Rezension: Operation: Zeitsturm (Spielfilm)

In zwei Wochen erscheint der von und mit der Electro-Band Welle:Erdball gedrehte Spielfilm “Operation: Zeitsturm”. Mehrmals wurde der Film bereits verschoben, ursprünglich feierte er schon Ende 2008 Premiere. Die DVD-Veröffentlichtung von “Operation: Zeitsturm” erfolgt nun am 16. April zusammen mit dem gleichnamigen neuen Welle:Erdball-Album (Link zur CD-Rezension) als offizieller Filmmusik.

Wie sich der 80minütige Streifen schlägt, verrät euch diese Rezension.

operation_zeitsturm_filmplakat

Dass eine Band einen Film dreht, ist schon ungewöhnlich. Dass jedoch ausgerechnet Welle:Erdball unter die Filmschaffenden gegangen sind, eine Band, die seit Anbeginn ihres künstlerischen Schaffens sehr fernsehkritisch auftritt, erscheint nahezu unerklärlich.

Warum drehen Welle:Erdball also einen Film? “Welle:Erdball hat weitaus mehr Potenzial als nur alle jubel Jahre einen Tonträger zu veröffentlichen.”, gibt Sänger Honey im Making-Of-Video der DVD auf diese Frage zu Protokoll. Außerdem glaube er, dass “die Szene auch genau sowas braucht.”

Etwas nachzuhelfen kann scheinbar trotzdem nicht schaden, denn der Film “Operation: Zeitsturm” ist an das gleichnamige neue Welle:Erdball-Album gekoppelt. Dieses ist nicht separat erhältlich, wer das Album kauft ist also unweigerlich auch Besitzer des Welle:Erdball-Films.

Doch nun zum Film an sich. “Operation: Zeitsturm” spielt gleichzeitig im Jahre 1944 und in der Gegenwart. Der Film springt dabei stets zwischen den beiden Handlungszeiträumen hin und her. Im Jahre 1944 entwickelt der begabte Wissenschaftler Prof. Alois Haberl eine Zeitmaschine. Die nationalsozialistische Führung möchte sich diese Erfindung zu Nutze machen, Haberl möchte aber nicht mit den Nazis kooperieren.

Welle:Erdball als Schauspieler

Daraufhin werden er und seine Tochter Marie-Sophie (gespielt von Pastique) gefangen genommen und zur namengebenden Operation Zeitsturm in einen Bunker verschleppt. Um Haberl gefügig zu machen, misshandeln die Nazis seine Tochter, woraufhin der Wissenschaftler widerwillig die Arbeiten an seiner Zeitmaschine fortsetzt. Im späteren Filmverlauf gerät Marie-Sophie in die Zeitmaschine und verschwindet.

Professor Haberl gelingt unterdessen die Flucht aus dem Bunker. Durch seine Tagebuchaufzeichnungen beauftragt er den in der Gegenwart lebenden Wissenschaftler (?) Dr. Georg Linde (gespielt von Honey), den er während der Experimente mit seiner Zeitmaschine sehen konnte, mit der Rettung seiner Tochter.

Georg Linde findet in der Gegenwart auch tatsächlich Haberls Aufzeichnungen. Um der Sache nachzugehen, trommelt er seinen Wissenschaftskollegen Martin Richter (gespielt von A.L.F.) und die Reporterin Liselotte Wagner (gespielt von Frl. Venus) zusammen. Zumindest bei Honey und A.L.F. könnte man augenscheinlich vermuten, dass die beiden Musiker sich in dem Film einfach selbst spielen.

Ihre Rollen tragen zwar gesonderte Namen, also Georg Linde und Martin Richter, diese hätte man sich aber auch getrost sparen können. So sind Honey und A.L.F. durchgehend in ihren Welle:Erdball-Bühnenoutfits zu sehen – inklusive Welle:Erdball-Button am Kragen – und hantieren mit C64-Computern herum. Den Fans wird es also so vorkommen, als sähen sie die beiden Herren, die sie vielleicht genau so schon auf der Bühne erlebt haben, nun 1 zu 1 im Film.

