Polar – Nova

Die englische Melodic-Hardcore-Band Polar bringt am 5. April ihr neues Album “Nova” heraus. An diesem Punkt wüssten die Fans jetzt normalerweise, was sie erwartet.

Solche alten Gewissheiten gelten jedoch nicht mehr, denn mit “Nova” richten Polar ihre Musik grundlegend neu aus.

Im Gegensatz zum modernen Metalcore steht der Melodic Hardcore näher am klassischen Hardcore Punk. Melodic Hardcore ist damit in der Regel etwas härter und ungeschliffener als Metalcore und hat auch nicht dessen breiten melodischen Überbau.

Polar sind auch auf “Nova” noch klar als Melodic-Hardcore-Band zu erkennen. Wie viele Hardcore-Bands haben Polar die typisch kernigen Riffs des Genres und den markanten, offensiven Gesang. Der kommt bei Polar wie auch bei vielen ähnlichen Bands meist als geschriener, stark verzerrter Klargesang herüber, aber bewusst nicht als “echter” Gutturalgesang.

Diese und andere Stilmerkmale des Melodic Hardcore erfüllen Polar nach wie vor. Was die Band auf diesem Fundament aufbaut, hätte man so aber sicher nicht erwartet. Mit “Nova” legen Polar ein im Vergleich zu ihrem bisherigen Schaffen weiches Album vor, das das ernsthafteste und komplexeste ihrer bisherigen Bandgeschichte ist.

Schon die Themenauswahl des 42 Minuten langen Albums lässt aufhorchen. So werden nun oft auch gesellschaftliche Themen wie Missbrauch behandelt. Musikalisch gehen Polar dabei deutlich vielschichtiger vor als man es bisher von ihnen kennt.

Das Klangbild hat immer noch die Ecken und Kanten des Melodic Hardcore. Insgesamt zeichnen Polar nun aber ein etwas weicheres Bild. Die offensive, druckvolle Stimmung alter Lieder wie “Blood for Blood” ist einer nachdenklichen, durchaus stimmigen Atmosphäre gewichen.

Der harsche, kraftvolle Gesang von Frontmann Adam wird nun öfter mal durch Klargesang unterstützt. Mit “Brother” gibt es sogar ein über sechs Minuten langes Stück, in dem ruhiger, sauberer Klargesang die Führung übernimmt.

Schon in der Vergangenheit haben Polar gerne auch mal mehrstimmige Passagen im Hintergrund eingesetzt. Dieses Element wurde auf “Nova” nun noch weiter ausgebaut. Die Begleitgesänge sind mal männliche oder weibliche Klarstimmen, gehen ab und an aber auch ins Geschriene über.

Jedenfalls werden diese ich nenne es mal Chor-Passagen nun deutlich öfter eingesetzt. Nur selten gibt es auf “Nova” einen Refrain, der nicht mehrstimmig wird. Die Schwerpunktsetzung hat sich bei Polar wirklich deutlich verändert. Statt Härte, Vortrieb und In-Your-Face geht es nun vor allem um Atmosphäre und Stimmung.

Das Ergebnis klingt wirklich gut – und das hätte vielleicht nicht jeder erwartet. Polar sind immer noch Polar, nur in einer reiferen und ernsthafteren Variante. Die Lieder ihres Albums bringen diesen neuen Tiefgang gut und stimmungsvoll herüber, kommen dabei aber komplett ohne Kitsch aus.

Von ihrem gelungenen Songwriting haben Polar dabei mit ihrer Neuausrichtung nichts eingebüßt. Die Band hat auch auf “Nova” griffige Melodien und knackige Refrains vorzuweisen – und die stehen auch ihren neuen, komplexeren Liedern ausgesprochen gut. Stücke wie “Cradle” oder “Breathe” haben ohne weiteres das Zeug zum Ohrwurm.

Alte Fans, die die Band einfach anders kennen gelernt haben, werden sicher nicht alle begeistert sein. Schlechter geworden ist die Musik von Polar aber keinesfalls.

Fazit

Für Puristen unter den Hardcore-Fans ist “Nova” nichts. Denen wird das neue Album von Polar zu weich und nicht geradlinig genug sein.

Alle anderen erhalten ein interessantes, komplexes Melodic-Hardcore-Album, das mit den Erwartungen des Genres bricht.

Punkte: 8.5 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de