Perchta – Ufang

Mundart scheint unter den österreichischen Metal-Bands gerade schwer im Kommen zu sein. Erst im Februar machte die Black-Metal-Band Karg mit ihrem neuen Album auf sich aufmerksam, das komplett in österreichischem Dialekt gehalten war.

Nun folgen Perchta aus dem österreichischen Teil Tirols. Ihr Debütalbum „Ufång“ setzt vollständig auf Mundart. Angekündigt wird es als Mischung aus atmosphärischem Black Metal und Tiroler Folklore. Erscheinungstermin ist der 10. April – unsere Rezension dazu gibt es schon jetzt!

Die Texte auf „Ufång“ gehen nicht nur durch den Dialekt, sondern auch inhaltlich in eine heimat- und naturnahe Richtung. So besingen Perchta auf ihrem Debütalbum die Kreisläufe der Natur und auch die vier Elemente.

Mit Intro, Outro und acht Liedern kommt das Album auf eine Laufzeit von 39 Minuten. Es ist also recht knapp bemessen. Der vergleichsweise knappe Raum hindert Perchta aber nicht, hier einen enorm abwechslungsreichen Sound auf die Beine zu stellen.

Ihre Selbstverortung im Black Metal ist mir dabei fast schon zu eng gefasst. Black-Metal-Elemente sind zwar vorhanden, aber eben nur einer der doch recht vielen und unterschiedlichen Bausteine des Albums. Ein großer Teil des Albums hat mit Metal noch nicht mal etwas zu tun.

So kann man die Lieder auf „Ufång“ zwei verschiedenen Kategorien zuordnen. Es gibt die Metal-Stücke und die sagen wir mal Folk-Stücke. Zum Metal gehören „Erdn“, „Atem“, „Gluat“ und „Wåssa“. Die Stücke sind allesamt komplex und teils hoch unterschiedlich aufgebaut. Verbindende Elemente sind eigentlich nur die Gitarrenarbeit und der Gesang, wobei selbst dieser für sich genommen schon eine hohe Bandbreite abdeckt.

„Erdn“ ist ein vergleichsweise hartes Stück. Es gibt Blastbeats und der Gesang geht ins Gutturale über. Dazwischen finden aber auch gesprochene Passagen statt. „Atem“ ist ein weniger hartes Metal-Stück im Midtempo. Neben Abschnitten mit Flüstern und Trommelschlägen setzt es auch vokale Chöre ein.

„Gluat“ beginnt zunächst als akustischer Folk-Song. Es steigert sich in seinem Verlauf mit Screams und schneidigen Riffs zu dem Lied hoch, das auf diesem Album noch am nächsten am Black Metal steht. Das längste Stück ist „Wåssa“. Über mehr als neun Minuten hinweg wechselt es zwischen einerseits Folklore und andererseits melodischem Metal mit (meistens) Klargesang.

Ich habe die Lieder jetzt mal bewusst einzeln beschrieben, um zu verdeutlichen, was für eine enorme stilistische Bandbreite diese aufweisen. Die verwendeten Folklore-Instrumente sind dabei übrigens Hackbrett und Zither. Möchte man den Stil von Perchtas Metal-Stücken mit anderen Bands vergleichen, dann vielleicht mit Negură Bunget oder noch eher Dordeduh.

Doch kommen wir zur zweiten Kategorie auf „Ufång“. Oben habe sie Folk-Stücke genannt, doch „Långs“, „Summa“, „Herest“ und „Winta“ sind kaum Lieder im eigentlichen Sinne. Zumindest verfolgen sie keine fortlaufende Melodie und nutzen auch keinen wirklichen Gesang.

In den vier Stücken wird behutsam an Zither und Hackbrett gezupft, ohne dass die Tonfolge eine erkennbare Melodie ergäbe. Dazu hört man manchmal Flüstern, manchmal aber auch einen gesprochenen Textvortrag oder dergleichen. In diesen vier Stücken wird geflüstert, geschrien, erzählt und gerufen. Perchtas Sängerin macht hier praktisch alles außer zu singen. Man fühlt sich fast in eine instrumental begleitete Lesung versetzt, so minimalistisch gehen nicht mal Heilung oder Wardruna vor.

Wie kann man all das nun aber bewerten? Nun, was hier geboten wird ist nicht nur abwechslungsreich, sondern vor allem hoch atmosphärisch. Das gilt für Metal- und Folk-Stücke gleichermaßen, wenn auch die Metal-Stücke einfach mehr zu bieten haben und allein durch ihren vielschichtigen Aufbau mehr Tiefe zulassen.

Den schnellen Refrain oder die Ohrwurm-Melodie sollte man hier nicht erwarten. Darauf ist „Ufång“ nicht ausgelegt. Es ist ein künstlerisch anspruchsvolles Album, auf das man sich einlassen wollen muss. Wer diese Voraussetzung erfüllt, erhält hier ein charakterstarkes, sehr interessantes Album, auf dem es trotz des recht geringen Umfangs viel zu entdecken gibt.

Die Metal-Stücke sind dabei der eigentliche Kern des Albums: Facettenreich, spannend und einnehmend. Jedoch sind auch die Folk-Stücke, wenngleich keine Lieder im traditionellen Sinne, mehr als nur Füllmaterial. Mit ihrer sehr eigenen Machart und ihrer Theatralik verschaffen sie „Ufång“ Charakter und Wiedererkennungswert.

Fazit

Ein lohnendes, erfrischend eigenwilliges Album für Anspruchsvolle.

Punkte: 8 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de