In Wörrstadt nicht weit von Mainz entfernt fand am 28. und 29. August 2015 das diesjährige Neuborn Open Air Festival statt. Das Festival, kurz auch Noaf genannt, ging nun schon zum elften Mal über die Bühne.
Recht ungewöhnlich ist die Mischung des Festivals, die auch in diesem Jahr beibehalten wurde: Sehr klassische Bands beispielsweise aus den Bereichen Thrash- oder Power Metal treffen auf moderne Vertreter des Metalcore.
Einen Rückblick auf die Veranstaltung und die 14 daran teilnehmenden Bands enthält dieser Festivalbericht.
Tag 1 – Freitag, der 28.08.2015
Das Festivalgelände fanden die Besucher in diesem Jahr praktisch so vor wie sie es 2014 verlassen hatten. Von der Bühne über den Eingangsbereich bis hin zu den Verkaufsständen war alles am angestammten Platz anzutreffen. Auch der beliebte Karlsberg-Stand mit seinem nicht ganz ernst zu nehmenden Automat war wieder dabei. Der einzige Kritikpunkt am Festivalgelände war auch dieses Mal, dass es statt Toilettenwagen nur eine Dixi-Brigade gab. Die aber war immerhin auch auf Rollstuhlfahrer eingerichtet.
Ansonsten gab es am Festivalgelände nichts auszusetzen. Gut aufgenommen wurde auch dieses Mal wieder der mit einem großen Zeltdach versehene Gastronomiebereich, der wahlweise vor Sonne oder Regen schützte und zahlreiche Sitzgelegenheiten bot.
Nur das Wetter schien es anfangs nicht besonders gut mit den Festivalbesuchern zu meinen. Den Vormittag über hatte es geregnet und auch beim Einlass auf das Festivalgelände regnete es weiter. Der Boden war damit schon vor Eintreffen der ersten Besucher aufgeweicht, festes Schuhwerk war sehr zu empfehlen.
Pünktlich zu Beginn des Musikprogramms hörte es dann jedoch auf zu regnen. Auch den Rest des Tages über blieb es dann bedeckt, aber trocken. Außholtz konnten als erste Band des Tages dann also ohne eine Dusche in ihr Konzert starten. Die Band, die gegen 15 Uhr auf der Bühne stand, bot modernen Metal mit vielseitigem Gesang. Neben Klargesang und einigen Growls waren dabei auch Einlagen von Sprechgesang vertreten.
Vor der Bühne standen zu diesem Zeitpunkt noch keine Menschenmassen, bei den Anwesenden kamen Außholtz aber gut an. Eingefleischte Fans riefen bei Ende der halbstündigen Show sogar (erfolglos) nach einer Zugabe. In der nun folgenden Umbaupause animierte ein Ansager aus dem Veranstalter-Team wie noch bei vielen folgenden Gelegenheiten das Publikum.
Um 15:50 Uhr ging es dann mit ’77 aus Spanien weiter. Die Band bot sehr klassischen Heavy Rock inklusive Schlaghosen. Der stilistische Spagat des Neuborn Open Air Festivals zeigte sich also schon zu diesem frühen Zeitpunkt: Eben noch modernen Metal mit Sprechgesang, jetzt schon einen Sound, der klassischer kaum sein könnte.
Die Spanier waren auf der Bühne ständig in Bewegung und nahmen die Zuschauer gut mit. Vor der Bühne wurde es jetzt voller, die Publikumsreaktionen waren gut. Hervorzuheben waren auch die sauberen Gitarrensoli, mit denen ’77 Anklang fanden. Um 16:35 Uhr verabschiedete sich die Band unter gebührendem Applaus und einzelnen Zugabe-Rufen.
Dass nun eine sehr trendige Band folgen sollte, konnte man an den vorderen Publikumsreihen ablesen. Dort fanden sich nun nämlich vor allem jüngere Menschen ein. So standen gegen 17 Uhr dann auch To The Rats And Wolves auf der Bühne. Die moderne Metalcore-Band mit sowohl Klar- als auch Gutturalgesang gab sofort Vollgas und die Zuschauer gingen vollends mit.
Dass einer der beiden Sänger ein Ersatzmann war, tat weder dem Elan der Band noch dem des Publikums einen Abbruch. Die Fans sprangen und feierten ab dem ersten Lied mit, eine Aufwärmphase schien niemand zu brauchen. War das hier wirklich erst die dritte Band? Man mochte es kaum glauben, denn von der Stimmung her gehörten To The Rats And Wolves definitiv zu den Großen.
