cover von ASP ist, und letzteres, weil Schwarz in diesem Stück zum Abschluss des Albums doch noch einmal zum Dudelsack greift.
Fazit
Sicher, es gibt rein musikalisch besser gespielte Alben, Alben mit größerem Bombast oder mehr Ohrwürmern. Doch für die Möglichkeiten eines fast gänzlich unbekannten Musikers ohne Plattenlabel im Rücken hat Harry Schwarz mit „Halt mich wach“ ein hörenswertes, sympathisches Werk hervorgebracht.
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de