Amon Amarth – Surtur Rising

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Amon Amarth mit ihrem herausragenden Album „Twilight Of The Thunder God“ ihren Stil auf eine neue Stufe führten, von ihren Frans frenetisch bejubelt wurden, reihenweise Höchstnoten in der Presse absahnten und Melodic Death Metal in die Top Ten der deutschen Albumcharts hievten.

Nach diesem Meilenstein der Death-Metal-Geschichte steht mit „Surtur Rising“ nun der nächste Streich der Schweden in den Startlöchern. Erscheinen wird das neue Album am 25. März. Dass es schlecht wird erwartet sowieso niemand und so ist die einzige Frage, die sich im Vorfeld stellt: Kann „Surtur Rising“ mit „Twilight Of The Tunder God“ mithalten?

Die Antwort lautet nein.

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Es gibt hin und wieder CD-Rezensionen, bei denen weiß man als Redakteur gar nicht wo man anfangen soll. Auch „Surtur Rising“ ist so ein Fall, denn es gibt sehr viel zu erzählen. Zunächst möchte ich vorwegschicken, dass sich „Surtur Rising“ deutlich von „Twilight Of The Thunder God“ unterscheidet, das neue Werk ist alles andere als eine Neuauflage des Erfolgsalbums.

Das Problem daran: Von Seiten der Fans wurde wahrscheinlich erwartet, dass „Surtur Rising“ direkt an „Twilight Of The Thunder God“ anknüpft. Vor einem Monat wurde vorab schon der Opener von „Surtur Rising“ veröffentlicht, das Stück „War Of The Gods“. Bis heute hat das Lied auf Youtube schon mehr als 300.000 Aufrufe gesammelt – die Vorboten eines anstehenden Charterfolgs?

Seine über 300.000 Aufrufe hat „War Of The Gods“ auch mehr als verdient. Das Stück geht kompromisslos nach vorne, hat ein schon beim ersten Hören eingängiges Riffing, einen wahrhaft mitreißenden Refrain, packend aggressiven Gesang und ein geniales Gitarrensolo. Genau so kennt und liebt man Amon Amarth von ihren früheren Werken, nach dem Genuss von „War Of The Gods“ sieht man mit freudiger Erwartung einem zweiten „Twilight Of The Thunder God“ entgegen.

Doch nun kommt das große aber: „War Of The Gods“ ist ein für „Surtur Rising“ sehr unübliches Stück. Wer nun erwartet, dass das ganze Album im Stile von „War Of The Gods“ verläuft, der wird sicher überrascht sein – und vielleicht enttäuscht. „Surtur Rising“ ist nämlich im Allgemeinen langsamer, balladenhafter und weicher als man das von Amon Amarth gewohnt ist.

Der Großteil der zehn Stücke des 49 Minuten langen Albums bewegt sich nämlich in recht gemächlichem Tempo, lässt wirkliche Ausbrüche nur selten zu und hält auch mit Blastbeats eher hinterm Berg.

Dass das neue Amon-Amarth-Album weicher geworden ist als die vorherigen spricht natürlich nicht zwingend für eine schlechtere Qualität der Lieder. Auch unter den langsamen Stücken sind echte Brecher. So hat zum Beispiel auch „Wrath Of The Norsemen“ einen großartigen Refrain und auch „Slaves Of Fear“ hat sehr markante Riffs.

Allerdings haben Amon Amarth an Kontrast verloren.

Die große Stärke des Melodic Death Metal, die Amon Amarth in den vergangenen Jahren schon beinahe perfektioniert hatten, ist das Aufeinandertreffen und Verzahnen der hochmelodischen und der brachialen Seite dieses Genres.

Dies war 2008 bei „Twilight Of The Thunder God“ in einer selten da gewesenen Vollendung der Fall. Die Darbietung halsbrecherischer Gitarrenriffs bei enormem Vortrieb und hoher Geschwindigkeit, die Kombination von unglaublich eingängigen Melodien und Refrains mit gröbstem Growl-Gesang und krachend harten Bass- und Schlagzeug-Walzen war auf diesem Album herausragend.

Auf „Surtur Rising“ gibt es nun viele langsamere, weniger harte Stücke zu hören. Diese sind ja keineswegs schlecht, es sind wie beschrieben wirklich tolle Lieder dabei. Nur wirken vergleichbare Soli in viel gemächlicherem Fahrwasser weit weniger spektakulär als auf dem Vorgängeralbum. Auch ist der Gegensatz zwischen Melodie und Energie, den Amon Amarth überbrücken müssen, lange nicht mehr so groß. Zwar growlt Sänger Johan Hegg nach wie vor in gewohnt harscher Form, dadurch dass sich Instrumente und Spielgeschwindigkeit in ihrer Intensität deutlich nach unten bewegen, wirkt die Kombination mit den melodischen Elementen viel weniger eindrucksvoll.

Eines muss man Amon Amarth natürlich lassen: Kritiker der Band hatten in der Vergangenheit bemängelt, dass sie sich zu sehr auf das immer gleiche Konzept versteift. Mit „Surtur Rising“ als (überspitzt ausgedrückt) Balladenalbum haben die Schweden auch mal etwas anders gemacht.

Doch zu welchem Preis?

Ihre großen Stärken spielen Amon Amarth eben nach wie vor in den schnellen und harten Stücken aus. Neben „War Of The Gods“ gehört auf „Surtur Rising“ zum Beispiel auch „Destroyer Of The Universe“ dazu. Knallharter Vortrieb, fette Riffs, große Eingängigkeit, ein super Refrain und Vollgas von der ersten bis zur letzten Sekunde – wunderbar!

Diese Zusammenkunft von allen großen Stärken der Band kommt in den ruhigeren Stücken in dieser Dichte eben nicht unbedingt vor. Trotzdem möchte ich natürlich die Qualität der ruhigeren Stücke keinesfalls schmälern. Auch die ruhigeren Stücke haben ihren Reiz, auch die ruhigeren Stücke sind von vorne bis hinten Amon Amarth.

Ein überwiegend auf ruhige und langsame Stücke setzendes Album dürfte den Fans der Band als einmaliges, und dieses eine Mal auch durchaus hörenswertes, Experiment aber genügen.

Fazit

„Surtur Rising“ wird als das ruhige Album, vielleicht sogar als das Balladenalbum in die Geschichte von Amon Amarth eingehen.

Wie bei den Fans die auf diesem Werk zu hörende Stilausprägung in Richtung einer etwas ruhigeren Schlagseite ankommen wird, bleibt abzuwarten.

In jedem Fall ist „Surtur Rising“ ein gelungenes und hörenswertes Melodic-Death-Metal-Album, mit seinem genialen Vorgänger kann es aber nicht mithalten.

Punkte: 7.5 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de