Das jährlich an Pfingsten stattfindende Wave Gotik Treffen in Leipzig ist eine der größten Veranstaltungen der „schwarzen“ Szene.
Nach 2005 und 2007 ist nun in diesem Jahr erneut der Bild- und Textband „Pfingstgeflüster“ erschienen und blickt zum dritten Mal in Bild und Schrift auf das Wave Gotik Treffen zurück.
Ob der Rückblick auf das Wave Gotik Treffen 2008 gelungen ist, klärt im Folgenden die Rezension.
Schon vor dem Lesen eines einzigen Wortes des „Pfingstgeflüsters“ darf sich der geneigte Leser an der edlen Aufmachung des Text- und Bildbandes erfreuen: Knapp 90 schimmernde, hochglanzbedruckte Seiten im Format DIN A4 gefallen und hinterlassen einen hochwertigen optischen Eindruck.
Das Heft beinhaltet verschiedenste Rubriken wie Auszüge aus Lesungen auf dem Wave Gotik Treffen, Werke ausstellender Künstler, Konzertfotos und vielfältige Artikel.
Diese könnten abwechslungsreicher kaum sein: Hier berichtet eine blinde Besucherin von ihrer Beziehung zum Wave Gotik Treffen, dort erzählt ein alteingesessener WGT-Mitorganisator eine hochamüsante Festival-Anekdote aus dem Jahre 1998 und andernorts erinnert man sich an das große Interesse , das Leipziger Rentnerinnen den Kleidern von Festivalbesucherinnen entgegenbrachten.
Das „Pfingstgeflüster“ zeigt sich sehr ehrlich: Es wird nicht etwa nur schöngefärbt, auch kritische Aspekte werden angesprochen. So fragt sich der Schriftsteller Markus Förster, ob den auftretenden Künstlern immer genug Respekt entgegengebracht wird und Marion Altwegg von der Schweizer Band Metallspürhunde denkt über aufkommende Uniform- und Militär-Elemente im Kleidungsstil der Szene nach: „Ist es die kritische Auseinandersetzung mit gewissen Epochen unserer Geschichte, eine ironische Reminiszenz an deren Protagonisten? Oder sieht es einfach „cool“ aus und man trägt so etwas ohne großen Hintergedanken? Kann es nicht sein, dass gerade ganz junge Leute aus der Szene einen solchen Stil völlig unkritisch übernehmen und damit die schleichende Akzeptanz gewisser Symboliken vorantreiben? Zweifelsohne ein kontroverses Thema, nicht zuletzt hier in Ostdeutschland.“
Dem Leser bietet das „Pfingstgeflüster“ also nicht nur Erinnerungen an Vergangenes, sondern auch Denkanstöße für die Zukunft.
Enorm positiv fallen die Fotos des „Pfingstgeflüsters“ auf. Das Heft bietet durchgehend ausdrucksstarke, wunderschöne Fotographien von höchster Qualität. Bis auf die Bilder in der Rubrik Konzertimpressionen sind alle Fotos schwarz-weiß gehalten. Ihrer Qualität entsprechend wurden den Fotos im „Pfingstgeflüster“ auch ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt: Kein Bild ist kleiner als ein Viertel der Seite, nicht selten werden Bilder auch ganzseitig abgedruckt.
Dies ist zum Beispiel in der Rubrik der Besucherfotos der Fall. Die Bilder der Festivalbesucher richten ihr Augenmerk auf das einzelne Individuum. Übersichtsfotos von Menschenmengen gibt es nicht, stattdessen werden einzelne Besucher in den Vordergrund gestellt, die bei ihren Bildern auch mit kleinen Zitaten vertreten sind. Diese Betrachtungsweise gefällt durchaus, jedoch könnte man sich auch zumindest einige visuelle Impressionen größerer Menschenansammlungen wünschen, da die angewandte Betrachtungsweise allein der Dimension des Wave Gotik Treffens nicht gerecht wird und diese nur schwer nachvollziehbar macht.
Etwas mehr erwartet hätte man sich auch von der Rubrik der Konzertimpressionen. Von den Auftritten verschiedener ausgewählter Künstler ist jeweils ein großes, schönes und ausdrucksstarkes Foto abgedruckt. Diese stehen jedoch leider allein. Eine textliche Rekapitulation der Auftritte findet nicht statt.
Die Musik ist bei weitem nicht der einzige Aspekt des Wave Gotik Treffens, aber nach wie vor das Herzstück. Dementsprechend wäre im „Pfingstgeflüster“ ein höherer Stellenwert der musikalischen Darbietungen durchaus angebracht.
Dass im „Pfingstgeflüster“ kein einziger Konzertbericht, aber stattdessen jeweils ein vierseitiger Artikel über Johann Sebastian Bach und das Leipziger Stadtbad zu finden ist, mag den ein oder anderen Leser zu Recht verwundern.
Fazit
Das „Pfingstgeflüster“ hat keinesfalls den Anspruch, einen Überblick über das Wave Gotik Treffen zu bieten, dies scheint aber auch gar nicht die Intention der Autoren gewesen zu sein.
Vielmehr ist das „Pfingstgeflüster“ eine Ansammlung von Ausführungen und Eindrücken über verschiedene Punkte und Teilaspekte des Festivals, die weniger auf das Ganze als auf ausgewählte Elemente eingeht.
Auch wenn einige Aspekte im Vergleich zu kurz kommen, ist der Bild- und Textband als nach der genannten Motivation erstelltes Werk durchaus gelungen.
Für 8,90€ hält der Leser mit dem „Pfingstgeflüster“ eine lohnenswerte Lektüre in der Hand.
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de