Waldgeflüster – Dahoam

Mundart scheint im anspruchsvolleren Metal-Bereich zum Trend zu werden. Letztes Jahr machten die Bands Karg und Perchta mit Alben auf sich aufmerksam, die komplett im Dialekt gehalten waren.

Dem Beispiel der zwei Gruppen aus Österreich folgt nun die bayerische Black-Metal-Band Waldgeflüster. Ihr neues, nunmehr sechstes Studioalbum „Dahoam“ ist komplett in bayerischer Mundart gehalten.

Nach einer kleinen Verschiebung erscheint es nun am 22. Oktober. Mehr über das Album erfahrt ihr in dieser Rezension.

Dass Waldgeflüster das Hochdeutsche auf ihrem neuen Album hinter sich lassen, kommt nicht von ungefähr. „Dahoam“ versteht sich nämlich als Konzeptalbum über die verschiedenen Aspekte der Heimat. Es im Dialekt zu singen, erscheint da konsequent. Umgekehrt kann das heißen, dass Waldgeflüster womöglich nicht auf Dauer in der Mundart bleiben. Vielleicht ist ihr nächstes Album wieder auf Hochdeutsch – mal sehen.

Auf „Dahoam“ wird jedenfalls die Heimatregion der Band besungen. So hört man das Lied vom „Ebersberger Forst“ und mit dem „Blick aufn Kaiser“ ist wohl der Wilde Kaiser im nahen Österreich gemeint. Doch natürlich beschränken sich Waldgeflüster nicht darauf, einfach Naturschönheiten aufzuzählen. Die Texte sind – natürlich – metaphorisch gestaltet und haben auch eine emotionale Ebene dahinter. Alles andere hätte auch verwundert.

Musikalisch geht vieles auf Waldgeflüsters neuem Album den gewohnten Gang. Das Fundament der Band liegt im melodischen Black Metal, der nicht allzu hart ausfällt und meist in mittlerer Spielgeschwindigkeit dargeboten wird. Neben den üblichen Screams gibt es auch Klargesang und textlosen Vokalgesang. Es gibt gelegentliche Einwürfe von beispielsweise der Akustikgitarre und außerdem immer wieder auch ruhige Abschnitte.

Diese ruhigen Abschnitte sind stimmungsvoll und immer passend. In „Am Tatzlwurm“ (so heißt ein Wasserfall irgendwo in Bayern) fließen in den ruhigen Abschnitten zum Beispiel Wassergeräusche mit ein. Insgesamt setzen Waldgeflüster nach wie vor auf einen stimmungsvollen, vergleichsweise komplexen Aufbau ihrer Lieder. Die Band gehört zweifelsohne zu den künstlerisch anspruchsvollen Bands im Black Metal.

Nach diesem für Waldgeflüster typischen Muster läuft jedoch nicht das ganze Album ab. „Dahoam“ hat nur drei – wenn auch jeweils über zehn Minuten lange – Black-Metal-Stücke im gewohnten Stil. Diese drei man möchte fast sagen „richtigen“ Lieder sind eingebettet in vier weit kürzere Zwischenstücke. Letztere sind sehr unterschiedlich und gehen von akustischer Folk-Ballade („A Taglachinger Morgen“) über Ambient-Sound mit Klavier („Am Stoa“) bis hin zu einer Art Post Rock („In Da Fuizn“).

Auf die drei Black-Metal-Stücke entfallen insgesamt 32 der 49 Minuten Laufzeit von „Dahoam“. Ich möchte nochmal betonen, dass die Black-Metal-Stücke in die kürzeren Zwischenstücke wirklich eingebettet sind. Sie wechseln sich nicht nur einfach ab, sondern gehen ineinander über. Zwischen den Liedern gibt es keine wirkliche Pause. Meistens merkt man kaum, dass schon der nächste Track läuft.

Die Wassergeräusche von „Am Tatzlwurm“ setzen sich nahtlos im Zwischenstück „In da Fuizn“ fort, die Akustikgitarre am Schluss von „Mim Blick Aufn Kaiser“ geht fließend in „Am Wendelstoa“ über. Das ganze Album wirkt dadurch wie aus einem Guss, es ist ein Gesamtkunstwerk.

Als solches sollte man es auch begreifen. Wenn man die einzelnen Lieder für sich nimmt, sind die nämlich keine große Sensation. Waldgeflüster liefern gut hörbaren, stimmigen und angenehm melodischen Black Metal, erfinden das Rad aber nicht neu. Was man in ihren Liedern hört, das passt, ist aber weder spektakulär noch einzigartig.

Doch „Dahoam“ ist mehr als die Summe seiner Teile. Es geht bei Waldgeflüster nicht um den nächsten Hit oder die Innovation, sondern um das große Ganze. Es geht um das Drumherum, die Atmosphäre, die gelungene Inszenierung. Wer das versteht und ohne falsche Erwartungen herangeht, der hat an „Dahoam“ gewiss seine Freude.

Fazit

Ein hörenswertes Gesamtkunstwerk für Freunde anspruchsvoller Metal-Musik.

Punkte: 7.5 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de