Dieses Jahr an Pfingsten fand zum 25. Mal das Wave Gotik Treffen in Leipzig statt. Über die ganze Stadt verteilt bot sich den Besuchern ein abwechslungsreiches Musikprogramm aus verschiedensten Stilrichtungen der Szene, aber auch ein vielseitiges Rahmenprogramm. Zum 25-jährigen Bestehen hatten sich die Veranstalter auch etwas besonderes einfallen lassen.
Dieser Bericht blickt auf die diesjährige Veranstaltung zurück.
Fotolinks: Teil 1 (12. bis 14. Mai) / Teil 2 (15. und 16. Mai)
Donnerstag, der 12.05.2016
Leipzig würde wieder fest in schwarzer Hand sein. Schon am Donnerstagmorgen war das ersichtlich, als die erste Autos schon lange vor der Eröffnung des Campingplatzes auf den Einlass warteten.
Viele wollten wieder ihre Stammplätze ergattern, hatten eine weite Anreise hinter sich oder wollten sich vor der großen Eröffnungsfeier noch ausgiebig ausruhen.
Für dieses WGT hatten sich die Veranstalter etwas ganz besonderes ausgedacht. Die Eröffnungsfeier fand dieses Jahr im Vergnügungspark Belantis im Süden von Leipzig statt.
Viele fuhren Jahr für Jahr am Belantis vorbei, nur wenige waren bisher drin. Das sollte sich jetzt ändern. Mit dem Bus von der Agra oder vom Hauptbahnhof aus kommend, fuhr die schwarze Gemeinschaft nun in den Freizeitpark. Viele Nutzen auch die Möglichkeit, mit dem eigenen PKW direkt dort hin zu fahren, sich ihr Bändchen vor Ort zu holen und sich den Abstecher über die Agra zu sparen. Ob das eine so gute Idee war, blieb aufgrund der langen Warteschlange vor Ort dahingestellt.
Drinnen angekommen wurden die meisten Gothics schlagartig wieder zu kleinen Kindern. Egal wo man hin ging, egal wie lange die Schlage war, überall wurde gelacht, gescherzt und die Fahrattraktionen ausgiebig genutzt.
Zwar waren nicht alle Fahrgeschäfte geöffnet, was viele gerade beim Bootfahren schade fanden, trotzdem sollte kaum einer zu kurz kommen. Wer nicht schwindelfrei war oder nicht nass werden wollte, konnte auf einer der vier Tanzflächen auch einfach nur feiern oder sich schon die erste Band anhören.
Das angekündigte Feuerwerk entpuppte sich als Augenschmaus. Man konnte es von fast überall im Park aus gut sehen und die Besucher bedachten das Spektakel mit großem Beifall. Obwohl es hieß, dass um Mitternacht die Fahrgeschäfte schließen würden, konnte man noch bis tief in die Nacht mit der Achterbahn fahren, mit Ikarus fliegen oder einfach feiern.
Die Rückreise aus dem Freizeitpark war genau wie die Hinreise sehr gut organisiert. Zwar musste man wenn man zum Hauptbahnhof wollte stellenweise etwas warten, der Großteil der Gothics war aber schnell wieder in der Agra oder in der Stadt. Wer noch nicht genug vom Feiern hatte, konnte dann noch auf einer der anderen Partys die erste Nacht des diesjährigen WGTs zum Tag machen.
Freitag, der 13.05.2016
Das Erwachen am Freitagmorgen wurde von einem grauen Himmel begleitet. Leider war nicht nur das Wetter grau, die Stimmung einiger Camper war es auch. Über Nacht war in die Zelte einiger WGT-Besucher eingebrochen worden, wobei Wertgegenstände entwendet wurden. Weiteres ist bisher noch nicht bekannt.
Ansonsten bot der Freitagmorgen das gewohnte Bild. Neben Anreisenden waren auch die Feiernden der letzten Nacht zu sehen, die gerade aus ihren Zelten krochen. Einige der Anwesenden waren auch schon perfekt für das Viktorianische Picknick gestylt.
Auch das heidnische Dorf öffnete seine Tore. Mit Live-Musik von Waldkauz und Vielle wurde die Menge zu Met und Federweißer begrüßt. Trotz des zunächst durchwachsenen Wetters machten sich viele auch auf den Weg zum Viktorianischen Picknick in den Clara-Zetkin-Park. Dort schien dann auch tatsächlich die ganze Zeit über die Sonne. Neben den vielen WGT-Besuchern mit interessanten und ideenreichen Outfits tummelten sich beim Viktorianischen Picknick auch wieder viele ungestylte Gruftis und normale, schaulustige Leipziger.
