Alle Jahre wieder findet Ende August in Wörrstadt (Landkreis Alzey-Worms) das Neuborn Open Air Festival statt. Dieses Jahr war es am 25. und 26. August soweit und Musikfreunde von nah und fern trafen sich auf dem bewährten Festivalgelände in der Nähe des Neubornbades.
Geboten wurden neben einer familiären Festivalatmosphäre insgesamt 15 Bands aus verschiedenen Rock- und Metal-Genres. Zu kämpfen hatte das 13. Neuborn Open Air Festival (kurz Noaf) mit dem Wetter und kurzfristigen Absagen, doch beginnen wir von vorne…
Tag 1 – Freitag, der 25.08.2017
Sonnenschein und satt über 25 Grad: Zur Eröffnung des diesjährigen Neuborn Open Air Festivals herrschte bestes Sommerwetter. Entsprechend gut gelaunt begrüßte der Ansager um 15 Uhr die angereisten Besucher. Der Sommer sei zwar fast vorüber, das Beste (also das Noaf) käme aber bekanntlich sowieso zum Schluss!
Derart motiviert wurde die Bühne dann auch gleich an Igel vs. Shark übergeben, die das Festival in diesem Jahr eröffneten. Die schwungvolle Rock-Band aus Wien legte einen gelungenen Auftritt hin und kam durchgehend gut an. Für eine Eröffnungs-Band lockte das Trio auch bereits recht viele Besucher vor die Bühne – alles andere als selbstverständlich!
Ohne langes Gerede da einige Minuten hinter dem Zeitplan ging es mit Dust Bolt weiter. Die Thrash-Metal-Band gab Vollgas und animierte die Zuschauern zum Mitmachen. Vor der Bühne war es gut gefüllt, die Anwesenden liefen wild durcheinander und ließen die Haarschöpfe kreisen. Es fanden sogar bereits einzelne Crowdsurfer den Weg über die Menge – und das bei der zweiten Band!
Bei immer noch bestem Festivalwetter schlug um 17:10 Uhr die Stunde von Nasty. Die Band bot das volle Hardcore-Brett. Auf dem Noaf waren neben den Rock- und Metal-Bands immer auch schon Künstler aus dem Core-Bereich zu Gast – Nasty waren aber die härtesten Vertreter dieses Genres, die das Festival in den letzten Jahren bespielt haben.
So sprachen Nasty dann auch nicht jeden an und zogen weniger Menschen vor die Bühne als Dust Bolt. Ihre Fans gingen dafür aber richtig ab und nutzten den Platz zum Tanzen. Die Band aus Belgien legte eine kräftige Show hin und ihre Fans gaben durchgehend Gas.
In der nun folgenden Umbaupause wurde der Himmel dunkel und Blitze kündigten ein Gewitter an. Das Wetterglück schien das Noaf zu verlassen. Pünktlich zum Auftritt von Bullet um 18:15 Uhr war der Himmel tiefschwarz und es begann zu regnen. Noch während des Intros von Bullet trat der Moderator des Festivals auf die Bühne und verkündete den Abbruch des Konzerts.
Kaum hatte er fertig gesprochen, ging es auch schon richtig los. Der Himmel öffnete sich und schlagartig goss es wie aus Eimern. Die Fans brachten sich vor dem anhaltenden Starkregen in Sicherheit und begaben sich in den überdachten Restaurationsbereich. Trotz der Unterbrechung des Musikprogramms blieben die Festivalbesucher gelassen. So hielten sich die Fans mit Singen bei Laune und bejubelten die lauten Donnerschläge.
Nur einzelne Unerschrockene hielten trotz Blitzen, Donner und Starkregen vor der Bühne aus und wollten ihre Plätze nicht aufgeben. Um 19 Uhr tröpfelte es dann nur noch und Mitglieder der Noaf-Crew begannen die Bühne trocken zu legen. Gegen 19:20 Uhr, also mit gut einer Stunde Verspätung, ging es dann weiter und Bullet konnten ihr Konzert spielen.
Die gesamte restliche Running Order des Festivaltags war natürlich Makulatur und so musste bei jeder der noch auftretenden Bands die Spielzeit gekürzt werden. Im Fall von Bullet hieß das, dass statt zehn nur noch sieben Lieder auf dem Plan standen. Der Laune ihrer Fans tat das keinen Abbruch, denn nach der Zwangspause hatten die nun erst richtig Lust.
Zwar regnete es wieder etwas, Bullet rissen die Menge mit ihrem klassischen Heavy Metal aber regelrecht mit. Um 19:40 Uhr hörte dann auch der Regen auf und die Stimmung war famos. Um 20 Uhr verabschiedeten sich Bullet dann unter dem lauten Jubel ihrer Fans.
25 Minuten später legten dann Crowbar los. Vor der Bühne war es richtig voll und die Fans der US-amerikanischen Metal-Band gingen von Anfang an voll mit. Während der druckvollen Show wagten auch wieder einige Crowdsurfer den Ritt über die Köpfe der Menge. Vom Unwetter war unterdessen nichts mehr zu sehen, den gesamten Auftritt von Crowbar über blieb es trocken.
