Welle:Erdball in Mannheim, 4.2.2012 – Konzertbericht

Der Radiosprecher kündigt das Schlagerprogramm an. Dann unterbricht er für eine wichtige Meldung: Das Land sieht sich einem feindlichen Raketenangriff ausgesetzt – das Zentrum der Attacke ist Mannheim!

Diesen eigenwilligen Einstieg wählte die Minimal-Electro-Gruppe Welle:Erdball für ihr Konzert am 4. Februar in der Alten Seilerei in Mannheim. Mit im Gepäck hatte die skurrile Truppe nämlich ihr neues Album “Der Kalte Krieg”, das sich mit eben dieser Epoche auseinandersetzt. Eindrücke vom Konzert hält dieser Bericht fest.

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Welle:Erball

Mit “Der Kalte Krieg” haben Welle:Erdball Ende 2011 ein Coveralbum herausgebracht, auf dem sie verschiedenste Lieder aus der Ära des Kalten Krieges in ihrem bekannten Minimal-Electro-Stil umsetzen. Mit diesem neuen Programm bestritten Welle:Erdball auch die erste Hälfte ihres Auftritts in Mannheim. In der zweiten Hälfte ihrer Show gab die Band dann praktisch ein Wunschkonzert.

Beim Eintritt in die Halle erhielt nämlich jeder Konzertbesucher einen Wahlzettel mit einer Liste verschiedener Welle:Erdball-Stücke. Aus diesem Konvolut an Liedern konnte man nun drei Stücke auswählen. Die Zettel wurden dann vor der Bühne in einer Box gesammelt und bestimmten das Programm für den zweiten Konzertteil.

Der erste Programmteil, als “Schlagerteil” angekündigt, begann um 21 Uhr. Nach dem wie oben beschrieben skurrilen Einstand gaben Welle:Erdball also verschiedene Schlager und Stücke der Neuen Deutschen Welle in ihrem Minimal-Electro-Gewand zum Besten. Beim Mannheimer Publikum kam das neue Programm hervorragend an. Ohne Warmwerde-Phase – weder bei der Band noch bei den Fans – nahmen Welle:Erdball die Anwesenden mit ihren Umsetzungen von Stücken so verschiedener Künstler wie Stephan Remmler, Yusuf Islam oder Nicole voll mit.

Das Thema “Kalter Krieg” hatten Welle:Erdball auch optisch in ihre Show mit eingebaut. So trug Plastique eine UdSSR-Fahne als Kleid während Frl. Venus in Stars and Stripes gehüllt war. Insgesamt dauerte der Schlagerteil 45 Minuten. Hiernach legten Welle:Erdball eine kurze Pause ein, um aus den Ergebnissen der Publikumswahl ihre Setliste für den zweiten Programmteil zusammen zu stellen.

Diese Art der Programmwahl ist umso bemerkenswerter, da Welle:Erdball mit einem Ersatzmann auftreten mussten. Ihr Elektroniker A.L.F. konnte wegen eines Rückenleidens nämlich nicht am Konzert teilnehmen. Sein Platz auf der Bühne wurde sehr souverän vom Pyrotechniker Andi eingenommen.

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Fotos: Sven Bähr

Gegen 22 Uhr ging es mit dem Wahlprogramm weiter. Herausgekommen war ein abwechslungsreiches Set mit Liedern verschiedenster Alben. Zu Stücken wie “Arbeit adelt”, “VW Käfer”, “Hoch die Fahnen” oder dem “Mensch aus Glas” bebte der ganze Saal. “Langsam machen Sie mir Angst!”, scherzte Honey im Angesicht der Euphorie vor der Bühne.

Da tat es der Begeisterung des Publikums auch keinen Abbruch, dass bei dem spontan entstandenen Programm nicht alles glatt ging. So bekam Plastique zum Beispiel den Text des französischen “Poupée de cire, poupée de son” (in der Version von France Gall Sieger des Grand Prix Eurovision de la Chanson 1965) nicht recht zusammen. Die Fans feierten trotzdem mit und wussten zu würdigen, wie viele Lieder Welle:Erdball für die Publikumswahl in ihrem Repertoire vorrätig gehalten hatten.

So feierte die Menge zu einer sehenswerten Show, bei der von Papierfliegern über Wunderkerzen bis zu einem ganzen C64 alles mögliche im Publikum landete – und bei der in der Alten Seilerei kein Fuß ruhig stehen blieb. Gegen Ende des Konzerts ließen Welle:Erdball ihre Fans mit “Monoton & minimal” noch einmal zur Höchstform auflaufen, das mit annähernd 60 Prozent der Stimmen deutlich auf Platz 1 der Publikumswahl gelandet war.

Um 23:20 Uhr verabschiedeten sich Welle:Erdball dann nach ihrem mehr als gelungenen Konzert von einer begeisterten Fanschar.

 

Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de

 

Hinweis: Die Fotogalerie zu diesem Konzert ist aufgrund technischer Umbaumaßnahmen im Jahr 2013 nicht mehr online.