Wacken Open Air 2016 – Festivalbericht

Tausende von Menschen aus aller Welt pilgerten auch in diesem Jahr wieder in ihren Wallfahrtsort im Norden von Deutschland, das kleine Dorf Wacken. Zum 27. Mal feierten in dem beschaulichen Ort in Schleswig-Holstein zehntausende Menschen jeder Herkunft und Altersklasse zusammen auf dem Wacken Open Air. Das bekannteste Metal-Festival der Welt fand dort dieses Jahr vom 3. bis zum 6. August statt.

Dieser Bericht blickt auf die Veranstaltung mit rund 75.000 Besuchern und 120 Bands zurück.

Fotolinks: Teil 1 (3. und 4. August) / Teil 2 (5. und 6. August)

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Wacken Open Air

Tag 1 – Mittwoch, der 3. August

Der trübe Himmel und die Regenströme konnten die Scharen anreisender Metal-Fans nicht schrecken, die sich ab Mittwoch zum größten Metal-Festival des Planeten einfanden. Der Besucherandrang war wieder einmal groß, denn schon zum zehnten Mal in Folge hatte das Wacken Open Air frühzeitig “ausverkauft” gemeldet.

Musikalisch ging es am Mittwoch schon mit dem Metal-Battle los, einem Wettberwerb für Newcomer-Bands. Zwei Tage lang kämpften Musikgruppen aus 40 Ländern im Bullhead City Circus um den Sieg. Eindrücke vom Tag mit Fotos der aus Island stammenden Audn findet ihr in unserer Galerie.

Wer sich nicht schon die volle Dröhnung geben wollte, watete im Schlickschlamm und versorgte sich auf dem Metal Markt mit Souvenirs, Festival-Fastfood oder Flüssignahrung. Es gab auch alternative Unterhaltung: Die Zeit bis zur Lieblingsband konnte man sich zum Beispiel mit der Besichtigung einer Pistenraupe als Promo des Full Metal Mountain vertreiben. Einem der besten Speed-Carving Teams konnte man beim Skulpturen schnitzen in Höchstgeschwindigkeit zusehen und auch die neue PlayStation VR konnte man ausprobieren. Ein weiteres, nicht musikalisches Highlight war Europas größte und imposanteste historische Schmiede im Wackinger Village. Dort wurde das ganze Festival über von sechs Schmiedemeistern aufwendiger Heavy Metal geschmiedet.

Als musikalische Alternative auf der Wackinger Stage boten die Bands Reliquiae und Versengold mittelalterlich- und folkgeprägte Klänge. Beim Bierbank-Surfen der Band Mr. Hurley und die Pulveraffen durstig gewordene Fans stärkten sich mit Getränken an einem der Stände oder wanderten zur Beergarden-Stage oder zur Rainbowbar weiter. Die Rainbowbar gab es dieses Jahr zusätzlich und erinnerte an den legendären Metaller Lemmy Kilmister, der am 28. Dezember 2015 verstorben ist. Auch sonst stand dieses Jahr viel im Zeichen des Motörhead-Sängers: Neben einer über zwei Meter großen Lemmy-Gedenk-Statue und “seiner” eigenen Bar zeigte das Kino im Movie Field „Lemmy – The Movie“.

Den musikalischen Höhepunkt des Tages gestalteten Hämatom auf der Headbanger Stage. „Wir sind Gott“ lautet der Titel ihrer aktuellen Tourshow, mit der sie das erste Mal an diesem Tag den Bullhead City Circus in ein bis zum Anschlag gefülltes Zelt voller feiernder Metaller verwandelten. Parallel dazu spielte Subway To Sallys Frontman Eric Fish auf der Wackinger Stage seine Solo-Show während Monstagon auf der Wasteland Stage erste Pyro-Highlights steigen ließen.

Nach den Konzerten testeten die stimmstarken Feierwütigen noch bis spät in die Nacht das „Berlin Allstarz Live Karaoke“.