Ein regelrechtes Kontrastprogramm gab es ab 21:30 Uhr mit den Isländern von Sólstafir, die dieses Jahr wohl die Exoten im Lineup waren. Viel zu sehen war von der anspruchsvollen und eher ruhigen Rock-Band aber nicht. Bühnenbeleuchtung war kaum vorhanden und wenn doch, dann meistens in dunkelblau. Vor der Bühne war es jedoch voll und die Fans erfreuten sich an einer besonderen Konzertatmosphäre.
Gerade Klassiker wie „Fjara“ wurden wirklich ergreifend dargeboten. Neben den typischen Liedern auf Isländisch spielten Sólstafir auch zwei Stücke auf Englisch, von denen sie eines allen Menschen mit psychischen Erkrankungen widmeten. Der einstündige Auftritt der Band endete in einem schwungvollen instrumentalen Finale unter dem tosenden Applaus der Fans. Das eine oder andere populäre Stück war zwar ausgeblieben, doch auch bei Sólstafir war die Spielzeit nun einmal gekürzt worden.
Tages-Headliner waren an diesem Freitag Soilwork. In der Umbaupause hatte es erneut kurz geregnet, bei Konzertbeginn um 23:15 Uhr hörte der Regen aber wieder auf. Die schwedische Metal-Band brauchte gar keine Aufwärmphase, die Fans waren sofort aus dem Häuschen. Schon beim ersten Lied machten sich Crowdsurfer auf den Weg nach vorne.
Die Stimmung war bestens und mit viel Energie ging es Richtung Mitternacht. Die Schweden hielten ihre Zuschauer durchgehend bei der Stange und verschafften dem ersten Festivaltag einen gelungenen Abschluss.
Tag 2 – Samstag, der 26.08.2017
Der Samstag bot eine Band mehr auf als der Freitag, das Programm startete dementsprechend auch etwas früher. Den Anfang machten um 13:45 Uhr Far From Ready. Wieder waren es über 25 Grad und die Sonne schien prall auf die Bühne. Der Rock-Band rann daher schon zu Beginn ihres Auftritts der Schweiß von der Stirn. Zwar zogen Far From Ready weniger Publikum an als die erste Band des Vortags, bei den Anwesenden kam die Gruppe aber durchaus an.
Animal Bizarre begannen kurz nach ihrer geplanten Zeit und mussten aufgrund eines Ausfalls an der Gitarre ihr erstes Lied neu starten. Trotz kleinerer Hindernisse („Die Sonne verstimmt unsere Gitarren!“) lief es dann aber rund. Das Trio aus Wiesbaden kam mit funkigen Rock-Stücken samt langen Instrumentalpassagen sowie einzelnen ruhigeren Nummern gut an.
Um 15:40 Uhr ging es mit I’ll Be Damned weiter. Die fünf Musiker spielten ebenfalls Rock, im Vergleich zur vorherigen Band aber in einer druckvolleren Variante. Der immer noch pralle Sonnenschein hatte seinen Anteil daran, dass die Reihen vor der Bühne eher licht waren. Der schattige weil überdachte Sitzbereich war dagegen gut gefüllt. Spaß machten I’ll Be Damned den Anwesenden trotzdem.
Mittlerweile war es fast schon drückend heiß geworden. In der nun folgenden Umbaupause sorgten Mitglieder der Noaf-Crew daher aus dem Bühnengraben heraus mit einem Wasserschlauch für Abkühlung. Viele Festivalbesucher nahmen diese Gelegenheit gerne wahr.
Ab 16:45 Uhr gab es dann feinsten Schlaghosen- und Schnurrbart-Rock von Horisont. Während der ersten Lieder sorgte erneut der Wasserschlauch für Abkühlung. Horisont lieferten eine gute Show im Retro-Stil. Zwischendurch wurde auch mal ein Lied von ihrem Bassisten gesungen. Die Mehrheit der Zuschauer verfolgte die Darbietung dennoch im Sitzen, alle schattigen Plätze waren nach wie vor besetzt.
Dass mit Horisont an diesem Tag nun die vierte Rock-Band in Folge spielte, sollte später einer der wenigen Kritikpunkte werden. Das Noaf bildet seit jeder verschiedene Metal- und Rock-Genres ab. Verschiedentlich wurde geäußert, dass die Mischung der Band schon mal besser gewesen sei als an diesem Tag.
Wie dem auch sei, auf die vier Rock-Bands folgte mit der Metalcore-Band Nior jedenfalls das komplette Kontrastprogramm. Eigentlich hätte nun die schwedische Metalcore-Band Adept spielen sollten, diese hatte jedoch zwei Tage vorher abgesagt. Als Ersatz war die Hardcore-Truppe Broken Teeth! angekündigt worden, doch die hatten am Vortag (!) ebenfalls abgesagt.
