Nach ihrer Trennung von Corvus Corax im Jahr 2010 kehrte die Mittelalter-Rock-Band Tanzwut im September 2011 mit ihrem Album „Weiße Nächte“ zurück an das Licht der Öffentlichkeit. „Weiße Nächte“ wurde durchaus gut angenommen und brachte Tanzwut nicht nur zurück in das Bewusstsein der Szene, sondern auch auf Bühnen im ganzen Land.
Vor wenigen Tagen ist nun der Nachfolger von „Weiße Nächte“ erschienen. Das Album heißt „Höllenfahrt“ und bringt zwölf neue Lieder mit. Hier lest ihr wie es geworden ist.
So Richtig zur Ruhe kommt die Besetzung von Tanzwut irgendwie nicht – selbst nach der Trennung von Corvus Corax. In den zwei Jahren seit „Weiße Nächte“ hat es erneut drei Musiker verschlissen. An der Gitarre wurde Martin durch René ersetzt, am Keyboard Jagbird durch Bomba. Für das meiste Aufsehen sorgte seit dem letzten Album aber der Abschied von Ardor, einem altgedienten Mitstreiter von Band-Chef Teufel. Anstatt Ardor steht bei „Höllenfahrt“ Pyro am Dudelsack.
Relativ konstant ist hingegen der Sound geblieben, denn Änderungen gibt es auf „Höllenfahrt“ nur im Detail. Zum Beispiel hört man auf dem 48 Minuten langen Album wieder ein wenig mehr Elektronik. Die Betonung liegt aber auf ein wenig. So halten sich die elektrischen Schleifen entweder im Hintergrund wie beim Titelstück „Höllenfahrt“ oder werden lediglich als Intro benutzt wie bei „Die letzten Tage“. Viele Lieder verzichten auch fast vollständig auf die elektronischen Elemente.
Einen dermaßen hohen Stellenwert wie in den frühen Jahren von Tanzwut erhält die Elektronik mit „Höllenfahrt“ also keinesfalls zurück. Wer den wenig elektrischen, erdigen Sound von „Weiße Nächte“ mochte, braucht wegen der Syth-Elemente also keine Bedenken gegenüber „Höllenfahrt“ zu haben.
Etwas kritischer wird mancher Hörer sehen, dass „Höllenfahrt“ ein vergleichsweise langsames Album geworden ist. Dass auch Rock-Balladen wie „Niemand weiß“ oder „Der Himmel brennt“ mit von der Partie sind ist ja sowieso klar, aber auch bei den Rock-Stücken wagen sich Tanzwut meistens allenfalls in ein mittleres Spieltempo vor. Auf „Weiße Nächte“ gehörten zu den besten Liedern eben auch schnelle wie „Folge Deinem Herzen“. Von der Geschwindigkeit her wird dem einen oder anderen auf „Höllenfahrt“ ein echtes Pendant wohl fehlen.
Das jedoch ist eher eine Frage des Geschmacks als der Qualität der Musik, denn ihre Stärken zeigen Tanzwut auch auf „Höllenfahrt“ wieder sehr souverän – ganz unanhängig von der Spielgeschwindigkeit. Zu diesen Stärken zählen vor allem gute Refrains und eine saubere Melodieführung, mithin ein gelungenes Songwriting. Tanzwut, die immer eine auf Stimmung ausgerichtete Band waren, haben auch auf „Höllenfahrt“ wieder genügend mitreißende Momente zu bieten.
Dudelsack-Melodien wie die von „Das Gerücht“, „Heimatlos“ oder „Kein Blick zurück“ sind schon beim ersten Durchlauf eingängig, über das Album verteilt wartet außerdem der ein oder andere knackige Refrain wie in „Die Ruhe vor dem Sturm“. Ihr Konzept des Mittelalter-Rock, der einfach Stimmung und Laune machen soll, haben Tanzwut also abermals gut umgesetzt.
Etwas wirklich Neues bringt „Höllenfahrt“ hingegen nicht mit sich. So birgt das Album im Grunde genommen mehr vom gleichen – aber eben auch mehr vom gleich guten. Dass Tanzwut nicht wirklich innovativ sind muss man ihnen also nicht negativ auslegen. Die Band wagt keine Experimente, sondern bleibt bei ihrer altbewähren, aber durchaus populären Herangehensweise. Das Ergebnis ist ein nicht überraschendes, jedoch abermals stimmungsvolles und spielerisch tadelloses Album.
Fazit
Ein gelungenes Album, das sicher auch live seine Freunde finden wird.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de
Pingback: Tanzwut – Interview | DARK-FESTIVALS.DE