 

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75.000 Fans kamen nach Wacken

Tag 2 – Donnerstag, der 4. August

Der Donnerstag zeigte sich zwar überwiegend freundlich, doch sorgten immer wieder kurze, heftige Regenschauer dafür, dass sich der Holy Ground in eine einzige Matschlandschaft verwandelte.

Da das Infield und die Hauptbühnen vormittags noch nicht geöffnet hatten, nutzten viele Besucher den Morgen zum Ausschlafen während die erst am Donnerstag ankommenden Fans das Gewusel auf den Plätzen verstärkten. Wer noch auf der Suche nach seinem Campingplatz war, richtete seine Nase nach dem Geruch der Dosenravioli der frühstückenden Zeltgäste aus. Zu dieser Zeit feierten andere sich bereits mit den Bands beim Metal Battle oder auf der Wackinger Stage warm. Punkt 14 Uhr begann dann der Run der Fans auf das Infield. Es galt, sich die besten Plätze vor der Black Stage zu sichern, als Headliner des Abends stand nämlich die Metal-Legende Iron Maiden auf der riesigen Bühne.

Die Mainstages am Donnerstag standen ganz im Zeichen der 80er. Als Opener rockten die Wacken-Urgesteine schlechthin: Skyline. Die Musiker verbreiteten nicht nur gute Stimmung, sondern warfen aufgeblasene Wackenbälle ins Publikum – in Erinnerung an den am 16. Mai 2010 verstorbenen Rocksänger Ronnie James Dio (US-amerikanische Hard-Rock Sänger der Bands Rainbow, Black Sabbath, DIO und Heaven and Hell). Von den Zuschauern geschlagen, gestoßen oder geworfen drifteten die Riesenbälle taumelnd über das Gelände. Weiter im Programm ging es mit Saxon. Während ihres Klassikers „The Eagle Has Landed“, ließen die Veranstalter einen Wetterballon mit Kamera und W:O:A® -Logo in die Stratosphäre aufsteigen, als symbolische Geste dafür, dass Metal keine Grenzen kennt. Bilder und ein Video der Aktion findet ihr auf wacken.tv.

Danach eroberten Foreigner die Bühne und führten die Fans zurück zum Heavy-Mittelalter des Rock, denn die Band existiert bereits seit 40 Jahren. Leadsinger Kelly Hansen nutzte den Auftritt für ein Bad in der Menge und animierte die Fans immer wieder zu lautstarkem Mitsingen. Die Hardrocker von Whitesnake übernahmen als Zeitgenossen die Bühne naht- und mühelos.

Gespannt warteten die Fans auf die nun folgenden Metal-Ikonen Iron Maiden, die auf der True Metal Stage das Ende ihrer „The Book Of Souls“-Welttournee zelebrierten. Gelichzeitig mit den Wacken Live Übertragungen im Internet streamte die Band ihr Konzert exklusiv weltweit und ein bestens aufgelegter Bruce Dickinson moderierte für die Wacken-Meute. Ob das Gänsehaut-Feeling bei „Fear of the Dark“, bei dem das komplett volle Infield lauthals mitsang, für kräuselnde Haut der Zuschauer daheim sorgte, ist nicht überliefert. Aber da nach Aussage des Veranstalters mit über 550.000 Zuschauern weltweit ein neuer Streaming-Rekord für den deutschen Festivalsektor aufgestellt wurde, kann gesagt werden, dass die Metal-Szene kontinentübergreifend Wacken gemeinsam erleben konnte – und wenn es zum Teil nur virtuell geschah.

Auch auf den anderen Bühnen ging es wieder hoch her: Die wohl längsten Anreisen hatten Bands wie Lepergod aus Argentinien und Ritual Day aus China auf der W:E:T- und Headbangers Stage, die mit weiteren Bands an Tag wwei um den Sieg des 12ten Metal Battles fochten.

