Vor fünf Jahren war die Mittelalter-Metal-Band Ingrimm gerade auf dem Sprung nach oben. Die Band hatte drei Alben veröffentlicht und bis einschließlich 2010 eine beachtliche Festival-Präsenz. Die beschränkte sich nicht nur auf ihre bayerische Heimat (Veldensteiner Festival u.a.), sondern führte die Gruppe zum Beispiel auch nach Rheinland-Pfalz (Rock Area Festival) oder ins Saarland (Hexentanz Festival).
Wenig später verschwanden Ingrimm dann aber in der Versenkung. Dabei ist die Band bis heute aktiv, hat seit 2012 einen neuen Sänger und 2014 sogar wieder ein Album veröffentlicht. Das Problem: Davon haben viele Fans des Genres nichts mitbekommen, da Ingrimm bei weitem nicht mehr so viele und vor allem überregionale Auftritte haben wie früher.
Nun möchte die Band aus Regenburg aber wieder durchstarten, spätestens mit ihrem nächsten Album in 2016. Am 31. Juli erscheint als Vorgeschmack darauf aber zunächst die Maxi-Single “Ungeständig”. Ob die Ingrimm wieder nach vorne bringen kann erfahrt ihr in dieser Rezension.
Ingrimm stehen für deutschsprachigen Mittelalter-Metal, dessen Mittelalter-Anteil meistens von Drehleier oder Dudelsack übernommen wird. Ihre neue Maxi-Single enthält natürlich das titelgebende neue Stück “Ungeständig”, darüber hinaus aber auch drei ältere Lieder, die nun mit dem aktuellen Sänger Réne neu eingesungen wurden.
Auf der einen Seite ist es natürlich schwierig, Rückschlüsse auf das kommende Album zu treffen, wenn “Ungeständig” nur ein einziges neues Lied enthält. Andererseits ist es vollends nachvollziehbar, dass Ingrimm den Hörern hier alte Lieder in der Version mit ihrem neuen Sänger präsentieren. Zwar wurde mit dem neuen Sänger René bereits das 2014er-Album “Henkt Ihn” veröffentlicht – aber so richtig in der Szene verbreitet hat sich diese Scheibe nicht.
So ist es durchaus sinnvoll, dass Ingrimm ihren alten Fans den neuen Sänger auf diese Weise noch einmal vorstellen und ihnen mit bekanntem Liedgut den (Wieder-)Einstieg erleichtern. Die drei alten Lieder möchte ich auch zuerst unter die Lupe nehmen bevor ich mich zum neuen “Ungeständig” äußere.
Im einzelnen handelt es sich bei den drei alten, jetzt neu aufgenommenen Liedern um “Vogelfrei” (von “Todgeweiht”, 2008), “Stein auf Stein” (von “Böses Blut”, 2010) und das zu Ingrimms Glanzzeiten sehr beliebte “Sag mir nicht” (von “Ihr sollt brennen”, 2007). Die Stücke klingen nun schon etwas anders, denn Ingrimms neuer Sänger René unterscheidet sich gesanglich recht deutlich von seinem Vorgänger Fenris und versucht auch gar nicht erst, diesen zu imitieren.
Während der schwungvolle Rotschopf Fenris seinerzeit für einen kernigen Gesang mit rustikaler Stimmfarbe stand, singt Nachfolger René einen sehr sauberen, lupenreinen Klargesang. Gesanglich steht René damit dem klassischen Heavy Metal nahe und erinnert in höheren Abschnitten gar an Power Metal. Den alten Ingrimm-Liedern gibt das natürlich eine etwas andere Ausgestaltung, die aber keinesfalls schlechter ist. Auch von den gesanglichen Qualitäten an sich ist der neue Sänger dem alten ebenbürtig. So klingen die alten Lieder heute anders, aber genauso gut.
Nun zum neuen Stück: “Ungeständig” überrascht doch recht stark. Es handelt sich hierbei um ein zwölf Minuten (!) langes Lied, das zum überwiegenden Teil in einem zurückhaltenden Spieltempo dargeboten wird. Von einer Ballade zu sprechen wäre übertrieben, jedoch ist das Stück nicht nur länger als die anderen drei Lieder zusammen, sondern auch deutlich komplexer als viele alte Ingrimm-Lieder.
Im Verlauf des Lieds werden Tempo und Intensität noch variiert, sodass das Lied fast wie ein Medley klingt. Auch bekannte Elemente älterer Ingrimm-Lieder, wie die gelegentlichen Shouts im Hintergrund, finden ihren Platz. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit “Ungeständig” für das kommende Ingrimm-Album repräsentativ ist. Wird es nun mehr längere und komplexere Stücke geben oder st “Ungeständig” nur die Ausnahme?
Die Antwort darauf gibt es voraussichtlich 2016, doch egal wie sie ausfällt: Hörenswert ist das Lied allemal.
Fazit
“Ungeständig” ist eine interessante Maxi-Single, die altes und neues gelungen miteinander vereint. Ob die Band wieder an frühere Erfolge anknüpfen kann, wird ihr kommendes Album im nächsten Jahr zeigen. Die Maxi-Single stimmt einen nun immerhin schon mal hoffnungsvoll.
Auf eine Punktewertung wird wie bei allen EPs, Singles und dergleichen verzichtet.
(ohne Punktewertung)
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de