Die portugiesische Black-Metal-Band Gaerea hat bisher zwei Alben und eine EP veröffentlicht. In der Szene wurde von der Gruppe zwar schon Notiz genommen, von einer wirklich großen Bekanntheit kann man aber noch nicht sprechen. Gerade für eine solche Band, die quasi auf dem Sprung ist, waren zwei Jahre Pandemie natürlich ein Dämpfer.
Doch die zwei Jahre gaben Gaerea auch die Zeit, ihr drittes Album “Mirage” auf den Weg zu bringen und alles was damit zu tun hat akribisch vorzubereiten. Mit Blick auf Promotion und Videos kann man sagen: Das hat die Band auch wirklich getan.
“Mirage” ist ab dem 23. September erhältlich. Ob es den Ambitionen seiner Macher gerecht wird erfahrt ihr in dieser Rezension.
“Mirage” enthält acht Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 53 Minuten. Es gibt das Album auch als so genanntes Mediabook, das neben einem 36 Seiten starken Büchlein auch einen Bonustrack enthält. Diese Rezension behandelt nur die Standard-Version mit ihren acht Liedern.
Alle Stücke des Albums sind auf Englisch gehalten. Die Texte sind poetisch und fragmentiert, die genaue Themensetzung erschließt sich nicht unbedingt von selbst. Zum Glück haben die mir die Erklärungen gleich mitgeschickt. Daher kann ich euch sagen, dass das Album anhand verschiedener fantastischer und dystopischer Szenarien menschliche Emotionen durchspielt. Das alles ist gut gemacht, aber wie gesagt: Ohne das Beiblatt würde sich die vorgesehene Interpretation nicht gerade aufdrängen.
Musikalisch bieten Gaerea melodischen, aber doch ziemlich wuchtigen Black Metal. Charakteristisch ist ein sehr volles, vielschichtiges Klangbild, das für Black-Metal-Verhältnisse gar nicht mal so kalte Klangfarben hat. Gaerea gehören zweifellos zu den anspruchsvollen Black-Metal-Bands, sind dabei aber nicht zu verkünstelt. Die Portugiesen bieten ein Mehr an schöpferischem Anspruch, bleiben dabei aber eine richtige, durchaus harte Black-Metal-Band.
Der Sound des Albums hat einen hohen Wiedererkennungswert. Die Fülle und Intensität, der vorhandene Vortrieb und das gehobene aber auch nicht übertriebene Level an Komplexität – all das fügt sich zu einem markanten Ganzen. Gaerea klingen nicht einfach wie jede x-beliebige Band ihres Genres.
Auch atmosphärisch brauchen die Portugiesen sich vor bekannteren Namen nicht zu verstecken. “Mirage” hat ein stimmiges, dystopisches Ambiente, das Fans dieses Stils zum Schwelgen einlädt. Gleichzeitig führt der Weg mit einer sauberen Gitarrenarbeit und wuchtigen Blastbeat-Attacken aber auch wieder zurück zu den Grundfesten des Genres. Es ist ein bisschen wie bei Der Weg einer Freiheit: Künstlerischer Anspruch ja, aber nicht überkandidelt – und die Umsetzung durchaus schwungvoll und headbangtauglich.
So markant der Sound des Albums ist – extrem vielseitig ist er nicht. Es gibt auch mal ein langsameres Stück (“Deluge”) oder eines mit ruhigem Intro (“Arson”), im Rumpfteil sind die Lieder aber stilistisch nicht weit auseinander.
Instrumental gefällt unter anderem die saubere Gitarrenarbeit mit ihren stimmigen Riffs. Man sollte vom Songwriting allerdings keine Wunder in Sachen Eingängigkeit erwarten, denn im Vordergrund steht hier die Atmosphäre und nicht der große Ohrwurm.
Fazit
“Mirage” ist ein atmosphärisches Black-Metal-Album mit hohem Wiedererkennungswert. Das Werk mag nicht extrem vielseitig sein und ist auch nicht auf den nächsten Hit getrimmt. Wer ein gutes Zusammenspiel zwischen Anspruch und Härte schätzt, der liegt mit “Mirage” aber zweifellos richtig.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de