Welle:Erdball, Kaiserslautern – 29.11.2008, Konzertbericht

Am Samstag, dem 29.11.2008, spielte die Electro-Gruppe Welle:Erdball in der Kammgarn Kaiserslautern auf.

Der Auftritt fand im gemütlichen Cotton Club der Kammgarn statt.

Eindrücke vom Konzert hält der folgende Bericht fest.

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Gegen 20 Uhr war der Cotton Club schon gut gefüllt. Auf der Bühne stand zu dieser Zeit bereits eine Leinwand, auf der den Konzertgästen Operation Zeitsturm, jener schon länger angekündigte, nun fertig gestellte Film aus der Produktion von Welle:Erdball, vorgeführt wurde.

Die Vorführung von Operation Zeitsturm sollte ein Drittel des ganzen Abends ausfüllen. Wie sich zeigen sollte, spielt der Film parallel in zwei Zeitebenen. Die eine Hälfte der Handlung spielt im Jahre 1944, die andere Hälfte in der Gegenwart. Zwischen den beiden Zeiten wechselt der Film munter. Es geht um einen Forscher, der im Jahre 1944 vom Terror-Regime der Nazis gefangen gehalten wird und dazu gezwungen wird, in Gefangenschaft seine Erfindung – eine Zeitmaschine – fertig zu stellen.

Es gelingt dem Forscher, aus den Fängen der Nazis zu fliehen und die Zeitmaschine in beinahe, aber eben auch nur beinahe, funktionstüchtigem Zustand am Ort seiner Gefangenschaft zurückzulassen. Der Plan der Nazis, durch die Zeitmaschine das Verlieren ihres hausgemachten Krieges abzuwenden, scheitert.

In der Gegenwart versucht eine Gruppe wissenschaftlich versierter Menschen, dargestellt von den Welle:Erdball-Musikern, den Standort der Zeitmaschine ausfindig zu machen. Die Gruppe hält sich an die überlieferten Aufzeichnungen des Forschers und findet tatsächlich die fast fertige Zeitmaschine, die auch sogleich in Gang gesetzt wird.

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Operation Zeitsturm

Durch rückwärts Laufende Bilder von Katastrophen wird den Zuschauern nun verdeutlicht, dass die von Welle:Erdball verkörperte Gruppe eben diese nun rückgängig macht. Gezeigt werden unter anderem Bilder des Atombombardements von Hiroshima, der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und die Vernichtung des World Trade Centers.

Der Film endet als Welle:Erdball die Tochter des Erfinders der Zeitmaschine mit Hilfe dieser in die Gegenwart befördern. Mit der jungen Frau beratschlagen sie über die weitere Verwendung der Zeitmaschine und zerstören diese, da niemand die weitere Nutzung einer solchen Maschine verantworten könne.

Mit Operation Zeitsturm wurde den Zuschauern ein interessanter Film vorgeführt, der überdies durch die Zeitsprünge sowie durch eingeblendete Zitate von unter anderem Albert Einstein und die Verwendung der Musik von Welle:Erdball auch mit einer ungewöhnlichen Machart überzeugen konnte.

Auch wenn sich die Fans an Operation Zeitsturm durchaus interessiert zeigten, fieberten sie aber natürlich dem Beginn des eigentlichen Konzertes entgegen. Nach knapp anderthalb Stunden Filmvorführung war es um 21:20 Uhr dann auch soweit. Die Leinwand wurde abgebaut und Welle:Erdball betraten unter dem Applaus ihrer Anhänger die Bühne.

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Kultig, kurios, ungewöhnlich: Welle:Erdball

Während des ersten Stückes verblieben die Musiker allerdings noch am hinteren Rand der Bühne und positionierten sich hinter aufgestellten Papierwänden. Zunächst sah mal also nur die Silhouetten von Welle:Erdball.

Als die Musiker hinter den Sichtblenden hervortraten und ihr zweites Stück begannen, zeigte sich das Publikum sogleich von seiner besten Seite. Die Menge war von Beginn an derart begeistert, dass sich sogar Welle:Erdball-Sänger Honey erstaunt zeigte.

