Coppelius – Abwärts

Die Berliner Band Coppelius spielt Rock auf Instrumenten der Kammermusik. In den letzten Jahren war die Band mit allerlei Projekten beschäftigt, unter anderem mit gleich mehreren Opern. Ihr letztes reguläres Album ist deshalb auch schon eine ganze Weile her.

2019 gab es zwar noch das „Kammerarchiv“ mit Auszügen aus den Opern und Neuaufnahmen ganz alter Stücke. Coppelius‘ letztes „richtiges“ Album ist aber tatsächlich „Hertzmaschine“ von 2015. Nach stolzen acht Jahren hat „Hertzmaschine“ mit „Abwärts“ nun einen Nachfolger bekommen. Mehr darüber erfahrt ihr in dieser Rezension.

„Abwärts“ enthält 13 Lieder mit einer Gesamtspielzeit von 45 Minuten. Die meisten Stücke sind auf Deutsch, einige auf Englisch gehalten. Textlich geht es – typisch für Coppelius – wieder reichlich skurril zu und manchmal sogar morbide. Wenn Sänger und Klarinettist Comte Caspar in „Mein Grab“ lebendig unter der Erde landet, erinnert das zum Beispiel an schaurige Coppelius-Klassiker wie „Operation“ oder „Schöne Augen“.

Vom Sound her geht „Abwärts“ den bekannten Weg im Prinzip weiter. Den Hörer erwartet locker-flockiger Rock mit Cello, Kontrabass und zwei Klarinetten. Das Cello läuft streckenweise munter durch den Gitarrenverstärker, deshalb ist das Klangbild nicht so akustisch wie man vielleicht denken würde. Für Coppelius-Fans ist all das nichts neues.

Trotzdem ist das neue Album der Zylinderträger abwechslungsreich geraten und hat eine besonders hohe musikalische Bandbreite. Dazu tragen auch zwei großartige Metal-Cover bei, doch dazu später mehr. Bleiben wir erst noch kurz bei den Coppelius-eigenen Stücken.

Was diese angeht, so muss ich sagen: Die Schwerpunkte haben sich im Vergleich zu früher doch etwas verschoben. Der Sound an sich hat sich wie gesagt kaum verändert. Doch klingt alles etwas gesitteter, weniger abgedreht als früher. Das Songwriting, wenngleich immer noch melodisch und zugänglich, ist kaum noch auf Ohrwürmer getrimmt.

Melodien und Refrains waren in der Frühphase von Coppelius deutlich griffiger. Auf „Abwärts“ wird dafür das Storytelling weit hoch gehalten. Ich glaube, dass sich hier die Jahre im Opern- beziehungsweise Musical-Geschäft niederschlagen. Vielleicht auch unbewusst. Die Lieder auf „Abwärts“ erzählen in gelungener Weise ihre Geschichten, fast wie kleine Bühnenstücke. Aufs rein Musikalische heruntergebrochen sind aber einfach keine Hits dabei.

Wenn ich einem Coppelius-Neuling die Band zeigen wollte, würde ich alte Lieder wie „To My Creator“ oder „Nachtwache“ anspielen. „Abwärts“ hat – jenseits der Cover – nichts was mit deren Schwung und Eingängigkeit mithalten könnte. Versteht mich nicht falsch: Die Lieder auf dem neuen Album sind nicht schlecht. Es gibt echte Höhepunkte wie das richtig schöne Instrumentalstück „Dark Ice“. Die Schwerpunkte haben sich aber wirklich verschoben und der reine Hit-Faktor ist dabei nicht besonders gut weggekommen.

Doch jetzt endlich zu den beiden Covern, die ich ja schon angedeutet habe. Es sind „Chop Suey“ von System of a Down und „Bloodline“ von Slayer. Beide sind unfassbar gut umgesetzt und klingen im schrägen Coppelius-Gewand einfach fantastisch. „Chop Suey“ ist nicht Coppelius erstes System-of-a-Down-Cover, setzt ihrem Interesse an dieser Band aber die Krone auf.

„Bloodline“ von Slayer ist schließlich ein echter Thrash-Metal-Klassiker. Die Coppelius-Version ist nicht nur super gemacht, sondern auch mit das härteste Stück, das Coppelius jemals veröffentlicht haben. Richtig Metal eben. Gerade dieses Cover verleiht „Abwärts“ eine enorme musikalische Bandbreite. Thrash Metal auf einem Album, das auch Balladen, a cappella und Cembalo auffährt, hat man wirklich nicht alle Tage.

Fazit

„Abwärts“ ist nicht so eingängig wie die Frühwerke der Band, dafür sehr abwechslungsreich und mit zwei grandiosen Covern gesegnet.

Insgesamt ein hörenswertes, wenn auch nicht das beste Album von Coppelius.

Punkte: 7 / 10

 

Rezension: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de