Die nun größer gewordene Menge vor der Bühne tanzte und sprang wild durcheinander. Spätestens nach „Anywhere for you“ war von der ehemaligen Wiese vor der Bühne nichts mehr übrig. Sehr gut kam auch ein kurzes Cover von Deichkinds „Remmidemmi“ an. Nach einer Zugabe räumten To The Rats And Wolves gegen 17:40 Uhr das Feld und hinterließen begeisterte Fans.
Was nun folgte mutete fast schon wie ein Kontrastprogramm an, denn mit Hamferd war ab 18:05 Uhr eine Doom-Metal-Band an der Reihe. Geboten wurde also ein ruhiger, düsterer Sound, der sowohl Klar- als auch Growl-Gesang in sich vereinte. Die Band war dabei einheitlich mit schwarzem Anzug und Krawatte bekleidet und hob sich so auch optisch von den anderen Künstlern ab.
Der Andrang vor der Bühne war bei Hamferd etwas geringer als zuvor, die Fans vor der Bühne waren aber voll von der Band eingenommen. Die Gruppe, die von den Färöer-Inseln stammt, verabschiedeten sich um 19 Uhr. Die Fans spendeten ordentlich Applaus, Zugabe-Rufe blieben dieses Mal aus.
Deutlich brachialer ging es gegen 19:30 Uhr mit Ektomorf weiter. Die Thrash-Metal-Band aus Ungarn trat mit „You Can’t Control Me“ vor das Publikum und die Fans drehten sofort durch. Vor der Bühne war es nun voll und die Stimmung am Siedepunkt. Es dauerte keine fünf Minuten bis die Security den ersten Crowdsurfer des Tages aufzufangen hatte.
Eine ganze Reihe weiterer mutiger Fans folgte und fand den Weg über die Köpfe der Menge nach vorne in den Bühnengraben. Der druckvolle Auftritt von Ektomorf nahm mit Liedern wie „Souls of Fire“ oder „Black Flag“ seinen Lauf und die Fans gaben alles. Es bildeten sich Circle Pits, mitunter war auch mal eine Wall of Death zu sehen. Das Publikum war voller Energie und tobte sich richtig aus.
Gegen 20:30 Uhr gingen Ektomorf nach ihrem vollends gelungenen Auftritt von der Bühne. In der folgenden Umbaupause brach langsam die Nacht herein, die von einem hellen Vollmond begleitet wurde. Erwartungsgemäß stieg nun der Altersdurchschnitt in den ersten Reihen, denn mit Primal Fear war als nächstes eine klassische Power-Metal-Band an der Reihe.
Die Gruppe begann um 21 Uhr mit „Final Embrace“ ihr Konzert. Vor der Bühne war es voll und die Menge ging gut mit. Zu Liedern wie „Nuclear Fire“ oder „Seven Seals“ machten die Fans Stimmung. Primal Fear legten eine gute Show hin und ließen bei ihren Anhängern keine Wünsche offen. Bei ihrem vorgeblichen Abschied um 22 Uhr brandeten dann auch sofort Zugabe-Rufe auf.
Die Band blieb folglich auf der Bühne. Zunächst stellte Sänger Ralf dann die einzelnen Bandmitglieder vor, danach folgte „Metal Is Forever“. Die Fans von Primal Fear hatten aber immer noch nicht genug. Nach weiteren Zugabe-Rufen folgte dann tatsächlich noch „Battalions Of Hate“. Gegen 22:15 Uhr verabschiedeten sich die Power-Metaller dann in den wohl verdienten Feierabend.
Tages-Headliner Candlemass ließen den Abend dann ab 22:45 Uhr ruhig ausklingen. Die schwedische Doom-Metal-Band steht für düstere, langsame Lieder von teils beträchtlicher Länge. So kamen nun vor allem die Freunde der atmosphärischen, etwas gediegeneren Klänge auf ihre Kosten.
Die Fans verfolgten den Auftritt gebannt und jubelten Candlemass nach Liedern wie „Bewitched“ oder „A Cry From The Crypt“ begeistert zu. Auf dem Spielplan standen unter anderem auch noch „Under The Oak“, „Dark Reflections“ und „Sorcerers Pledge“. Wer nach dem Auftritt der Schweden noch nicht genug hatte fand Anschluss bei der Aftershow-Party auf dem Festivalgelände.
