Eigentlich ist das Black-Metal-Projekt Waldgeflüster eine reine Ein-Mann-Band. Das Ende Mai erscheinende neue Album „Femundsmarka“ hat Mastermind Jan aber komplett zusammen mit seinem Bruder Philipp erarbeitet. Als Inspiration diente den beiden Musikern dabei eine gemeinsam unternommene Trekkingreise.
Anlässlich der Veröffentlichung von „Femundsmarka“ bot sich mir nun die Gelegenheit, ein Interview mit den Brüdern zu führen und einige Hintergründe des neuen Albums zu beleuchten.
Hallo und danke dass ihr euch die Zeit genommen habt! Waldgeflüster ist ja eigentlich das Soloprojekt von dir, Jan. An „Femundsmarka“ hat aber auch dein Bruder mitgewirkt. Philipp, darf ich dich vielleicht um eine kurze Vorstellung in musikalischer Hinsicht bitten – wo bist du denn sonst noch so musikalisch aktiv?
Philipp: Ich habe früher Keyboard bei Scarcross gespiel, auch schon mit Jan zusammen, bin da aber schon länger ausgestiegen. Im Moment arbeite ich nur an einigen kleineren Projekten von mir, ist aber definitiv noch nichts so ausgereift, dass man hier davon erzählen könnte.
Zu dem Album inspiriert hat euch eine Trekkingreise, die ihr 2009 unternommen habt. Dem Namen des Albums nach zu urteilen ging es nach Norwegen, oder?
Jan: Ja, es ging nach Norwegen. Femundsmarka ist ein Naturpark bei dem See Femund und dort haben wir unsere Trekkingreise gemacht.
Philipp: 13 Tage mit Rucksack und Zelt durch die norwegisch-schwedische Wildnis. Das ist ein wirklich beeindruckendes Gebiet, in dem man einfach herrlich abgeschieden ist von der Zivilisation.
Hattet ihr das schon länger geplant?
Jan: Also was die Idee für das Album angeht, die ist wirklich erst auf der Reise entstanden.
Philipp: Ja, Jan hat auf der Reise schonmal mit den Lyrics angefangen, so ist dann die Idee gekommen.
Ihr hattet euch also nicht schon vorab vorgenommen, die Reise zu Musik zu machen?
Jan: Nein, das kam durch die Erfahrungen auf der Reise, weil die einfach sehr inspirierend und tief für uns waren. Deshalb haben wir gedacht, dass wir das irgendwie verarbeiten müssen, auch um das Ganze für uns selbst klarer zu sehen.
Was war für euch denn der denkwürdigste Punkt der Reise?
Philipp: Für mich war das wohl am zwölften Tag als wir das erste Mal am Horizont den Femund gesehen haben. Der See war ja Ziel der Reise und da ist es natürlich ein sehr bewegender Augenblick dieses Ziel nach dem anstrengenden Weg endlich in Sichtweite zu haben.
Jan: Für mich war es glaube ich der siebente Tag als wir den ersten schönen Tag mit Sonne hatten und an den See Hävlingen gekommen sind. Der Häglingensee war wunderschön in der Sonne, endlich war es mal so wie wir es uns vorher vorgestellt hatten – ohne Regen, ohne Nässe und Kälte. Das war wirklich ergreifend.
Der Untertitel eures Albums „Femudsmarka“ ist ja „Eine Reise in drei Kapiteln.“ Hatte eure tatsächliche Reise auch drei Kapitel so wie es bei der musikalischen Reise der Fall ist?
Jan: Höchstens im metaphorischen Sinne. In diesen drei Kapiteln geht es im Endeffekt darum, dass es den Aufbruch, das Zwischendrin und das Ende gibt. Zusätzlich dazu wollten wir die verschiedenen Landschaftsbilder von diesem Naturpark aufzeichnen und auch die Gefühle die wir damit verbunden haben. Deshalb gibt es diese drei Kapitel, allerdings nicht in der zeitlichen Form sondern eher im gedanklichen Sinne. Dieses Aufbrechen zum Beispiel, schöne Seenlandschaften, bei denen es mit einer sehr positiven Grundstimmung vorwärts gegangen ist. Bei „Steinwüsten“ geht es dann zum Beispiel um die zwar nicht unbedingt negativen Aspekte, aber eben die anstrengenderen Teile der Reise. Bei denen waren wir manchmal kurz vor dem Ende und es hat uns einfach gereicht, was teilweise sehr niederdrückend war.
Hattet ihr im Schaffensprozess von „Femundsmarka“ eine Art Arbeitsteilung oder wie war das bei euch?
Philipp: Tja, was heißt Arbeitsteilung, bei uns lief das so, dass wir im Endeffekt die Riffs hauptsächlich alleine geschrieben haben und dann mit dem anderen zusammen arrangiert und ausgefeilt.
Jan: Arbeitsteilung würde ich auch nicht sagen. Wir haben beide die selben Aufgaben übernommen wenn es darum ging Texte zu korrigieren oder zu schreiben und auch wenn es um das Einbringen von Riffs oder anderen musikalischen Ideen ging.
Philipp: Das Arbeiten ist recht schwierig wenn einen 400 Kilometer Distanz trennen, da kann man natürlich nicht wöchentlich zusammen sitzen und an dem Zeug sporadisch weiterarbeiten. Man muss schauen, dass man so viel wie möglich weiterschreibt wenn man dann mal die Gelegenheit hat sich zu treffen, was bei der Entfernung natürlich immer mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.
Jan: Das war ein schönes Hin und Her!
Jan, war es für dich eine Überwindung jemand anderen in dein musikalisches Schaffen mit einzubeziehen wo Waldgeflüster ja eigentlich dein Soloprojekt ist?
