Nein, Corvus Corax haben ihr neues Album nicht nach dem Zwerg Gimli aus Tolkiens Herr der Ringe benannt. Als „Gimlie“ (mal mit ie, mal mit einfachem i) bezeichnet man nämlich auch das goldene Zeitalter der nordischen Mythologie.
Genau darum ging es der wohl bekanntesten Mittelalter-Band auf ihrem neuen Werk. Nachdem Corvus Corax sich 2011 mit dem Album „Sverker“ mit der eher düsteren Seite der nordischen Sagenwelt beschäftigt hatten, wenden sich die Spielleute nun auf „Gimlie“ verstärkt der fröhlichen Seite zu.
Erscheinungstermin ist der 15. November.
Nach „Sverker“ bewegen sich Corvus Corax mit „Gimlie“ also zum zweiten Mal auf dem Gebiet der nordischen Mythologie. Dieses Mal wird deren gegensätzliche Seite beleuchtet, dennoch sind „Sverker“ und „Gimlie“ klanglich vergleichbar. Zwar klingt „Gimlie“ teilweise etwas heller und freundlicher als „Sverker“, mit seinem Vorgängeralbum hat es aber die ruhige und behutsame Ausrichtung gemein.
Wie schon „Sverker“ ist nämlich auch „Gimlie“ ein recht weiches, zurückhaltendes Album geworden. Die Stücke sind unaufdringlich, lassen sich Zeit und treiben gemütlich dahin. Dudelsäcke und Schlagwerk nehmen sich gerne zurück, stattdessen ist das Klangbild oft auf den Gesang ausgerichtet. Damit lädt das Album lieber zum Träumen ein als die Hörer zum Tanzen zu bringen. Das ist vollkommen in Ordnung und wird von Corvus Corax wie gewohnt sehr sauber umgesetzt.
Mit der ruhigen Ausrichtung steht „Gimlie“ – wie bereits „Sverker“ – aber im stilistischen Gegensatz zu früheren Werken von Corvus Corax. Vor Jahren gaben die Spielmänner noch richtige Trommelfeuer ab und setzten auf eine breite Wand an Dudelsäcken. Eben jene Band, die das Publikum früher zur Extase brachte, macht heute mit „Gimlie“ ruhige Entspannungsmusik.
Dieser stilistische Unterschied im Vergleich zu früher macht das Album nicht schlechter, man muss es aber schlicht und einfach wissen. In jedem Fall bleiben Corvus Corax auch in ihrem neuen, ruhigen Gewand als Corvus Corax erkennbar. Gefallen wird es natürlich nicht jedem, aber die bunte Spielmannstruppe steht ohnehin seit jeher für den Wandel. Man denke nur mal an ihre Vertonung der Carmina Burana oder die Zusammenarbeit mit den Taiko-Trommlern von Wadokyo – wirklich festnageln ließen sich Corvus Corax nie.
So mag nun manch einer auf „Gimlie“ die wilden Stücke vermissen, und das ist auch durchaus legitim. Die Umsetzung ist Corvus Corax aber erneut gut gelungen. Abermals bieten sich ein abwechslungsreicher Sound, tadellose spielerische Fertigkeiten und eine beachtliche Auswahl an Instrumenten. Vom Songwriting her mag „Gimlie“ nicht die größte Hit-Dichte in der Bandgeschichte aufweisen, gibt sich andererseits aber auch nie eine Blöße.
Eine echte Überraschung ist Corvus Corax mit einem Cover gegen Ende des Albums gelungen. Die Spielmänner haben doch tatsächlich „Twilight of the Thunder God“ gecovert, eines der bekanntesten Stücke der schwedischen Melodic-Death-Metal-Band Amon Amarth! Ein solches Stück in das Mittelalter-Genre zu transferieren ist wirklich nicht alltäglich und gerät hier zu einem der Höhepunkte des Albums.
Fazit
Ein stimmiges, hörenswertes Album – wenn auch keine neue Bestmarke.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de
Pingback: Corvus Corax – Gimlie | DARK-FESTIVALS.DE | Arti-TV