Tag 2 – Samstag, der 29.08.2015
Der zweite Tag startete bei perfektem Festivalwetter. Regen war nicht in Sicht, statt einer aufgeweichten Wiese gab es nun Sonnenschein, strahlend blauen Himmel und Temperaturen deutlich über 25 °C. Wo am Vortag zum Teil noch Gummistiefel zu sehen waren bestimmten nun kurze Hosen das Bild.
Vor der ersten Band gab es erneut eine der zahlreichen Ansagen an das Publikum. Der Ansager hatte sich dieses Mal mit einem Affenkostüm vom Karlsberg-Stand ausgerüstet. Um 15 Uhr gehörte die Bühne dann Rogue Result. Das Trio irgendwo zwischen Classic- und Stoner Rock fand bei den Anwesenden schnell Anklang.
Zwar waren die Besucherreichen noch etwas licht, die Stimmung war aber gut. Vor allem einige treue Fans in der ersten Reihe gingen voll mit. Aber auch jene, die Rogue Result vorher noch nicht kannten, nahmen das Konzert gut an. Die Publikumsreaktionen waren für eine Opener-Band überdurchschnittlich, das Trio konnte wirklich zufrieden sein.
Bis zum Auftritt von Accuser um 15:50 Uhr war es nun richtig heiß geworden. Der Band standen von Anfang an Schweißperlen auf der Stirn, trotzdem lieferte sie ihren Oldschool Thrash Metal voller Nachdruck ab. Die Fans hatten Spaß, waren aber angesichts der prallen Sonne recht bewegungsfaul. Viele verfolgten das Konzert vom Gastronomiezelt oder anderen schattigen Plätzchen aus.
Obwohl sich also nicht so verausgabt wurde wie bei Ektomorf am Vortag, kamen Accuser durchaus gut an. Am Ende ihres Auftritts riefen treue Fans sogar nach einer Zugabe, die war mit Verweis auf den Zeitplan aber nicht möglich.
Dank Zodiac schlug ab 16:55 Uhr wieder die Stunde der Classic-Rock-Fans. Auch hier waren Band und Fans schon nach wenigen Minuten nass geschwitzt. Es war weiterhin heiß, das hielt die Zuschauer aber nicht davon ab vor der Bühne zu stehen. Zodiac, die zu den ruhigeren Bands des Festivals zählten, lieferten einen guten Auftritt ab. Beifall gab es nicht nur nach Ende der Stücke sondern auch bei ausgedehnten Solopassagen inmitten der Lieder.
Nach „Diamond Shoes“ und „Coming Home“ verabschiedeten sich Zodiac von ihren Fans und erhielten reichlich Applaus. Auf Zodiac folgte mit Majesty ab 18:55 Uhr eine ebenso klassisch ausgerichtete Band, jedoch nicht im Rock-Genre sondern im traditionellen Heavy Metal.
Majesty legten mit „Hawks Will Fly“ los und ihr Konzert nahm sofort Fahrt auf. Nebelsäulen dampften die Bühne ein, die Fans sangen fleißig mit und die Stimmung war gut. Schon im zweiten Lied „Fields Of War“ fiel dann aber mehrmals das Mikrofon von Sänger Tarek aus.
Das Konzert wurde daraufhin unterbrochen und Pausenmusik eingespielt während die Technik-Crew den Fehler suchte. Fünf Minuten später sollte die Show dann mit „Time For Revolution“ weitergehen. Bereits in der ersten Strophe war aber schon wieder der Gesang weg und das Lied wurde abgebrochen. „Da hier einige unfähig sind, können wir es nicht machen – sorry“, kommentierte der genervte Majesty-Frontmann.
Einige Minuten später wagte die Band mit „Into The Stadiums“ einen neuen Anlauf. Nach einer kurzen Schrecksekunde – die ersten Worte des Sängers hörte man wieder nicht – war dann alles wieder in Ordnung. Großer Jubel brandete nach dem Stück auf – wohl halb für die Band und halb aus Erleichterung, dass die Technik nun durchhielt.
