Den 11. Februar werden Dornenreich-Fans begehen wie einen Feiertag. Dann nämlich erscheint mit „Flammentriebe“ das siebente Album der österreichischen Dark-/Black-Metal-Band. Mit ihrem neuen Werk orientiert sich die Gruppe wieder stärker in Richtung Black Metal.
Eine Einschätzung dazu erhaltet ihr im Folgenden.
„Flammentriebe“ enthält acht Stücke, insgesamt 47 Minuten lang, mit – ja, mit was eigentlich? Dark Metal? Black Metal? Eine klare und alleingültige Definition der Musik von Österreichs Metal-Avantgardisten hat es noch nie gegeben und gibt es auch weiter nicht. Fest steht jedoch, dass sich Dornenreich wieder ein ganzes Stück näher dem Black Metal zuwenden.
Mit diesem als Fundament erschaffen Dornenreich dann ihren ganz eigenen Klang, in dem Genre-Grenzen verschwimmen und man sich durch kein Raster gebunden fühlt. Und auch wenn im Vergleich zu früheren Werken eine Veränderung wieder mehr in Richtung Black Metal nicht zu überhören ist, bleibt „Flammentriebe“ doch in erster Linie stets als Werk von Dornenreich zu erkennen.
Hierzu trägt erneut vor allem der charakteristische Gesang von Evíga bei. Nur selten, und damit heben sich Dornenreich auch schon wieder vom „typischen“ Black Metal ab, geht der Gesang in echte Screams über. Stattdessen herrscht ein sehr harscher Klargesang vor, der sich manchmal in ein Fauchen steigert, beizeiten aber auch nur als Hauchen, als leises Flüstern aus den Lautsprechern dringt.
Bezeichnend für Dornenreich sind auch auf „Flammentriebe“ wieder die Einflüsse klassischer Musik, die sich in Form von Akustikgitarre und Geige zeigen. Packend sind dabei die Übergänge, bei denen das Klangbild zuweilen in Sekundenbruchteilen von Black Metal auf Instrumentalakustik umschlägt – und wieder zurück.
Diese spielenden Wechsel von Black Metal auf Akustik, mit denen Dornenreich einen weiten, keinesfalls aufgesetzt wirkenden Bogen über scheinbar gegensätzliche Klangelemente spannen, charakterisieren das gesamte Album. Zusammen mit dem nachdenklichen Gesang, der von Kreischen bis Flüstern alles abdeckt, und der steten Geigenbegleitung, sowohl in Akustik- als auch in Metal-Passagen, zeigt sich „Flammentriebe“ als bestechendes, stimmungsintensives Kunstwerk.
Leicht zugänglich ist das Album allerdings nicht. Man muss sich schon darüber im Klaren sein, was für eine CD man sich hier ins Haus holt. Fans von Oldschool Black Metal, die ein einfache, harte Vollgas-Platte vorziehen, werden mit Dornenreich nicht glücklich. Wahrscheinlich würden sie die Akustik-Einlagen als störend und den Gesang als zu weich empfinden. Wer dem avantgardistischen, auch durchaus experimentierfreudigen Konzept von Dornenreich aber grundlegend positiv gegenübersteht, der erhält ein tadellos musiziertes, facettenreiches Werk, das eine ganz eigene, außergewöhnliche Atmosphäre entfaltet.
Diese wartet darauf, sich den Hörern in den zahlreichen Facetten von „Flammentriebe“ zu erschließen. Das geneigte Publikum entdeckt auf seiner Reise durch das Werk einen sich von gesprochenem Textvortrag bis hin zu ekstatischem Kreischen hochschaukelnden Gesang („Flammenmensch“), beachtliche Frage- und Antwortspiele zwischen Flüstern und Schreien („Wandel geschehe“), leichtfüßige Geigenmelodien vor Walzen von Blastbeats („Der wunde Trieb“) und vieles mehr.
Ihrer Sturm- und Drang-Phase tragen Dornenreich mit „In allem Weben“ Rechnung. Es handelt sich um ein Stück, das zwar mit Akustik-Phasen beginnt und abschließt, nicht aber von solchen unterbrochen wird. Hier sind die Anleihen an die frühen Black-Metal-Werke am deutlichsten.
Mit „Erst deine Träne löscht den Brand“ ist auf „Flammentriebe“ auch ein sehr gelungenes instrumentales Stück enthalten. Typisch für Dornenreich spielt es geradezu mit den Erwartungen der Hörer und bricht die gefestigten Regeln der Musik mit Genuss. Von verträumten Akustikklängen aus steigert es sich weiter und weiter hoch. Die E-Gitarre setzt ein. Das Schlagzeug wird härter. Das Lied wird schneller. Es steigert sich weiter und weiter. Wo man dann eine Explosion erwartet – klingen leise Akkorde der Akustikgitarre.
Fazit
Uneingeschränkt Empfehlenswert.
Dornenreich gelingt mit „Flammentriebe“ erneut ein mehr als eindrucksvolles Werk, mit dem sie nahtlos an die Glanzstücke ihrer bisherigen Bandgeschichte anknüpfen.
Punkte: 9 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de
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