Heiß und breit gefächert ging es nach den Battle Bands weiter. Den Anfang machte der achtbare Auftritt der englischen Melodic-Metal-Band The Raven Age. The Other optimierten ihren Horrorpunk mit Saxophon durch ihr großes musikalisches Spektrum, während Marduk die brachiale Kraft des Black Metals entfesselten. Schade, dass der Sound im Zelt sowohl bei Marduk wie auch bei Immolation nicht optimal ausgesteuert werden konnte. Zu später Stunde kehrte mit Therapy? und Blue Öyster Cult die harte Rockmusik zurück auf die Bühne im Bullhead City Circus.

 

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Der Schlamm gehört auf Wacken schon fest zum Programm

Tag 3 – Freitag, der 5. August

Auch am Freitag war der Wettergott anfangs nicht gut drauf. Pünktlich zur Eröffnung des Bandmarathons auf dem Infield, öffnete der Himmel erneut seine Schleusen und verwandelte den heiligen Acker ein weiteres Mal in eine fette Schlammgrube. Nur die Bands Pyogenesis und Orden Ogan standen im Trocknen, doch ab dem frühen Nachmittag schien die Sonne auch für das triefende Metalpublikum. Sie trocknete die Klamotten der Feiernden nicht, denn Bands wie Loudness und Eluveite sorgten schnell dafür, dass die Nässe des Regens durch Tanzschweiß ersetzt wurde.

Eluveite überraschte die Menge mit Gastsängerin Liv Kristine, die gekonnt den weiblichen Part beim Song “A Rose For Epona” übernahm. Die schwedischen Death-Metal-Band Entombed animierte einige Metaller in feinster Wacken-Manier zu einem kleinen Mosh Pit vor der Black Stage. Auch die stimmgewaltige und temperamentvolle Ex-Nighwish-Sängerin Tarja überzeugte durch ihre Performance, den Höhepunkt aber setzte ihr Duett mit Arch Enemy-Sängerin Alissa White-Gluz, das die Menge zum Ausrasten brachte.

Nur 20 Meter weiter vor der Party Stage wären Frösche besser dran gewesen. Doch weil Bands wie Equilibrium und Torfrock für beste Stimmung sorgten, störten sich auch die Fans am Wackener Party Tümpel nicht an den seenartigen Matschpfützen, die nun im schönsten Sonnenschein glänzten.

Den Kampf der Höhepunkte auf den Infield entschieden an diesen Tag ganz klar zwei Bands für sich: Nachmittags die Waliser von Bullet For My Valentine und vor Mitternacht der Headliner Blind Guardian. Während erstere mit ihrem Metalcore bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen die Menge schnell auf Betriebstemperatur brachten, mussten die Herren von Blind Guardian – aufgrund der sehr rasch gefallenen Temperaturen – schon mehr bieten um die Menge anzuheizen. Doch lautstark von einer begeisterten Menge im vollen Infield mitgesungen, schafften es die Hits aus den zehn Studioalben der Band mühelos, Wärme auf den Wacken Fields zu verbreiten.

Aber auch abseits des Infields wurde wieder viel Programm geboten. Wer gerade keine Lust auf Live-Musik hatte, fand Unterhaltung beim ersten W:O:A Slam Battle oder Ringkämpfen im neuen Wrestling Zelt auf der Wacken Plaza. Durch die Verlagerung konnten mehr Bands auf der Headbanger und W.E.T. Stage spielen und mehr Platz für tanzende Besucher gab es auch. Selbst mit dem Ende des Metal Battle herrschte dort Hochbetrieb und im Zelt wurde die Musiker von Die Krupps, Ektomorf oder Orphaned Land wild gefeiert während tief in der Nacht auch Caliban, While she Sleeps und Kampfar das ausharrende Publikum warmhielten.