Jan: Überwindung würde ich jetzt nicht sagen, aber es gab Zeiten in denen es schwer war (Philipp lacht). Eigentlich war ich von Anfang an begeistert von der Idee, weil wir beide diese Reise gemacht haben und wir da auch zusammen als Menschen gewachsen sind. Das fand ich dann auch sehr spannend zusammen musikalisch umzusetzen. Es ist aber so, dass der Philipp und ich manchmal eine etwas andere Arbeitsweise haben. Es war für mich manchmal ein bisschen komisch, sich darauf einzustellen, weil ich das ja vorher immer alleine gemacht habe und es immer nur nach meiner Schnauze gegangen ist. Deshalb war es manchmal etwas schwierig, aber ich glaube wir haben es gelöst. Nicht ohne Probleme würde ich mal sagen, aber wir haben es zum besten Ergebnis gebracht, das wir vollbringen konnten und darauf sind wir sehr stolz.
Was war für euch die größte Herausforderung bei den Arbeiten an „Femundsmarka“?
Philipp: Eindeutig die Aufnahmen!
Jan: Ja, ich würde auch sagen die Aufnahmen waren das, wo wir am meisten Respekt vor hatten …
Philipp: … und was auch der anstrengendste Teil war. Zeitlich waren wir leider sehr limitiert, für die gesamten Aufnahmen gab es nur ein Zeitfenster von zwei Wochen in denen wir jeden Tag von früh bis spät im Studio gehockt haben. Und zwei Wochen reichen anscheinend schon für einen ordentlichen Studiokoller.
Jan: Noch dazu kam, dass „Femundsmarka“ das erste Album war, das wir komplett in Eigenregie gemacht haben. Das musste natürlich auch den eigenen Anspruch erfüllen, was manchmal eine sehr schwierige Angelegenheit war.
Was sind eure persönlichen Lieblingsstücke des Albums geworden?
Philipp: Für mich wäre das wohl „Fichtenhain“.
Jan: Ich würde auch sagen „Fichtenhain“. Der Song ist nicht unbedingt besser als die anderen, aber so durchdacht und detailverliebt und einfach etwas anderes. Außerdem bricht er wie ich finde aus dem typischen Waldgeflüster-Sound aus, weil er aus der musikalischen Sicht am offensten ist, auch für andere Einflüsse.
Philipp, könntest du dir vorstellen auch in Zukunft wieder bei Waldgeflüster mitzuwirken?
Philipp: Ganz ausgeschlossen ist das nicht, aber Waldgeflüster ist in erster Linie Jans Baby und soll es auch bleiben. Ich bin ihm dankbar, dass er mich für das Album als vollwertiges Mitglied integriert hat, aber im Endeffekt ist es wohl sinnvoller, Waldgeflüster in seinen Händen zu lassen. Das heißt nicht, dass wir nicht weiterhin zusammen Musik machen wollen, aber wahrscheinlich in einem anderen Projekt.
Habt ihr in musikalischer Hinsicht irgendwelche Vorbilder?
Philipp: Zu viele!
Jan: Genau, zu viele. Ich glaube wir sehen uns beide als Musiker, die auch immer den kreativen Anspruch von anderen sehr respektieren und auch immer versuchen selber zu wachsen, indem man anderen Leuten dabei zuschaut wie die wachsen. Deshalb gibt es einfach unzählig viele Bands und Personen, die wir als Einfluss für uns selber nennen können und die dann auch in Gewisser Hinsicht musikalische Vorbilder sind.
Philipp: Für mich ist es besonders wichtig, dass eine Band perfektionistisch arbeitet und ich das Gefühl habe, dass ihr gesamtes Werk einem bestimmten Konzept folgt. Jetzt nicht nur musikalisch, auch designtechnisch, ihre Live-Performance und so weiter. Wenn ich da jetzt eine Person nennen müsste, de mich im Besonderen beeindruckt, dann wäre das wohl Steven Wilson von Porcupine Tree.
Wo du die Live-Ebene ansprichst: Bisher war Waldgeflüster recht spärlich live zu sehen. Wird das auf absehbare Zeit so bleiben oder werden sich die Live-Aktivitäten noch verstärken?
Jan: Das mit dem spärlich kann ich so nicht mehr unterschreiben. Wir hatten in den letzten paar Monaten eigentlich fast in jedem Monat ein Konzert. Das wollen wir auch so weiterführen. Ich schaue immer nach neuen Möglichkeiten. Wir sind jetzt auch wieder am Planen für ein, zwei Geschichten. Ich hoffe, dass wir irgendwann einmal auf zehn Auftritte im Jahr kommen, das wäre so mein Ziel und ist mir auch sehr wichtig.
Philipp: Bei der Gelegenheit könnte man mal Werbung für die Release-Show machen.
Jan: Ja, genau! Am 4. Juni wird es zu „Femundsmarka“ einen Release-Gig im Escape in Wien geben.
Dann kommen wir jetzt auch zum Ende. Die letzten Zeilen gehören euch. Wenn ihr unseren Lesern noch etwas sagen möchtet – hier habt ihr den Platz dafür!
Jan: Philipp, mach du mal! (lacht)
Philipp: Tja, jetzt weiß ich nicht genau was ich sagen soll. Ich hoffe, dass der ein oder andere sich die Zeit nimmt und in unser neues Album reinhört, und wenn die Hörer dann auch noch etwas aus „Femundsmarka“ für sich herausziehen können, umso besser.
Jan: Und ich unterschreibe das mal so.
Vielen Dank für das Interview!
Interview: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de