Mit C64 durch die Zeit

Auch die Handlungsweisen der Figuren tun dazu ihr Übriges. Als das Trio den Aufzeichnungen folgend auf die Zeitmaschine stößt, löst es das aufkommende Problem der mangelnden Prozessorleistung ganz nach Welle:Erdball-Manier; durch den Einbau eines Commodore SX 64. Mit diesem Welle:Erdball-Markenzeichen gelingt es dem Team dann, die Zeitmaschine in Gang zu setzen. Marie-Sophie Haberl wird aus dem Puffer der Zeitmaschine befreit und gelangt wohlbehalten in die Gegenwart.

In Folge dessen entbrennt ein Streit, ob die Zeitmaschine nun benutzt oder doch lieber zerstört werden soll. Wie sich die Protagonisten entscheiden, verrate ich euch an dieser Stelle aber nicht…

Punkten kann “Operation: Zeitsturm” mit seiner besonderen Machart. Zunächst ist da natürlich die nicht-chronologische Erzählweise, die wieder und wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin- und herspringt. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere auffällige Filmaspekte, zum Beispiel werden Umblendungen in die nächste Szene gerne mit Zitaten über Zukunft oder Zeit von verschiedenen Persönlichkeiten unterlegt.

Auffällig sind auch die ausgedehnten Kamerafahrten über allerhand technische Aufbauten oder Schaltkreiszeichnungen und – selbstverständlich – die wiederholte Verwendung der Musik von Welle:Erdball zur Untermalung des Films.

Für echte Fans von Welle:Erdball

Trotz dieser Extravaganz kann der Film seine Low-Budget-Herkunft natürlich nicht verbergen. Die Kulissen kommen dabei noch am besten weg, dennoch liegt über der ganzen Produktion eine trashige Note. Kurios wirkt dabei so manche Textzeile oder schauspielerische Leistung. Professor Haberl legt zum Beispiel stets einen staubtrockenen Textvortrag an den Tag und wirkt selbst beim Blick in einen Pistolenlauf noch sehr gefasst – da hilft auch die dramatische Hintergrundmusik nichts.

Und was sagt Marie-Sophie Haberl alias Plastique nachdem man sie in eine dicke Schleimschicht gepackt aus der Zeitmaschine befreit hat? “Ich kann nicht in Worte fassen was mir offenbart wurde!” Schräger geht es kaum noch.

Fans von Welle:Erdball werden solche Schnitzer aber gerne verzeihen. Auf diese – und wahrscheinlich nur auf diese – wartet mit “Operation: Zeitsturm” ein unterhaltsamer Film. Dass der Streifen auch außerhalb der Welle:Erdball-Fangemeinde seine Zuschauer finden wird, darf aber getrost bezweifelt werden. Mit Welle:Erdball als Schauspieler, der Musik von Welle:Erdball und weiteren Welle:Erdball-typischen Elementen wie C64 und Konsorten ist “Operation: Zeitsturm” für Fans der Band sicher sehenswert.

Wer mit Welle:Erdball als Musikgruppe aber nichts anfangen kann, wird es schlichtweg befremdlich finden, wenn zwei verrückt gekleidete Herren mit Fönfrisuren und Sonnenbrillen von elektronischer Musik begleitet einen 25 Jahre alten Computer dazu benutzen, eine Zeitmaschine in einem Nazi-Bunker in Gang zu setzen.

Fortsetzung folgt

Für alle, die an “Operation: Zeitsturm” Gefallen finden werden, gibt es im Übrigen eine gute Nachricht. Welle:Erdball haben schon einen zweiten Film in Planung. Kein Scherz. Auf der Homepage der Band ist bereits ein Trailer zu “Operation: Atahualpa” abrufbar. Nächstes Mal scheinen Welle:Erdball einem Inka-Schatz hinterher zu jagen.

Indiana Jones lässt grüßen.

Fazit

Mit “Operation: Zeitsturm” schenken Welle:Erdball ihrer Fangemeinde ein kurzweiliges B-Movie.

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de