Eskimo Callboy – MMXX

Eskimo Callboy sind als schräge und nicht ganz ernst gemeinte Metalcore-Band bekannt geworden. Die letzten Monate waren für die Gruppe die vielleicht wechselhaftesten in ihrer Geschichte. Im November erschien ihr Album „Rehab“, das mit dem alten Stil brach und nicht mehr viel mit Metalcore zu tun hatte. Es war trotz Stilwechsel hörenswert, viele alte Fans waren aber nicht gerade begeistert.

Im Februar ging der Band dann ihr langjähriger Sänger Sushi über Bord. Anfang Juni wurde der ehemalige To The Rats And Wolves-Sänger Nico als Nachfolger präsentiert. Wenig später sorgte die Single „Hypa Hypa“ für Furore, die nun wieder stark nach den „alten“ Eskimo Callboy klang.

Wohin die Reise der Band in Zukunft geht, zeigt sich womöglich am 11. September. Dann nämlich erscheint ihre neue EP „MMXX“, die erste Veröffentlichung mit dem neuen Sänger. In dieser Rezension erfahrt ihr mehr darüber!

„MMXX“ enthält je drei neue Lieder und neue Versionen alter Eskimo-Callboy-Songs. Die sechs Lieder kommen zusammen auf eine Spielzeit von rund 20 Minuten. Da auf „MMXX“ mehr erwähnenswert ist, als man bei so einer kleinen EP vermuten würde, gehe ich die Stücke einfach mal der Reihe nach durch.

Los geht es mit dem vorab als Single veröffentlichten „Hypa Hypa“. Das mit Abstand beste Lied der EP ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens gehen Eskimo Callboy damit zurück zum knallbunten Metalcore-Stil der „MC Thunder“-Ära. Schwungvoll, stimmungstreibend, mit Trance-Beats und wuchtigem Growl-Gesang, herrlich überdreht.

Zweitens ist „Hypa Hypa“ schlicht und einfach ein richtiger Kracher. Das Stück eingängig zu nennen, wäre noch untertrieben. Es ist ein absoluter Ohrwurm, den man schon beim ersten Durchlauf mitgrölen kann.

Doch die Begeisterung der Fans, die „Rehab“ nicht mochten, muss ich auch gleich wieder ein bisschen dämpfen. Wie der weitere Verlauf von „MMXX“ zeigt, geht „Hypa Hypa“ zwar zum Metalcore zurück, aber eben nicht die ganze EP. Auch der neue „Rehab“-Stil ist noch vorhanden.

So werden im nächsten Lied „Hate/Love“ die Beats wieder runter- und der Klargesang hochgedreht. Das Lied hat eine rockige Rhythmik, ist eingängig, flott, aber auch ein ganzes Stück zahmer als „Hypa Hypa“. Eben Electro Rock und kein Metalcore. Oh, und Sprechgesang, den hat es auch.

Das dritte und letzte der komplett neuen Lieder heißt „MC Thunder II“ und vereint die Rock- und Core-Elemente in gelungener Weise. Keine der beiden Seiten überwiegt, das Stück hat einen butterweichen Rock-Refrain, aber auch schön abgedrehte Core- und Beat-Passagen.

Weiter geht es mit den drei Neuinterpretationen. Eskimo Callboy covern Eskimo Callboy. „Monsieur Moustache“ und „Dramaqueen“ haben sich kaum verändert. Beide Lieder wurden eigentlich nur in besserer Qualität neu eingespielt. Hätte man nicht unbedingt gebraucht, kann man aber machen.

Die wirkliche Überraschung kommt mit „Prism“. Das Stück vom letzten Album haben Eskimo Callboy hier als Ballade neu interpretiert. Und das richtig gut. Eine gelungene, unironische, einfach schöne Ballade mit Akustikgitarre. Und das von einer Band, die in ihrem Musikvideos falsche Schnurrbärte und Vokuhila-Perücken trägt. Eskimo Callboy sind einfach immer für eine Überraschung gut.

Nun, was soll man zu „MMXX“ insgesamt sagen? Was den Stil des nächsten Albums angeht, ist man auch nach „MMXX“ nicht schlauer. Die EP hat ja nur drei neue Stücke und die sind auch noch hoch unterschiedlich. Verkürzt auf den Punkt gebracht: Ein Mal Metalcore, ein Mal Electro Rock und ein Mal beides zusammen.

Eskimo Callboy haben auf ihrer 20-Minuten-EP fast die komplette stilistische Bandbreite ihres Schaffens untergebracht. Als Blick in die Glaskugel taugt „MMXX“ damit nicht. Man muss die EP einfach für sich nehmen als das, was sie ist. Und das ist…

Fazit

… ein entdeckenswertes, unterhaltsames, sehr vielseitiges Stück Musik.

Auf eine Punktewertung wird wie bei allen EPs verzichtet.

(ohne Punktewertung)

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de