Die Zahl der schaulustigen Einheimischen überwog zeitweise sogar die Zahl der anwesenden Gothics. Das zeigt wieder einmal, dass das Wave Gotik Treffen im Allgemeinen und das Viktorianische Picknick im Besonderen feste Termine auch im Kalender vieler Leipziger sind, die nicht die entsprechende Musik hören.
Leider ließen viele der Zuschauer einmal mehr ihre Erziehung zu Hause und machten ungefragt Bilder oder belästigten vereinzelt sogar die Anwesenden, die sich mit viel Mühe und Zeit für das Picknick in Schale geworfen hatten. Wer keine Lust auf Schaulustige oder Paparazzi hatte, konnte aber ins Viktorian Village gehen. Dort gab es neben einem strikten Dresscode auch wieder viele Auflagen für potenzielle Fotografen.
Eine neu hinzugekommene Location war in diesem Jahr das Non Tox, in dem Vertreter der Elektro- und Industrial-Richtung aufspielten. Als Opener fungierten dabei Black Design. Leider liegt die Location im Vergleich zu den anderen Spielorten derart abgelegen, dass es sich für ein einzelnes Konzert kaum lohnte, die Strecke auf sich zu nehmen. Das Problem versuchten die Veranstalter dahingehend zu lösen, dass im Non Tox zahlenmäßig die meisten Bands zu sehen waren.
Der Besucherandrang vor allem bei den bekannteren Locations war gut. Vor Spielorten wie zum Beispiel dem Kohlrabizirkus bildeten sich schon vor der Einlasszeit lange Schlangen.
Ein musikalisches Highlight des Abends war das Jubiläumskonzert zum 25. Geburtstag von Project Pitchfork. Die Feier zu ihrem Jubiläum fand in einem randvollen Kohlrabizirkus statt. Da Project Pitchfork dort die letzte Band des Abends waren, konnten sie problemlos um eine halbe Stunde überziehen und weiter mit ihren Fans feiern. Da es in der Halle mehr Besucher als Platz gab, bildeten sich vor dem Einlass lange Schlangen. Leider konnten nicht alle rein die rein wollten.
Das Mitternachtsspezial und damit die letzte Band des Abends war Peter Murphy in der Agra-Halle. Der „Godfather of Goth“ und Frontman der Band Bauhaus spielte vor einem überaus gut gefüllten Haus Hits aus seinen Zehn Alben.
Wer danach noch fit war konnte auf einer der vielen Partys weiter tanzen. Egal ob beim „Dunkelromantischen Tanz“ im Haus Leipzig oder bei Bruno Kamm in der Agra 4.2, die Stimmung war überall gut und die WGT-Besucher schwangen bis in den frühen Morgen hinein das Tanzbein.
Samstag, der 14.05.2016
Der Samstagmorgen präsentierte sich deutlich kälter als die vorherigen Tage des WGTs. Schlechte Voraussetzungen für Outdoor-Veranstaltungen wie das Steampunk-Picknick. Doch trotzt der Kälte zog es einige hundert gestylte Anhänger der Retro-Zukunft in den Palmengarten. Dort gab es neben selbst gemachten Outfits und schönen Gesprächen dieses Mal auch Live-Musik. Zu szenetypisch umgebauten Instrumenten konnte man sich am freien Buffet, zu dem jeder einen Teil beisteuerte, bedienen.
Freunde des Autos trafen sich zeitgleich zum „Leichentreff am Südfriedhof“. Dort konnten vor der Kulisse des Völkerschlachtdenkmals allerlei Leichenwagen bestaunt werden. Wem es für derlei Aktivitäten zu kalt war, der konnte zu Lesungen von beispielsweise Christian von Aster, zu einer der Ausstellungen, ins Café, ins Grassi-Museum oder zum Shoppen in die Agra-Halle gehen.
Trotz der Kälte und des angekündigten Regens, der zum Glück nur hier und dort mal herunterkam, zog es viele Besucher auch in das Heidnische Dorf und auf den Mittelaltermarkt der Moritzbastei.
Musikalisch hatte der Tag auch für fast alle etwas zu bieten. Von elektronischen Bands wie X-RX bis hin zu metallastigen Combus wie Crematory war alles vertreten. Wer es ruhiger haben wollte, konnte sich Joachim Witt im Felsenkeller ansehen. Leider war dieser aber schon sehr früh wegen Überfüllung geschlossen.
Als letzte Band des Abends spielten Die Krupps in der vollen Agra-Halle auf. Die Krupps spielten nicht nur länger als eigentlich geplant, sondern zerlegten bei „Bloodsuckers“ zur Überraschung des Publikums auch noch die halbe Bühne.
Wer noch feiern wollte konnte dies natürlich auch heute wieder tun. Die populärste Partylocation war an diesem Abend der Volkspalast mit der Obsession Bizarr. Trotz strenger Einlasskontrollen war die Veranstaltung auch dieses Jahr wieder sehr stark besucht, was zu langen Schlagen am Eingang führte.
