Cantus Buranus. Wenn diese zwei Worte fallen, wissen Mittelalter-Fans sofort was es geschlagen hat. Unter diesem Titel hat nämlich die Mittelalter-Band Corvus Corax vor einigen Jahren die mittelalterliche Liederschrift Carmina Burana als Orchesterwerk vertont.

2008 erschien dann der zweite Teil ihrer Interpretation der Carmina Burana auf CD. Die dazugehörige Live-Show wurde am 18. März 2009 in München für die kommende Live-DVD aufgezeichnet. Veröffentlicht wird das Werk am 6. August, just dem Tag, an dem Corvus Corax ihre Orchestershow zum wiederholten Male auf dem Wacken Open Air präsentieren – dieses Mal als Headliner nach Slayer!

Wie die DVD geworden ist verrät euch diese Rezension.

Cantus Buranus II live in München erscheint in zwei Varianten. Die eine ist das Komplettpaket bestehend aus DVD und Doppel-CD, die andere ist die Doppel-CD ohne DVD. Auf meinem Rezensionstisch liegt die DVD aus dem Komplettpaket, die mit einer Gesamtlaufzeit von etwa drei Stunden und 20 Minuten reichlich gefüllt ist.

Die Laufzeit des eigentlichen Konzertes, das im März 2009 in der Münchener Olympiahalle aufgenommen wurde, beträgt eine Stunde und 45 Minuten. Der Rest der Gesamtlaufzeit entfällt auf den Bonusinhalt, der aus einem Mitschnitt des Auftrittes auf dem Summer Breeze Festival 2009 sowie aus Material von der China-Tournee Ende 2008 stammt.

Zum Bonusmaterial später mehr, zunächst möchte ich mich dem Kernstück der DVD widmen, also dem München-Konzert. Was Corvus Corax hier auf die Bühne stellen, ist einfach nur monumental. Die Könige der Spielleute stehen bei ihrem Konzert zusammen mit dem knapp 30 Stimmen umfassenden Passionatachor Süd sowie dem ebenfalls knapp 30-köpfigen Bohemian Symphonie Orchestra Prague unter Dirigent Bernard Fabuljan auf der Bühne. Die Liedsprache des gesamten Werkes ist übrigens Latein.

Bei einigen Liedern erhalten Corvus Corax auch Unterstützung durch die Solo-Sopranistin Ingeborg Schöpf (Staatsoperette Dresden), die auch schon am ersten Teil von Cantus Buranus mitwirkte. Diese erstklassige Besetzung wurde für „Live in München“ in einer ebenso erstklassigen Lokalität eingefangen: Cantus Buranus II wird in der bestuhlten Münchener Olympiahalle dargeboten, einer Festhalle mit gut 12.000 Plätzen.

Die Liste der teilnehmenden Musiker verrät eigentlich schon, dass die gezeigten musikalischen Leistungen überragend sind. Jedoch ist Cantus Buranus II so viel mehr als nur die Summe der partizipierenden Künstler. Corvus Corax haben mit ihrem Projekt ein Monumentalwerk geschaffen, das die Carmina Burana in einer nicht gekannten Aktualität in die Neuzeit trägt.

Dabei vereinen die Spielleute scheinbar mit Leichtigkeit Spartenmusik und Hochkultur und ziehen mit ihrem Schaffen die verschiedensten Menschen in ihren Bann, egal ob Stammpublikum auf Mittelaltermärkten oder bei Orchesterdarbietungen.

Die Kombination von Corvus Corax mit Chor und Orchester funktioniert auf der DVD jederzeit hervorragend. Dank mehreren Schlagwerken und einer Reihe an Dudelsäcken bringen Corvus Corax auch bei ihren Einzelkonzerten einiges an Druck und Wirkung auf die Bühne. Mit der zusätzlichen Wucht eines 30-köpfigen Orchesters und eines 30-köpfigen Chores gelingt den Musikern aber ein geradezu bombastisches Klangerlebnis.

Auch für das Auge wird auf der DVD einiges geboten. Unter der Federführung von Theater- und Veranstaltungs-Regisseur Gert Hof entstand eine abwechslungsreiche Bühnenshow, bei der stets gelungene Lichteffekte und wechselnde Kostüme zu sehen sind. Zu „In Orbem Universum“ treten Corvus Corax beispielsweise in ägyptischen Gewändern und mit Feuerschalen in den Händen auf die Bühne. Ein Lied später stößt Sopranistin Ingeborg Schöpf dann als eine Art Nofretete hinzu.

Insgesamt ist die optische Untermalung der hervorragenden musikalischen Darbietung durchweg gelungen. Auch die technische Machart der DVD überzeugt, die Atmosphäre der Show wurde gekonnt und in starken Bildern eingefangen. Eine kleine Notiz am Rande: Bei Beginn eines neuen Liedes wird stets dessen Titel eingeblendet. Sehr schön! Dieses Detail ist nun wirklich nicht aufwändig, auf Musik-DVDs leider aber immer noch nicht Standart geworden.

Das Bonusmaterial der DVD besteht wie erwähnt aus dem Auftritt auf dem Summer Breeze Festival 2009 sowie aus Aufnahmen der China-Reise Ende 2008. Das Konzert auf dem Summer Breeze Festival dauert eine Stunde und ist ebenfalls sehr sehenswert, leider wurde hier aber auf die Liedeinblendungen verzichtet.

Die China-Dokumentation besteht aus kürzeren Konzertaufnahmen – Cantus Buranus mit traditionellen chinesischen Instrumenten – und Filmmitschnitten von Erlebnissen in China. Unter anderem wird gezeigt, wie Corvus Corax mit drei Mann „Chou Chou Cheng“ auf der Chinesischen Mauer spielen, alles wirklich sehenswert.

Leider vereint das gesamte Bonusmaterial, dass dessen Bildqualität nicht die beste ist. Vor allem das Konzert auf dem Summer Breeze Festival ist an manchen Stellen erkennbar grobkörnig. Der musikalischen Darbietung wird man so nicht gerecht. Verschuldet wurde dies offensichtlich dadurch, neben dem München-Konzert auch noch das gesamte Bonusmaterial auf eine (!) DVD zu pressen. Eine Extra-DVD für das Bonusmaterial wäre besser gewesen. Welcher Sparfuchs hier auch immer an der falschen Stelle tätig wurde, man möge ihm den Rotstift abnehmen!

Der visuelle Abstrich beim Bonusmaterial tut der DVD an sich aber keinen Abbruch. Mit dem hier so erstklassig wiedergegebenen München-Konzert und dem grandiosen Projekt Cantus Buranus haben sich Corvus Corax wieder einmal ein Denkmal gesetzt.

Fazit

Herausragend.

Corvus Corax schaffen mit dem zweiten Teil von Cantus Buranus einen weiteren Meilenstein der Mittelaltermusik – aller erste Wahl!

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de