Mit ihrem ersten Auftritt in Europa überraschten die afrikanischen Musiker von Overthrust aus Botswana die eingefleischten Heavy-Metal-Puristen auf der Wasteland Stage, mit Black Metal in Action. Und dann gewinnt Südafrika auch noch das diesjährige Metal Battle mit Zombie ate my Girlfriend, während die bundesdeutschen Vertreter Syndemic abseits von Bronze auf Platz 4 landeten.

 

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Feuer frei zum Finale

Tag 4 – Samstag, der 6. August

Nach weiteren kurzen Schauern erinnerte das Gelände am Samstag abermals eher an ein riesiges Schlammbad als an ein geordnetes Konzertgelände: Trecker pflügten Gräben, um das Wasser abzuleiten, Gummistiefel steckten fest, der norddeutsche Sommer zeigte sein ungemütlichstes Gesicht. Dieses aber hielt die wenigstens Camper davon ab, mit Bands wie Dragonforce oder Eskimo Callboys zu feiern und passend zum Beginn der Konzerte stoppte auch der gefühlt immer präsente Regen. Trotz teilweise defekter Video-Wand, der frühen Uhrzeit und dem Biermangel stieg die Stimmung auf und vor der Bühne und Dragonforce-Sänger Marc Hudson dirigiert die Feiernden zu einem Circle Pit. Auch wenn die Sonne im Laufe des Tages die Wolken besiegte, steckte die Regennässe im Boden und den Menschen in den Knochen. Wie Nässe umgewandelt und abgeschüttelt wird, zeigte die Düsseldorfer Metalcore Band Callejon, deren energiegeladener Auftritt auf der Party Stage bei schönstem Sonnenschein schnell die Schweißporen öffnete. Mitgedacht – die Security verschenkt Eis, kurz vor dem Auftritt von Callejon.

Es folgten weitere positive Überraschungen an diesen Tag, wie beim Gastauftritt von Twisted Sister-Sänger Dee „Fucking“ Snider bei Therion, der sich für seinen Auftritt in der Nacht schon mal warm sang.

Mit der Aufforderung die „Brüste zu zeigen“ gelang es der Glam-Metal-Band Steel Panther einmal mehr, die Menge zum Ausrasten zu bringen. Als einer der Höhepunkte des Abends in Punkto Stimmung brachten die Partymacher mit ihren ironischen Texten über Sex, Frauen und Drogenkonsum ihr Publikum weiter in Stimmung, luftgefüllte Aufblasutensilien und Crowdsurfer inklusive. Auch zeigefreudige Damen glänzen im Scheinwerferlicht und schienen auch auf der Bühne gern gesehen zu sein.

Mit der US-amerikanischen Hard-Rock- bzw. Hair-Metal-Band Twisted Sister startet ein weiteres Urgestein der Szene. Deren Kult Hits wie „We’re Not Gonna Take It“ und „I Wanna Rock“ brachten auch den letzen Besucher des Infields zum Mitgrölen – soweit die Stimme es zuließ. Was aber aus der tiefen Kehle der schwedischen Sängerin Alissa White-Gluz hervorbrach, ließ auch einen Joe Cocker alt aussehen. Mit ihrem Melodic Death Metal waren Arch Enemy Headliner des Abends, ihre gewaltige Feuershow leitete das Finale des diesjährigen Wacken Open Airs ein. Freudig reagierten die Fans auch auf die Ankündigung der Band, die Wacken-Show für eine DVD-Produktion aufzuzeichnen.

Unterm Sternenhimmel leuchtete dann noch das Hologramm des Rock-Urgesteins Ronnie James Dio. Gemeinsam mit den Dio Disciples, die nach Dios Tod von seinen Ex-Bandkollegen gegründet wurden, genossen die wackeren Hard-Rock-Fans die letzten Momente des Wacken Open Airs in dieser kalten Nacht vom 6. auf den 7. August.

 

Bericht: Natalie Laube und Sven Bähr

2 Gedanken zu „Wacken Open Air 2016 – Festivalbericht

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