Mit „Verfallen – Folge 1: Astoria“ hat die Frankfurter Gothic-Rock-Band ASP am 16. Oktober ihr neues Album vorgestellt. Wie der Titel schon erahnen lässt, steht das Album nicht für sich alleine, sondern bildet die erste Hälfte des „Verfallen“-Zweiteilers.
Inspirationsquellen für das Album waren das Leipziger Hotel Astoria sowie eine Kurzgeschichte des Fantasy-Autors Kai Meyer. Wie sich das Ergebnis anhört erfahrt ihr in dieser Rezension.
Über Asp (großes A, kleines sp = der Bandleader) und ASP (drei große Buchstaben = die Band) gibt es so manche unrühmliche Geschichte. Bandleader Asp ist etwas speziell, auch was dem Umgang mit Fans angeht. So reagiert Durchlaucht mitunter beleidigt wenn Fans den Bandnamen als drei einzelne Buchstaben (sprich: A-S-P) und nicht als ein Wort aussprechen.
Fotografieren Fans während eines Konzertes mit ihren Handys, mutiert Asp regelmäßig zu Grumpy Cat. Auch bei Presse und Konzertveranstaltern eckt der Musiker immer wieder an. Ich selbst hatte bis zum Mai dieses Jahres immer Glück mit Asp, dann aber spielte seine Band als Tages-Headliner auf dem Hexentanz Festival.
Diva Asp erließ spontan ein Fotoverbot, sodass die Konzertfotografen inklusive meiner selbst das Festival vorzeitig verließen und auf seine Show verzichteten. Seither war mein ASP-Bedarf gestillt und seit Mai habe ich kein Lied der Band mehr gehört.
Anlässlich des neuen Albums „Verfallen – Folge 1: Astoria“ siegte bei mir aber die Neugier. Denn auch wenn Asp ein Unsympath ist, muss man zweifellos anerkennen: Mit seiner Band ASP hat der Musiker das Gothic-Rock-Genre geprägt wie nur wenige andere Interpreten im gesamten deutschsprachigen Raum.
Aufmachung und Präsentation der Musik von ASP sind zum ganz überwiegenden Teil hochwertig und die Essenz der Lieder besteht fast immer aus mehr als bloß einer schönen Melodie. Auch wenn man das neue Album in den Händen hält, merkt man schon vor dem ersten Hören, dass sich hier wieder Mühe gegeben wurde und „Astoria“ sich als Gesamtkunstwerk versteht.
So kommt das Album in der mir vorliegenden Version in einem kleinen Büchlein, das in etwa die Ausmaße einer DVD-Box hat. Blättert man auf, findet man zunächst die Musik-CD selbst. Danach folgen Liedtexte, Fotografien und vor allem die Geschichte „Das Fleisch der Vielen“ von Kai Meyer, die Asp zum neuen Album inspirierte. Abschließend enthält das Büchlein dann eine zweite CD, die zwei weitere ASP-Lieder sowie Lesungen des Autors Meyer enthält.
Doch nun zum Album an sich: Das Werk hat mit 13 Tracks und einer Gesamtspielzeit von gut 73 Minuten einen enormen Umfang. Alle Lieder werden auf Deutsch gesungen, auf englischsprachige Stücke wird dieses Mal komplett verzichtet.
Das Album erzählt lose die Geschichte eines Mannes, der im Jahre 1919 aus Berlin türmt und unter Annahme einer neuen Identität in Leipzig Fuß fasst. Dort findet er Arbeit und Obdach im – na klar – Hotel Astoria. Nicht jedes der Lieder treibt diese Handlung unbedingt voran, manche bauen erzählerisch aber tatsächlich aufeinander auf.
Musikalisch wird all das in typischer ASP-Manier präsentiert. Geboten wird melodischer, gitarrenlastiger Gothic Rock mit variierender Härte und Spielgeschwindigkeit. Die Begleitung kommt dabei manchmal in elektronischer Form, manchmal dagegen auch mit Klavier und Geige. Gelegentlich kommt zudem eine Akustikgitarre vor und hier und da gibt es auch einen Überraschungsmoment.
In „Zwischentöne – Lift“ werden zum Beispiel Rhythmik und Takt eines Standarttanzes adaptiert – das hört man nicht alle Tage. Produktionstechnisch und spielerisch ist „Verfallen – Folge 1: Astoria“ wie von ASP gewohnt sehr sauber.
Auch das Songwriting kann sich hören lassen, wenngleich auf dem Album nicht der eine große Hit zu finden ist. Aber gut, es kann auch nicht jedes Album ein „Ich will brennen“ haben. Auf „Astoria“ stehen eher der erzählerische und der künstlerische Faktor im Vordergrund und weniger die griffigen Refrains. Wer sich davon angesprochen fühlt, erhält ein nicht alltägliches und durchaus abwechslungsreiches Album.
Fazit
„Verfallen – Folge 1: Astoria“ ist ein gelungenes Album, das von seinem Konzept und der Machart her aus der Masse hervorsticht. Wer daran Gefallen findet bekommt in nicht allzu ferner Zukunft schon Nachschub: „Verfallen – Folge 2: Fassaden“ zeichnet sich bereits am Horizont ab.
Punkte: 8 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de
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