Die Modern-Metal-Band All Will Know nimmt derzeit ihr neues Album „Parhelion“ auf. Ort des Geschehens ist wie immer das Kohlekeller Studio in Seeheim-Jugenheim. Genau dort traf ich mich mit Bandgründer und Gitarrist Jan Jansohn, der so manchen interessanten Aspekt zum Album und seiner Entstehungsgeschichte zu erzählen hatte.
Mit von der Partie war Tontechniker Kai Stahlenberg, der auch bereits für die vorherigen Veröffentlichungen von All Will Know mit verantwortlich war. Aufgrund der aktuellen Situation haben wir nicht „nur“ über das neue Album gesprochen. So hat sich auch die Frage gestellt: Wie ist es dem Tonstudio eigentlich in der Corona-Zeit ergangen?
Das und mehr lest ihr in diesem Bericht.
Wie hat Corona das Studio beeinflusst?
Anderthalb Jahre Corona-Pandemie haben natürlich auch im Tonstudio so manches durcheinandergebracht. Wirtschaftlich konnte das Virus dem Studio aber überhaupt nichts anhaben. „Die Auftragslage war stabil und wir konnten die ganze Zeit fulltime weiterarbeiten“, lautet das positive Fazit von Tonexperte Kai.
Organisatorisch mussten die Abläufe im Studio aber durchaus angepasst werden. Vor allem wurde dafür gesorgt, dass Bands nie in ihrer kompletten Besetzung vor Ort waren. So wurden verschiedene Instrumente strikt an verschiedenen Tagen aufgenommen, damit von der jeweiligen Band nicht alle Mitglieder gleichzeitig anwesend sein mussten.
Verschiebungen sind trotzdem nicht ganz ausgeblieben, da manche Bands aus dem Ausland nicht anreisen konnten. Viele andere Produktionen haben das aber mehr als ausgeglichen. Vereinzelt gab es sogar spezielle Corona-Produktionen wie die Corona-EP der Band Hämatom.
Die Regel waren aber solche Musiker, die in der Pandemie endlich mal Zeit für lange liegen gebliebene Projekte hatten. Hier macht sich bemerkbar, dass viele der Künstler, die im Kohlekeller Studio aufnehmen, eben keine Berufsmusiker sind. Die viele ungenutzte Freizeit während der Pandemie kam manchem gar nicht ungelegen.
Als Extrembeispiel berichtete Kai von einem Musiker, der nach zehn Jahren nun doch mal sein Soloalbum fertig gestellt hat. Auch Abmisch-Aufträge von Bands, die sich zu Hause selbst aufnehmen, sind mehr geworden. Insgesamt ist das Kohlekeller Studio also wirklich gut durch die Pandemie gekommen.
Crowdfunding: Die Fans finanzieren das Album
Crowdfunding, also die Vorfinanzierung eines Projekts durch die Fans, ist in der Corona-Zeit ein großes Thema geworden. Kein Wunder, denn Konzertgagen sind durch den Shutdown in der Veranstaltungsbranche praktisch komplett weggefallen. Auch All Will Know, die schon vor Corona mehrere Crowdfunding-Kampagnen durchgeführt hatten, setzten für ihr neues Album wieder auf die Hilfe ihrer Fans.
Und die ließen ordentlich was springen! Das Ziel der Crowdfunding-Kampagne wurde nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen. Im Rahmen des Crowdfundings konnten die Fans dabei das Album vorbestellen, Merchandise kaufen oder auch einfach frei spenden. Sogar die richtig kuriosen Produkte im Crowdfunding-Angebot wurden nachgefragt.
So boten All Will Know für 60,- € einen Quantenphysik-Vortrag mit ihrem Bassisten Tobias an, der Physiklehrer ist. Was wohl eher als amüsanter Farbtupfer in der Crowdfunding-Kampagne gedacht war, haben tatsächlich drei Leute gebucht. „Das haben wir so auch nicht erwartet“, sagt Bandchef Jan.
Wesentlich zum Erfolg beigetragen hat auch die Aventis Foundation. Die unabhängige Förderstiftung unterstützte die Albumproduktion von All Will Know im Rahmen ihres Programms „kulturMut – Crowdfunding für Kultur Rhein-Main“. Auf jede Spende von Fans legte die Stiftung etwas drauf. Für Jan und seine Band war das ein Segen: „Der Ablauf war super unkompliziert und das Ergebnis einfach gigantisch!“
Das Beispiel zeigt auch, dass Metal längst in der Kulturförderung angekommen ist.
„Parhelion“: Das Album und seine Produktion
Was das Album an sich angeht, sind dieses Mal mehr Shouts und weniger Klargesang zu erwarten. Generell soll „Parhelion“ etwas härter werden als das letzte Album, trotzdem aber nicht zu schroff. „All Will Know sind immer sehr melodisch“, sagt Jan dazu. Gitarrenmelodien und Keyboards sollen also bleiben wie gehabt.
Nach eigenem Bekunden hat Jan dieses Mal eine etwas offenere Herangehensweise für die Schaffung des Albums gewählt. In der Vergangenheit habe er meist sehr konkret gewusst, wie das Endergebnis klingen soll. „Parhelion“ lasse dagegen mehr Raum für die Einflüsse seiner Mitmusiker. Die haben dann auch nicht nur ihre eigenen Ideen, sondern mitunter gleich einen spontanen Gastsänger mitgebracht.
Apropos Mitmusiker: Die Besetzung von All Will Know hat sich im Vergleich zum letzten regulären Album „Infinitas“ geändert. Mal wieder. Allen voran ist der frühere Sänger Steve wieder da, der einst das Debütalbum „Contact“ eingesungen hatte und dann mehrere Jahre lang aus der Band raus war.
Die gar nicht seltenen Besetzungswechsel machen Bandchef Jan aber nichts aus. Gerade das Beispiel Steve verdeutlicht, dass er All Will Know „mehr als Kollektiv“ sieht denn als Band. Auch Musiker, die nicht mehr zur festen Besetzung gehören, bleiben All Will Know doch verbunden und bringen sich auf die eine oder andere Art mit ein.
So ist der Mitgründer und Keyboarder Felix Walzer schon längst nicht mehr auf der Bühne zu sehen, bis heute im Hintergrund aber noch aktiv. Auf „Parhelion“ liefert dann auch der jetzt nicht mehr aktuelle Sänger Frank einen kleinen Gastbeitrag. „Viele verschwinden nicht ganz“, fasst Jan den Orbit seiner Band zusammen.
Hörproben gab es bei meinem Besuch im Studio noch nicht, dafür war es im Produktionsprozess einfach noch zu früh. Auch ein Veröffentlichungsdatum des Albums steht noch nicht fest. Eines ist aber sicher: Es wird viel Herzblut drinstecken und viele Menschen haben sich richtig dafür ins Zeug gelegt.
Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de