Die Darbietung von Welle:Erdball gestaltete sich so kultig und kurios wie man es von der Gruppe kennt und schätzt. 50er-Jahre-Kleidung trifft auf Roboter-Mimik, Relikte des technischen Wandels erhalten aktuelle Bezüge.

Auch die verschiedenen wiederkehrenden Elemente, die man von Welle:Erdball-Konzerten kennt, musste man nicht vermissen. Beim Stück “Starfighter F-104G” flogen Papierflugzeuge ins Publikum, bei “Super 8” wurde mit einer Super-8-Kamera von der Bühne gefilmt, bei “Arbeit Adelt” diente eine mit Konfetti gespickte Blechtonne als Schlagzeug-Ersatz und an anderer Stelle flogen große Luftballons in die Menge. Vor allem letztere Aktion sorgte für viel Spaß unter den Anwesenden.

Die Konzertgäste verloren im Verlauf des Abends nichts an ihrem Elan. Das Publikum war ein sehr gutes, es zeigte sich begeisterter und auch aktiver als so manches Publikum eines Metal-Konzertes.

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Der Gesellschaft wird ein Spiegel vorgehalten

Zu vielen der Lieder gab es auch noch einige Erläuterungen. Sänger Honey verlor Worte über Stücke wie beispielsweise “VW Käfer”, das fast schon als Lobpreisung auf jene technische Errungenschaft angesehen werden kann, mehr noch sprach er aber über die kritischen Stücke und jene mit ernsterem Hintergrund.

Zum Stück “Starfighter F-104G” merkte Honey an, dass dieses Flugzeug ursprünglich zum Einsatz von Atomwaffen konzipiert worden sei, für diesen Nutzen aber glücklicherweise nie eingesetzt worden wäre. Der Rüstungskonzert, der den Starfighter baute, mische heute im Übrigen immer noch in der Rüstungswirtschaft mit.

Dem Anspruch, eine politisch und gesellschaftlich kritische Band zu sein, wurden Welle:Erdball einmal mehr gerecht. Das ohnehin nicht aussagefreie Stück “Mensch aus Glas” nahm Honey zum Anlass, die Anwesenden noch einmal sehr nachdrücklich vor der aktuellen Datensammelwut verschiedener Institutionen zu warnen.

Wolfgang Schäuble hätte sich auf dem Konzert von Welle:Erdball wohl weniger wohl gefühlt.

Auch Konsumgesellschaft und Großkonzerne kamen nicht viel besser weg. Vor allem eine bekannte Hamburger-Kette erfreut sich bei Welle:Erdball scheinbar nicht unbedingt großer Beliebtheit.

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Welle:Erdball: Eine Mixtur der Jahrzehnte

Auch wusste Honey von seinen Erfahrungen mit dem niederländischen Fernsehprogramm zu berichten, das er als genauso schlecht wie das deutsche ansieht. Überspitzt brachte er zum Ausdruck, dass “jede private Fernsehanstalt ein gutes Ziel für einen selbstgebastelten Moletow-Cocktail” sei. Marcel Reich-Ranicki würde sich freuen.

Das gesellschaftlich und politisch kritische Engagement von Welle:Erdball beschränkte sich aber auch in Kaiserslautern nicht auf das Wirken auf der Bühne. Am Merchandise-Stand der Band lagen verschiedene Petitionen zu Tierschutzthemen wie Pelz oder Käfighaltung aus, die auch von zahlreichen Konzertgästen unterschrieben wurden.

Um 23:05 Uhr verließen Welle:Erdball dann zunächst die Bühne, doch das Publikum forderte selbstverständlich eine Zugabe ein. Diese kam unter anderem in Form von “Monoton und minimal” und “Es geht voran”. 20 Minuten später verließ die Band die Bühne dann erneut, doch die durchweg begeisterte Menge hatte immer noch nicht genug. Eine weitere Zugabe kam mit “Fred vom Jupiter” und das Konzert endete um 23:30 Uhr.

Die Fans verabschiedeten die Band nach ihrem grandiosen Auftritt gebührend.

Das Konzert war ausgesprochen lohnenswert und wird den Anwesenden lange in Erinnerung bleiben.

 

Konzertbericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de 

 

Hinweis: Die Fotogalerie zu diesem Konzert wurde 2013 aus technischen Gründen gelöscht.