Thrudvangar – Vegvisir

Die Viking-Metal-Band Thrudvangar hat nie den ganz großen Status erreicht, ist aber schon seit mehr als 20 Jahren aktiv. Ihr letztes, ziemlich durchwachsenes Album “Tiwaz” stammt aus dem Jahr 2013.

Nach dieser langen Zeit kehr die Gruppe aus Sachsen-Anhalt nun wieder mit einem neuen Album zurück. Es trägt den Titel “Vegvisir” und erscheint am 13. November. Eines kann man schon vorab sagen: Es hat sich einiges getan! Was genau verrät euch diese Rezension.

Beim “Vegvisir” (“Wegweiser”) handelt es sich um das auf dem Albumcover dargestellte Symbol mit den verschnörkelten Pfeilen. Das Symbol stammt aus der isländischen Zaubertradition und wird oft auch als Wikingerkompass bezeichnet. Historiker bezweifeln allerdings, dass die Wikinger den “Vegvisir” tatsächlich schon gekannt haben.

Doch genug zum historischen Exkurs, wenden wir uns dem Album zu. Das kommt mit Intro und zehn Liedern auf eine Gesamtspielzeit von rund 45 Minuten. Die Texte sind alle auf Deutsch gehalten und behandeln Wikingersagen, nordische Mythologie und Schlachtenromantik – eben was man im Genre so erwartet.

Spötter könnten nun sagen, dass die Texte das einzige sind, was Thrudvangar mit den Wikingern verbindet. Anders als vergleichbare Bands verzichtet die Gruppe nämlich komplett auf Folklore-Instrumente. Trotzdem hat ihr Sound im Vergleich zum vorherigen Album an Komplexität gewonnen.

Fundament ist bei Thrudvangar nach wie vor ein melodischer Death-Metal-Sound, der meistens im mittleren und gelegentlich im schnelleren Spieltempo gehalten wird. Dieses Death-Metal-Klangbild hatten Thrudvangar auf ihrem letzten Album sehr blank und geradlinig serviert, ohne große Hintergründe oder dergleichen.

Auf “Vegvisir” kehrt nun eine elektronische Komponente zurück. Keyboard- beziehungsweise Synthesizer-Schleifen verleihen dem Klangbild eine neue Fülle und gelungene Auskleidungen.

Der Umfang der Elektronik variiert dabei stark. Manche Lieder erhalten lediglich vorsichtige, zurückhaltende Hintergründe und stehen noch immer recht nahe am ursprünglichen Death Metal. Andere Stücke erhalten breite, fast schon orchestrale Überbauten und durch diese einen ordentlichen Schuss Epik.

Allein durch solche Elemente haben Thrudvangar ihr Klangbild bereits deutlich breiter aufgestellt als in der Vergangenheit. Abwechslung ist also definitiv vorhanden. Dazu variiert der Liedaufbau von gemächlichen Midtempo-Nummern (“Ran”) bis hin zu richtigen Brechern (“Fenrirs Brut”). Mit “Alles was bleibt” gibt es dann sogar noch eine waschechte Metal-Ballade mit Klargesang.

Natürlich, das Viking/Death-Metal-Konzept von Thrudvangar ist an sich nicht übermäßig spektakulär oder innovativ. Innerhalb der Grenzen ihres Genres fährt die Gruppe nun aber eine wirklich respektable musikalische Bandbreite auf. Vielseitiger als auf “Vegvisir” waren Thrudvangar selten unterwegs, ja vielleicht noch nie.

Etwas getan hat sich auch bei den Spielfertigkeiten. Zwar geizen Thrudvangar nach wie vor mit echten Soli (es gibt ein einziges, und zwar im Stück “Fenrirs Brut”). Insgesamt erscheint das gesamte instrumentale Klangbild aber auf einem hörbar besseren Niveau. Vor allem die schneidigen, gut gemachten Riffs gefallen.

Der wohl wichtigste Punkt ist aber, dass das Songwriting deutlich hinzugewonnen hat. Die Lieder sind griffiger, eingängiger, schlichtweg besser geworden. Thrudvangar sind nach wie vor keine riesige Hit-Schleuder und das müssen sie auch nicht sein. Sehr wohl überzeugen sie nun aber mit einer sauberen, schwungvollen Melodieführung und manch griffigem Refrain.

Insgesamt haben Thrudvangar unter allen, ja wirklich allen Gesichtspunkten ihrer Musik draufgesattelt. Das Ergebnis kann sich definitiv hören lassen.

Fazit

Was auch immer Thrudvangar in den letzten sieben Jahren getan haben, es hat sich gelohnt. Die Band ist auf einem Level zurückgekehrt, das ich nach dem drögen “Tiwaz”-Album nicht für möglich gehalten hätte.

Auch “Vegvisir” mag nicht perfekt sein und kein Hochglanzprodukt. Wohl aber ist es ein gelungenes, kurzweiliges Album, das sich Fans von Viking- und Death Metal guten Gewissens einverleiben können. Weiter so!

Punkte: 7.5 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de