Heretoir – Solastalgia

Letztes Mal hat es sechseinhalb Jahre bis zu einem neuen Heretoir-Album gedauert, dieses Mal nur zwei. Am 19. September veröffentlicht die anspruchsvolle Post-Black-Metal-Band ihr neues Werk mit dem Titel „Solastalgia“.

Was bedeutet dieser Begriff überhaupt? Das und mehr klären wir in der Rezension!

„Solastalgia“ kommt mit elf Liedern auf eine Gesamtspielzeit von 63 Minuten. Darunter befindet sich ein Cover von In Flames („Metaphor“), die anderen sind originäre Heretoir-Stücke. Und eines vorweg: Es ist dieses Mal kein Ambient dabei.

Wir erinnern uns: Das letzte, ohnehin relativ kurze Album „Nightsphere“ hatte nur drei Metal-Stücke im Gepäck – der Rest waren zwei lange Ambient-Lieder. Damit ist jetzt Schluss. Auf „Solastalgia“ gibt es zwischendurch mal ein kurzes instrumentales Klavierstück („Rain“), ansonsten aber das Komplettpaket an neuen Stücken im bekannten Heretoir-Stil.

Der bewegt sich gewohnt frei zwischen Post- und Black Metal, aber auch sphärischer Rockmusik. Die Texte sind dabei auf Englisch gehalten und fallen nachdenklich bis melancholisch aus. Oft sind sie interpretationsoffen gehalten. Wird es dann doch mal konkreter, geht es häufig um die Zerstörung des Planeten. In „Burial“ wird zum Beispiel angemahnt wie der Mensch die Welt konsumiert.

Damit schließt sich der Bogen zum Albumtitel „Solastalgia“. Der Begriff wurde von einem Naturphilosophen geprägt und bezeichnet das belastende Gefühl, das jemand hat, der die Zerstörung des eigenen Lebensraums miterlebt. Das Thema Umweltzerstörung, Klima und so weiter, das bereits auf dem vorherigen Album zum Tragen kam, ist also auch dieses Mal präsent.

Musikalisch bringen Heretoir wieder ihr traurig-kaltes, trotzdem aber hoch melodisches Klangbild zur Geltung. Viel passiert gleichzeitig, wodurch stets ein sehr voller Sound entsteht. Da spielen mehrere Gitarren übereinander oder Klar- und Growl-Gesang finden gleichzeitig statt. Hin und wieder werden auch Klavier und Akustikgitarre mit eingebracht, das aber nicht in übergroßem Maße.

Markant sind auch die Passagen, in denen textloser Vokalgesang aus dem Hintergrund dringt. Dieser wird flächig eingesetzt und gibt dem Klangbild zusätzlich Fülle – im Prinzip nutzen Heretoir den Vokalgesang so wie andere Bands ein Keyboard. Das alles zeigt, dass die Musik von Heretoir auch auf „Solastalgia“ wieder einen enorm hohen Wiedererkennungswert hat.

Stimmungs- und Tempowechsel bringen dabei zusätzliche Spannung. Nehmen wir zum Beispiel „Season of Grief“, das längste Stück des Albums. Da gibt es ruhige, hoch melodische Spannungsbögen mit Klargesang – und einen Augenblick später Blastbeat-Gewitter mit enorm tiefen Growls. Und danach sphärische Instrumentalpassagen.

Einmal mehr haben Heretoir ihr Konzept hier wirklich gelungen in die Tat umgesetzt. Ihre Musik ist atmosphärisch, vielseitig und hat schlichtweg einen ästhetischen Klang. Stilistisch ist dabei nichts zu finden was für Heretoir bahnbrechend oder neu wäre, aber würden die Fans das überhaupt wollen? Eigentlich nicht. Als langjähriger Heretoir-Hörer freut man sich eher, dass die Ambient-Experimente des letzten Albums Geschichte sind und hier wieder ein komplettes Werk im bekannten Stil vorgelegt wird.

Wenn man sich auf diesem Gesamtkunstwerk denn noch etwas wünschen würde, dann vielleicht ein, zwei überragende Einzelstücke. In dem Punkt bleibt das „The Circle“-Album von 2017 ungeschlagen.

Fazit

Ein facettenreiches, atmosphärisch dichtes Album mit gewohnt hohem Wiedererkennungswert.

Punkte: 8 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de