Welle:Erdball – Der Kalte Krieg

Für ein ungewöhnliches Projekt ist die Minimal-Electro-Gruppe Welle:Erdball immer zu haben. Mal dreht die Band einen Spielfilm, mal stellt sie mit Homo~Futura ein Electro-Musical auf die Beine und auch sonst muss man bei dieser Formation einfach mit allem rechnen.

Das bestätigt sich auch bei ihrem neuen Album “Der Kalte Krieg” wieder. Hier hat sich die Band die Ära des Kalten Krieges als Vorlage für ein Konzeptalbum genommen, das zum ganz überwiegenden Teil aus Cover-Versionen von Liedern der Neuen Deutschen Welle besteht.

Wie sich das Ergebnis anhört lest ihr in dieser Rezension.

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Der Kalte Krieg steht auf dem Programm. Das zeigt beim neuen Album von Welle:Erdball sogar schon das Cover. Mit seinem Motiv spielt es nämlich offensichtlich auf die berühmte Fernsprechverbindung zwischen den obersten Regierungsebenen der USA und der damaligen Sowjetunion an, die man gemeinhin als das “Rote Telefon” bezeichnete.

Die Erstauflage von “Der Kalte Krieg” hat übrigens ein abweichendes Cover, das Welle:Erdball in Agentenpose vor einem Atompilz zeigt. Im Gegensatz zur regulären Version des Albums enthält die Erstauflage noch eine Live-DVD, die zwei Konzerte von 2006 und 2009 zeigt. Der Inhalt der Musik-CD ist bei Erstauflage und normaler Version identisch.

Wie eingangs erwähnt ist “Der Kalte Krieg” zum ganz überwiegenden Teil ein Cover-Album. Aus diesem Grund möchte ich in dieser Rezension auf eine Punktebewertung verzichten. Bisher komplett ungehörte Stücke gibt es auf der CD nämlich nur drei. Neben den beiden neuen Titeln “Der Kalte Krieg” und “Deutsche Liebe (C=64)” handelt es sich dabei auch um einen sehr hörenswerten Hidden Track, der noch aus der Gründerzeit von Welle:Erdball stammt.

Außer diesen neuen Liedern gibt es auch zwei Remakes alter Welle:Erdball-Stücke. So haben sich Hertzinfarkt dem Stück “Amerika” angenommen und The Girl &The Robot geben das beliebte “Starfighter F-104G” als “Starfighter F-104S” wieder. Der Hauptteil von “Der Kalte Krieg” besteht aber aus den zahlreichen Coverversionen. Als Vorlage dafür haben Welle:Erdball dabei nicht bloß irgendwelche Lieder genommen, die schlicht in die Epoche des Kalten Krieges fallen, sondern bewusst solche, die Krieg und Frieden auch mehr oder weniger deutlich thematisieren.

Herausgekommen ist eine bunte Liederschau von Stephan Remmlers “Feuerwerk” und “Eine Neue Zeit” von Der Liederkranz über das apokalyptische “Vor all den Jahren” von Stahlnetz bis hin zu Nicoles “Ein bisschen Frieden”, dem Gewinnersong des Eurovision Song Contest 1982.

All diese Stücke haben Welle:Erdball gelungen in ihren typischen, oft kurios anmutenden Minimal-Electro-Stil gekleidet. Der Weg hierzu war bei manchen der elektronischen NDW-Stücke gar nicht mal so weit, bei Schlagerballaden der Marke “Ein bisschen Frieden” allerdings schon. Die Umsetzung ist in jedem Fall gelungen, denn die alten Klassiker klingen unverkennbar nach Welle:Erdball: Minimal, elektronisch, skurril.

Recht untypisch für den selbst ernannten Radiosender ist, dass die Umsetzungen von The Cabinets “Kabinett” und “If you want to sing out, sing out” von Yusuf Islam (Cat Stevens) auf Englisch gehalten werden. Noch ungewöhnlicher ist aber, dass beim Yusuf-Islam-Song auf Elektronik verzichtet wird. Hier singt Welle:Erdball-Frontmann Honey stattdessen zur Akustikgitarre. Akustikgitarre bei Welle:Erdball dürfte für manche Fans wohl nahe an einen Kulturschock kommen und daher wohl recht geteilte Reaktionen hervorrufen. Doch wie gesagt: Sie kommt nur in einem einzigen Lied vor.

Insgesamt kommen solche stilistischen Überraschungen also eher selten vor. Stattdessen liefern Welle:Erdball wieder ihren typischen Sound, der auch auf Coverversionen projiziert seinen Charme voll entfaltet.

Fazit

Trotz dass es sich bei “Der Kalte Krieg” um ein Cover-Album handelt, steht das gesamte Werk unverkennbar für Welle:Erdball. Seinen Reiz schöpft das Album vor allem daraus, dass alles total neben der Spur klingt, obwohl es eben gerade keine Parodie darstellt.

Verglichen mit den früheren Alben von Welle:Erdball ist so ein Cover-Album natürlich etwas anderes. Im Fall von “Der Kalte Krieg” muss das aber kein Nachteil sein, sodass Welle:Erdball-Fans auch ohne viel neues Material voll auf ihre Kosten kommen.

(ohne Punktewertung)

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de