Die Power-Metal-Band Heavatar verknüpft handelsüblichen Power Metal mit den Werken klassischer Komponisten wie Beethoven, Vivaldi oder Chopin. Gegründet wurde die Band von Van Canto-Schöpfer Stefan Schmidt. Darüber hinaus trifft man im Lineup unter anderem auch auf den ehemaligen Stratovarius-Schlagzeuger Jörg Michael.
Vor ziemlich genau fünf Jahren brachten Heavatar ihr Debütalbum „Opus I – All My Kingdoms“ heraus. Mit „Opus II – The Annihilation“ ist nun vor wenigen Tagen der Nachfolger erschienen.
„Opus II – The Annihilation“ hat eine Spielzeit von beinahe einer vollen Stunde. Unter den zwölf Liedern befindet sich mit „The Look Inside“ auch ein 14 Minuten langes Instrumentalstück, das stark mit orchestralen Elementen ausgekleidet wird. Die übrigen Lieder sind im Großen und Ganzen reguläre Metal-Stücke. Gesungen wird durchgehend auf Englisch.
Obwohl die Band im Prinzip Power Metal spielt, ist die Spielgeschwindigkeit von „Opus II“ nicht immer sehr hoch. Es gibt auch langsamere Stücke im Midtempo, die eher an klassischen Heavy Metal erinnern. Gemeinsam ist allen Liedern ihr hoch melodischer Aufbau. Im Vordergrund stehen dabei stets die Metal-Instrumente, im Hintergrund findet hier und da eine orchestrale Begleitung statt. Chöre kommen auch gerne mal vor.
Wie schon das Debütalbum ist auch „Opus II – The Annihilation“ wieder super gespielt. Knackige Riffs und richtig gute Soli lassen das Herz von Gitarrenfreunden höher schlagen. Eine blitzsaubere Produktion bringt diese tollen Spielfertigkeiten gut zur Geltung. Technisch ist das neue Album von Heavatar absolut auf der Höhe der Zeit.
Auch der Abwechslungsreichtum kann sich hören lassen. Neben den Variationen von Spielgeschwindigkeit und Hintergrundbegleitung gibt es ab und zu auch mal neue Elemente, zum Beispiel eine weibliche Gaststimme in „A Broken Taboo“. Dennoch kann das neue Werk von Heavatar aus zwei Gründen nicht mit dem Debütalbum mithalten.
Erstens hatte „Opus I – All My Kingdoms“ schlichtweg das bessere Songwriting. Auch das Debüt reihte nicht Ohrwurm an Ohrwurm, hatte aber einige echte Hits wie „Replica“. Stücke von solchem Kaliber fehlen auf „Opus II – The Annihilation“ einfach. Auch grandiose Gitarrensoli täuschen nicht darüber hinweg, dass in Sachen Melodien und Refrains noch mehr gehen könnte.
Zweitens kommt auf dem neuen Album das Klassik-Konzept längst nicht so gut herüber wie auf dem Debüt. Nach wie vor lassen Heavatar ja Melodien von klassischen Komponisten in ihren Power Metal mit einfließen. Das Problem ist, dass sie die wirklich bekannten Klassik-Stücke eben schon auf ihrem Debütalbum verwendet haben.
Das erste Album war voll von bekannten Klassik-Melodien, die so gut wie jeder schon mal gehört hat – sei es nun im Musikunterricht der gymnasialen Mittelstufe oder auch nur in der Fernsehwerbung. Man musste eben kein ausgewiesener Kenner sein, um klassische Melodien auf dem Album wiederzufinden.
Bei „Opus II – The Annihilation“ sieht das nun grundlegend anders aus. Wer kein absoluter Klassik-Fan ist, erkennt nur noch vereinzelt Melodien – zum Beispiel im Anfangsteil des Titelstücks „The Annihilation“. Viel mehr als das aber auch nicht. Mehr Klassik-Melodien hört wohl nur heraus, wer ein absoluter Fan klassischer Musik ist. Auf die meisten der Metal-Fans dürfte das eher nicht zutreffen.
Der Fundus an auch der breiten Bevölkerung bekannten Klassik-Melodien ist nicht sehr groß und viel von diesem Pulver haben Heavatar eben auf dem Debütalbum verschossen. Das, worum es bei Heavatar eigentlich geht, kommt daher jetzt auf „Opus II – The Annihilation“ nur noch eingeschränkt zum Tragen.
Wer kein Klassik-Nerd ist, erkennt auf dem neuen Heavatar-Album am ehesten noch die Melodie von „Metal Daze“. Die ist nämlich von Manowar.
Fazit
Ein sauber gespieltes Power-Metal-Album, dessen eigentliches Konzept an den meisten Hörern aber vorbeigehen dürfte.
Punkte: 6.5 / 10
Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de