Schon Broken Teeth! hätten längst nicht den Status von Adept gehabt. Mit Nior sprang nun aber eine kleine Newcomer-Band ein, die den aller wenigsten Zuschauern vorher ein Begriff gewesen sein dürfte. Die Festivalbesucher reagierten aber absolut verständnisvoll. Dass die Organisatoren des Noaf innerhalb von kaum 24 Stunden überhaupt eine Ersatz-Band auftreiben konnten, ist aller Ehre wert! Daher waren in diese Richtung auch keine Klagen zu hören. Die spontane Zusage von Nior verdient ebenfalls Beachtung.
Und siehe da: Die augenscheinlich sehr junge Band machte ihre Sache gut und erntete positive Reaktionen. Nach den vier Rock-Bands war der Publikumsandrang zur ersten harten Band des Tages hoch. Nior gingen mit viel Elan ans Werk. Zu ihren kurzen, druckvollen und mit vielen Samples versehenen Liedern blieben die ersten Reihen durchgehend in Bewegung.
Die Band zeigte sich dankbar für das große Publikum und animierte die Menge zum Mitmachen. Nach 35 Minuten sollte ihr Konzert zu Ende gehen, da Nior für eine längere Show schlicht und einfach noch nicht genug Lieder hatten. Das Publikum rief jedoch nach einer Zugabe. Der Sänger zeigte sich hiervon sichtlich gerührt und als Zugabe spielte die Gruppe „Nightwalker“ dann einfach ein zweites Mal.
Ab 19:25 Uhr kamen Freunde von derbem Thrash Metal auf ihre Kosten, dann nämlich waren Havok an der Reihe. Vor der Bühne war es jetzt richtig voll und von Anfang an war viel Bewegung zu sehen. Schon in den ersten Minuten des Konzerts tat sich ein Pit auf und unter den wachen Augen der Security ging es rund.
Die US-amerikanische Band hielt ihre Fans durchgehend auf Trab. Das Publikum zeigte keine Ermüdungserscheinungen und machte die ganze Zeit über freudig mit. Dementsprechend groß war der Beifall für Havok, als diese sich nach knapp einer Stunde Spielzeit von ihren Fans verabschiedeten.
Voll war es auch bei Ignite, doch in der Mitte ließen die Fans gleich Platz zum Tanzen. Die ebenfalls US-amerikanische Melodic-Hardcore-Band trat mit „Fear Is Our Tradition“vor die Menge und sorgte gleich für Stimmung. Zu „Let It Burn“ wurde die gesamte Bühne in rotes Licht getaucht und die Fans sangen fleißig mit.
„Poverty For All“, so erklärte Sänger Zoltán, habe er eigentlich einmal über den Kommunismus geschrieben. Nun nutze er das Lied für ein Statement gegen den amtierenden US-Präsidenten Trump. Obwohl Ignite also durchaus auch ernste Themen anschnitten, machte das Konzert vor allem aber einfach Spaß. Das fanden auch die Fans und gingen voll und ganz mit.
Ein Höhepunkt war auch „Slowdown“. Zu dem Lied, das der Sänger seiner Großmutter widmete, wurde das Publikum voll ausgeleuchtet und der Bassist nahm ein Bad in der Menge. Neben Klassikern wurden aber auch neuere Stücke wie „Nothing Can Stop Me“ ausgiebig gefeiert – Circle Pit inklusive. Das uneingeschränkt gelungene Konzert von Ignite endete schließlich gegen 21:55 Uhr und zu „TNT“ von AC/DC verließ die Band die Bühne.
Um 22:45 Uhr war es dann auch schon Zeit für den Headliner. Paradise Lost begannen ihre Show mit „No Hope In Sight“. Der Publikumsandrang war groß und die Fans der britischen Doom-/Death-Metal-Band sangen fleißig mit. Etwas ruhiger ging es bei „One Second“ zu, bei dem die Zuschauer ihre Feuerzeuge zückten.
Die Reihen waren im Vergleich zu Ignite keinesfalls ausgedünnt, auch die ruhigeren Paradise Lost wussten ihre Fans zu überzeugen. Mit Stücken wie „Isolate“ oder „As I Die“ mussten die Briten nicht lange bitten. Ihre Fans standen dicht an dicht und jubelten nach jedem Lied begeistert. Immer wieder stellten die Anhänger der Band auch ihre Textsicherheit unter Beweis.
Insgesamt legten Paradise Lost einen wirklich guten Auftritt hin, der das Neuborn Open Air Festival 2017 zu einem würdigen Abschluss führte.
Auch in diesem Jahr war das Noaf wieder eine mehr als lohnende Veranstaltung. Hängen bleiben dabei nicht nur die Konzerte selbst. Man denkt auch zurück an die Fans, die gegen das Unwetter ansangen, an die Crew, die innerhalb von weniger als 24 Stunden eine Ersatz-Band organisierte, an die Festivalbesucher, die auch kleine Bands hochleben ließen. All das macht das Noaf zu einem besonderen, familiären Festival, das im jährlichen Festivalkalender vieler Besucher mit Sicherheit einen Ehrenplatz einnimmt.
Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de