Man nehme einen Sänger und Gitarristen (in einer Person) mit Erfahrung in den härteren Metal-Genres. Dazu einen Schlagzeuger, der mit Black- und Death Metal ebenfalls bestens vertraut ist. Außerdem sammelt man auf den Salzburger Festspielen eine klassische Geigerin ein. Und zur Abrundung noch den ehemaligen Bassisten von We Butter The Bread With Butter, einer schräg-überdrehten Metalcore-Band.
Die skurril anmutende Besetzung habe ich mir nicht ausgedacht, sie gehört zur deutsch-österreichischen Band Jestress. Die Gruppe spielt einen wilden Crossover und bringt am 21. April ihr Debütalbum „Antinomy“ heraus. Da hören wir doch gleich mal rein!
„Antinomy“ kommt mit elf Liedern auf eine Gesamtspielzeit von 43 Minuten. Die Texte sind auf Englisch und liegen mir leider nicht im Detail vor. Ob es ein inhaltliches Konzept gibt, bleibt an dieser Stelle also offen. Das Wort „Antinomy“ (auf Deutsch Antinomie) bezeichnet übrigens einen logischen Widerspruch. Vereinfacht gesagt einen Zustand, in dem widersprüchliche Dinge mit gleichem Stellenwert nebeneinander stehen.
Damit ist das musikalische Konzept von Jestress fast schon umrissen, denn die Band bringt sehr Gegensätzliches unter einen Hut. Jestress sind eine Metal-Band, das auf jeden Fall. Doch beinahe enden da schon die Gewissheiten. Die Gruppe hat einen sehr wilden, schwungvollen Sound mit sowohl Screams als auch Klargesang. Es gibt Blastbeats, die dem Black Metal entliehen zu sein scheinen, und schnittige Gitarren. Instrumental fällt aber vor allem die omnipräsente Geige auf.
Die Art und Weise des Geigenspiels ist schon bemerkenswert. So macht die Geige keinesfalls nur die Begleitung, sondern trägt offensiv die Melodie mit nach vorne. Ihre Gewichtung ist oft nicht geringer als die der Gitarre. Trotz ihrer aktiven Rolle handelt es sich aber keinesfalls um eine folkloristische, sondern um eine klassische Geige. Nennen wir es mal klassische Metal-Geige.
Aus all diesen Zutaten schöpfen Jestress ein sehr volles, durchaus auch komplex aufgebautes Klangbild. Die einzelnen Lieder klingen dabei angenehm unterschiedlich, da die Band ihre verschiedenen Elemente immer wieder neu gewichtet.
Härtere, geradlinige Stücke mit Blastbeats stehen recht nahe an melodischem Black Metal. In anderen Liedern erinnert das Wechselspiel aus wuchtigen Strophen und Klargesang-Refrains an Metalcore. Dann gibt es aber auch ruhige Phasen, in denen die Geige ohne Metal-Flankierung spielt, oder minimalistisch gehaltene Strophen wie in „Guide Me“.
„Antinomy“ ist also sehr abwechslungsreich und auch die Umsetzung ist Jestress wirklich gelungen. Die hohe Intensität, die schwungvolle Herangehensweise und die gern mal höhere Spielgeschwindigkeit machen dabei Freude. Verschiedene Elemente unter einen Hut zu bringen ist eine Sache. Es mit derartigem Elan zu tun, ohne Scheu und mit einem richtig offensiven Klangbild, das ist noch mal ein Level höher.
Bemerkenswert ist auch das Songwriting. Jestress fahren knackige Melodien und mitreißende Refrains auf. Es gibt so manche Band, die ein ungewöhnliches Konzept hat. Und manchen davon genügt es ja, stilistisch eigen zu sein. Dass ihre Songs Wiedererkennungswert haben. Die Stücke von Jestress sind oben drauf aber auch noch eingängig und machen schlichtweg Spaß.
Fazit
Jestress stellen einen frischen, unverbraucht wirkenden Sound auf die Beine – und das auch noch schwungvoll und eingängig.
Punkte: 8.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de