Das tat sie dann auch weiterhin und der Rest des Konzertes ging ohne Zwischenfälle über die Bühne. Um 19:10 Uhr verließen Majesty die Bühne und wenig später schien das Publikum in den ersten Reihen wie ausgewechselt. Das lag an We Butter The Bread With Butter, denn die Metalcore- beziehungsweise Deathcore-Band hatte als solche die mit Abstand jüngsten Fans des zweiten Festivaltages.
Standen kurz zuvor noch grau melierte Herren in der ersten Reihe, konnte man dort nun junge Menschen zum Teil bis hinunter in das Zahnspangen-Alter sehen (keinesfalls abwertend gemeint!). Doch nicht nur die vorderen Reihen drehten durch als We Butter The Bread With Butter um 19:45 Uhr vor die Menge traten. Das Publikum tobte und bald bahnten sich auch die ersten Crowdsurfer des Tages ihren Weg.
Jene Festivalbesucher, die eher für die Power-Metal-Bands gekommen waren, fühlten sich jetzt natürlich weniger angesprochen. Genau diese Mischung aus bewährt und neu macht aber das Noaf aus und wird in Wörrstadt seit jeher gut angenommen. Das Konzert von We Butter The Bread With Butter nahm schwungvoll seinen Lauf.
Die Bitte von Sänger Paul „um maximalen Körpereinsatz“ schien fast überflüssig, denn im Publikum gab es ohnehin kein Halten mehr. Zu Liedern wie „Hänschen klein“ oder „Ich mach was mit Medien“ ging es permanent rund. Genau wie schon To The Rats And Wolves am Vortag spielten We Butter The Bread With Butter außerdem ein Cover von Deichkinds „Remmidemmi“. Dieses Lied zu covern scheint im Metalcore-Bereich gerade schwer angesagt zu sein, kam aber auch hier wieder gut an.
Um 20:40 Uhr kamen We Butter The Bread With Butter zum Ende ihrer Show. Der Applaus war enorm, Zugabe-Rufe blieben ohne Erfolg. Als vorletzte Band des Abends stand ab 21:15 Uhr dann die Melodic/Progressive-Metal-Band Threshold auf der Bühne. Bei dem Genre der Band verwunderte es doch sehr als ihr Sänger Damian nach dem zweiten Lied zu einer Wall of Death aufrief.
Das tat er aber nur zum Schein. Kaum hatte sich die Gasse im Publikum gebildet, stellte sich der Sänger mitten hinein und eine Ballade wurde angestimmt. Eine Wall of Death gab es also nicht wirklich, Wall of Love trifft es wohl besser. Die Show nahm mit Liedern wie „The Box“ oder „Rubicon“ ihren Lauf und die Fans der melodischen Metal-Klänge kamen auf ihre Kosten.
Beim Abschied von Threshold gegen 22:30 Uhr war es noch immer angenehm warm. Die letzte Umbaupause nutzte nun der Ansager des Festivals für eine letzte Animation des Publikums. Ausgerüstet mit einem Tretroller und bekleidet nur mit einem knappen Höschen war ihm der Applaus der Menge gewiss.
Ab 23 Uhr gaben dann Napalm Death Vollgas. Der Platz vor der Bühne war gut gefüllt als die britischen Death-Metal-Urgesteine mit ihrer Show begannen. Das Publikum gab noch einmal alles, doch auch die Band blieb kaum auf einer Stelle stehen. Vor allem ihr Sänger Barney sprang wie wild umher. Nach einigen Liedern begrüßte er die Fans auf Deutsch und zwischendurch gab es immer wieder auch Ansagen zu den einzelnen Songs.
Napalm Death waren gut aufgelegt und lieferten einen Auftritt hart wie ein Brett. Das Publikum nahm die Gelegenheit, sich zum Abschluss des Festivals ein letztes Mal richtig zu verausgaben, gerne wahr. Die Zuschauer tanzten, headbangten und gaben alles. Nachdem Napalm Death im Vorjahr ihre Teilnahme am Noaf kurzfristig absagen mussten, holten sie nun alles aus ihren Fans heraus und verschafften dem diesjährigen Festival einen wirklich gelungenen Abschluss.
Insgesamt hat sich das Neuborn Open Air Festival in diesem Jahr ebenso gelohnt wie im Vorjahr. Das Konzept, das ein gutes Lineup, eine Mischung sehr unterschiedlicher Metal-Spielarten und eine immer noch familiäre Festivalatmosphäre in sich vereint, ist erneut aufgegangen. Fazit: Neuborn Open Air Festival – gerne wieder!
Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de
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