Sonntag, der 15.05.2016
Was an Regen nicht während der vorherigen Tage herunterkam, das kam an diesem Pfingstsonntag. Leider immer im Wechsel mit Sonne und kaltem Wind.
Das führte dazu, dass viele tolle Outfits unter Jacken versteckt wurden oder gleich ganz im Koffer blieben. Auch wurde es bei vielen Fan- und Community-Treffen sehr schnell sehr nass, was vielen Besuchern deutlich auf die Laune schlug. Ein weiterer Effekt des Wetters war, dass viele Indoor-Veranstaltungen regen Zulauf fanden. Dies galt durchweg für alle Arten von Indoor-Programm, egal ob Lesungen, Ausstellungen, Oper oder Konzerte.
Musikalisch gab es an diesem Tag einige Überraschungen. Unter anderem spielten Welle:Erdball zu ihrem 23-jährigen Geburtstag im Kohlrabizirkus. Das Konzert der Minimal-Elektroniker wurde recht kurzfristig bekannt gegeben, wurde nur über Facebook kommuniziert und fand keinen Einlass in die offizielle Running Order. Diese Begleitumstände führten dazu, dass die Halle nicht ganz so voll war wie an den Tagen zuvor und viele Fans erst am Folgetag überhaupt von dem Auftritt erfuhren.
Ähnlich erging es wohl der Band Public Image Ltd. oder kurz PIL. Zwar schafften sie es als Mitternachtsspezial noch in den offiziellen Plan, aber auch in der Agra-Halle wurde es nicht richtig voll. Die vorangegangen Bands Lacrimosa und Diary of Dreams zogen da doch deutlich mehr Leute an.
Montag, der 16.05.2016
Auch der Montag startete trüb und mit einigen kurzen Niederschlägen, doch im Laufe des Tages wurde das Wetter immer angenehmer. Die Sonne wurde von vielen genutzt um die Zelte abzubrechen und zu verladen. Bis zum Nachmittag hatten sich schon deutliche Lücken auf den Zeltplatz aufgetan.
Wer nicht packen musste verbrachte konnte seinen Tag nach einer langen Disconacht mit Ausschlafen verbringen. Außerdem luden Lesungen und Führungen zum Besuch ein und beim Shopping in der Agra-Halle konnte man noch versuchen, das eine oder andere Schnäppchen zu machen.
Bei diesem guten Wetter zog es viele auch ins Heidnisches Dorf. Dort gab es Versengold, Eric Fish oder Coppelius für die Ohren und reichlich Met für die Kehlen. Diese Konzerte und auch das Dorf allgemein waren sehr gut besucht, trotzdem kamen über den Tag hinweg anscheinend weniger Gäste ins Heidnische Dorf als noch im vorangegangenen Jahr. Dies mag wohl auch an der Aufstiegsfeier des RB Leipzig gelegen haben. Der freie Platz störte aber ohnehin niemanden und wurde im Gegenteil ausgiebig zum Tanzen genutzt.
Aber auch die Indoor-Locations hatten am Montag einiges zu bieten. Neben Das Ich im Kohlrabizirkus oder Pink Turns Blue im Alten Landratsamt taten sich in der Agra-Halle vor allem Aganoize als Closer hervor. Davor richteten die drei Moderatoren des WGTs noch einige Dankesworte an die Zuschauer. Neben den Bands, den Crews und der Technik dankten sie auch dem Publikum für 25 Jahre Wave Gotik Treffen und für eine tolle Eröffnungparty. Bei dieser hatten nach den nun verkündeten Zahlen durchgehend 8.000 bis 10.000 Gruftis den Freizeitpark in Beschlag genommen.
Wer noch tanzen konnte tat dies nach den Konzerten auf den Partys im Darkflower oder in der Agra 4.2. Währenddessen wurden um die Besucher herum nun auch langsam die Stände und Anlagen des WGT 2016 abgebaut.
So ging auch dieses Jahr wieder ein herrliches WGT zu Ende. Zehntausende WGT-Besucher* und Tagesgäste, ein vielfältiges Bandaufgebot und ein mehr als abwechslungsreiches Rahmenprogramm machten das WGT auch im 25. Jahr wieder unvergesslich.
Abgesehen von den Diebstählen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ist es auch dieses Jahr wieder ruhig geblieben. So werden viele Szenegänger von überall her auch nächstes Jahr wieder dabei sein wenn es heißt: Wave Gotik Teffen an Pfingsten in Leipzig!
Bericht: Sven Bähr, Sven(at)dark-festivals.de
*Nachtrag:
Nach Angaben der Veranstalter zählte das Wave Gotik Treffen 2016 insgesamt 23.000 Besucher. Zur Eröffnungsfeier fanden sich 10.000 Gäste im Belantis ein.
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