Im Jahr 2010 rief der chinesische Film- und Werbekomponist Nature Zhang seine Band Tengger Cavalry ins Leben (Tengger ist der Name einer asiatischen Gottheit). Seither arbeitet der Musiker unermüdlich an seiner „Kavallerie“ und hat schon mehrere Alben veröffentlicht.
Tengger Cavalrys kommendes Album „Ancient Call“ erscheint am 25. April nun auch in Europa. Auf dem Programm steht – und das lasst euch bitte auf der Zunge zergehen – fernöstlicher Folk Metal mit Laute und mongolischer Pferdekopfgeige.
Das gut 42 Minuten lange Album „Ancient Call“ hat zu einem kleinen Anteil englische und zum ganz überwiegenden Anteil chinesische Texte. Sämtliche Lieder tragen Titel in chinesischen Schriftzeichen – da ist es gut, dass auf der Rückseite der CD-Box alle Liedtitel auch auf Englisch angegeben werden.
Auch das Booklet meint es gut mit dem nicht-chinesischen Hörer und liefert englische Übersetzungen der chinesischen Texte mit. Aus denen geht hervor, dass sich Tengger Cavalry mit Natur und Mystik beschäftigen – ganz genau so wie auch europäische Folk-Metal-Bands.
Da hören die Gemeinsamkeiten zu europäischen Vertretern des Genres dann aber auch fast schon auf. Allein durch die vielen asiatischen Folk-Instrumente schaffen sich Tengger Cavalry einen Sound, der für hiesige Ohren sehr exotisch klingt. Die prominentesten Plätze im Instrumentarium nehmen dabei eine Zupflaute und die mongolische Pferdekopfgeige ein.
Dazu kommt auch in der Komposition ein deutlicher asiatischer Touch. Die Spielgeschwindigkeit ist dabei gerne etwas schneller und das Klangbild insgesamt ist sehr melodisch ausgekleidet.
Als Front-Gesang setzen Tengger Cavalry auf eine Growl-Stimme, was in Verbindung mit den Folklore-Instrumenten und dem schnellen, melodischen Klangbild mitunter Erinnerungen an die taiwanesische Gruppe Chthonic weckt (um mal bei asiatischen Metal-Bands zu bleiben). Bei Tengger Cavalry fällt der Folk-Anteil jedoch größer aus als bei ihren Kollegen.
Interessant ist auch der Hintergrundgesang auf „Ancient Call“. Hier wird neben einigen Chor-Einwürfen gelegentlich auch Obertongesang verwendet, was Tengger Cavalry dann endgültig einen unverwechselbaren Sound einbringt.
Insgesamt liefern Tengger Cavalry auf „Ancient Call“ also einen für unsere Hörgewohnheiten exotischen, völlig aus der Reihe fallenden Sound ab, den man so gewiss nicht alle Tage hört. Doch „Ancient Call“ zieht seinen Reiz nicht nur aus diesem Kulturschock, es ist schlicht und einfach auch wirklich gut gemacht.
Die Komposition beispielsweise hat durchaus eingängige Melodien im Gepäck und auch die Spielfertigkeiten der Band sind gut. So hört man mitunter auch sehr gelungene Gitarrensoli oder treffend umgesetzte Passagen der Folk-Instrumente. Zudem gibt es auf „Ancient Call“ viel zu entdecken, da dann und wann auch neue Klangelemente oder Instrumente wie zum Beispiel eine Maultrommel hervortreten.
Das Problem von „Ancient Call“ liegt im Bereich von Produktion und Abmischung. Hier erreichen Tengger Cavalry noch nicht ganz das Niveau bekannterer Bands. So kommt es vor, dass der Sound in Passagen mit vielen Klangspuren gelegentlich noch etwas überfrachtet wirkt.
Instrumentale Passagen mit wenigen Instrumenten wirken schon sauber und stimmig. Treten aber viele Instrumente gleichzeitig auf und kommt dann noch Gesang hinzu, sind diese Klangspuren nicht immer gut aufeinander abgestimmt und alles klingt etwas zu viel.
Von dieser produktionstechnischen Einschränkung sollte man sich aber nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass „Ancient Call“ ein hörenswertes Album ist, das ein großes Maß an Eigenständigkeit mitbringt und den Einfluss der fernöstlichen Musik gelungen und ohne Kitsch umsetzt.
Fazit
Ein gutes, wenn auch noch nicht ganz ausgereiftes Album, das für Freunde der außergewöhnlichen Klänge auf jeden Fall zum Geheimtipp taugt.
Punkte: 7.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de