Coppelius – Kammerarchiv

Anfang 2015 veröffentlichten Coppelius ihr letztes Album „Hertzmaschine“. In den viereinhalb Jahren danach widmete sich die Band unter anderem ihren Bühnenprojekten im Gelsenkirchener Musiktheater, legte aber auch eine längere Schaffenspause ein.

Nun sind Coppelius, die Rock (und in immer geringerem Umfang auch Metal) auf Instrumenten der Kammermusik spielen, mit einem neuen Album zurückgekehrt. Ihr „Kammerarchiv“ ist dabei jedoch kein reguläres Album, sondern ein buntes Sammelsurium mit Ausschnitten von allem, ja wirklich allem womit die Band sich bisher so beschäftigt hat.

„Kammerarchiv“ ist kein normales, kein „richtiges“ Album im Sinne der vorherigen Veröffentlichungen von Coppelius. Das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, damit niemand mit falschen Erwartungen an diese Scheibe herangeht. Da es sich eben nicht um ein reguläres Album mit überwiegend neuen Stücken handelt, möchte ich in dieser Rezension auch auf eine Punktewertung verzichten.

Was aber ist das „Kammerarchiv“? Nun, es ist weder ein Best-Of- noch ein Greatest-Hits-Album von Coppelius. Am ehesten ist das „Kammerarchiv“ als Werkschau zu verstehen, die Ausschnitte aus der gesamten Schaffensbreite dieser sehr ungewöhnlichen Band zusammenstellt.

Auf dem proppenvollen, rund eine Stunde langen Tonträger finden sich zum Beispiel Lieder aus Coppelius‘ Steampunk-Oper „Klein Zaches, genannt Zinnober“. Einen Einblick in ihre Produktion „Coppelius Waits For You“ gibt es ebenso wie erste Stücke aus ihrer kommenden, noch unveröffentlichten Oper „Krabat“.

Neben diesen Liedern aus den Theaterproduktionen haben Coppelius für das „Kammerarchiv“ aber auch reguläre, auf ihren Konzerten oft gespielte Lieder aus ihrer Frühphase neu aufgenommen. Neben eigenen Klassikern wie „I Get Used To It“ und „To My Creator“ haben die Zylinderträger so auch ihr beliebtes Cover von Motörheads „1916“ neu eingespielt. Ganz neu ist dagegen das Cover von System Of A Downs „Radio / Video“.

Das „Kammerarchiv“ enthält also sehr viele sehr unterschiedliche Stücke aus ganz verschiedenen Schaffensphasen der Band. Manches davon ist richtig gut, manches eine nette Zugabe und manches einfach Geschmackssache, auf die der eine oder andere Fan vielleicht auch hätte verzichten können.

So klingen die Neuaufnahmen von „To My Creator“ und „I Get Used To It“ voll und gut, gleichzeitig aber auch etwas gesetzter und weniger wild. Max Coppellas Gesang wirkte im Original von „I Get Used To It“ vielleicht noch etwas extravaganter und der gesamte Sound ein Stück weit organischer. Läuft bei den Neuaufnahmen das Cello etwa gelegentlich wieder durch den Gitarrenverstärker? Ich denke, dass viele Fans trotz der besseren Klangqualität der Neuaufnahmen bei den Originalen bleiben werden.

Richtig gut ist dagegen die Neuaufnahme des Motörhead-Covers „1916“. Das neue Cover von System Of A Downs „Radio / Video“ ist sogar absolut großartig. Das herrlich schräge, in seiner Intensität abrupt wechselnde Stück erscheint wie geschaffen für Coppelius und wurde von diesen auch tadellos umgesetzt.

Die ganzen Lieder der diversen Musiktheaterproduktionen taugen für sich genommen nicht alle zum Hit, bestechen aber durch ihre enorme Vielfalt. Dabei gefällt nicht nur, dass die Bandbreite der Stücke von ruhigen Balladen („Welthentrubel (Selten Genug)“) bis hin zu flotten Rock-Nummern reicht („Ein kluger Mann“). Coppelius profitieren auch stark von Opernsänger Rüdiger Frank als Gastsänger oder ausgefallenen Elementen wie den selbst gebauten Instrumenten in „Way Down In The Hole“.

Die Auszüge der Bühnenproduktionen zeigen die Musik von Coppelius also mitunter von einer ganz anderen Seite. „Kammerarchiv“ ist daher nicht zuletzt für jene Fans interessant, die zwar die regulären Konzerte von Coppelius kennen, sich die Bühnenproduktionen in Gelsenkirchen aber nicht ansehen konnten.

Fazit

Wer mit dem „Kammerarchiv“ liebäugelt, sollte ein grundsätzliches Interesse für die Musical- beziehungsweise Opernproduktionen von Coppelius mitbringen und eben kein reguläres Album erwarten.

Unter diesen Voraussetzungen erhält man hier ein gelungenes, hoch abwechslungsreiches Werk, das die verschiedensten musikalischen Facetten der Band in sich vereint.

(ohne Punktewertung)

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de